Ägypten: Opposition ruft zum «Protest der Millionen»

Husni Mubarak

Kairo – Die Warnung von Vizepräsident Omar Suleiman, die Demonstrationen in Ägypten nicht mehr lange zu dulden, hat die Lage am 16. Tag der Protestbewegung gegen den ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak erheblich verschärft.

Ein Bündnis von fünf Oppositionsgruppen rief am Mittwoch für Freitag erneut zu einem «Protest der Millionen» auf, der erstmals nicht nur auf dem Kairoer Tahrir-Platz, sondern auch an anderen Orten der Hauptstadt stattfinden soll. Oppositionssprecher Abdul-Rahman Samir sagte, Suleimans Äusserungen vom Dienstagabend seien eine Drohung mit der Verhängung des Kriegsrechts gewesen. Suleiman hatte am Dienstagabend bei einem Treffen mit Chefredaktoren mehrerer Zeitungen erklärt, dass die Krise sobald wie möglich ein Ende finden müsse. Einen Rücktritt Mubaraks und ein Ende des Regimes schloss er aus.

Suleiman: Putsch als Alternative zu Dialog
Die Regierung wolle die Forderungen der Demonstranten nach demokratischen Reformen über einen Dialog lösen und nicht die Polizei gegen «die ägyptische Gesellschaft» einsetzen. Die Alternative zu einem Dialog sei ein Putsch, und das würde hektische Entscheidungen und viel Unvernunft bedeuten, erklärte Suleiman weiter, der bis zu seiner Ernennung zum Vizepräsidenten am 29. Januar der Leiter des ägyptischen Geheimdienstes war. Ein Putsch könnte laut Suleiman «vom Regime selbst, oder vom Militär» kommen. Oder erfolgen, wenn das System nicht mehr funktioniere. «Eine Kraft, ob es die Polizei oder der Geheimdienst oder die (Muslim-) Bruderschaft ist, könnte ein ‹kreatives Chaos› anrichten, um das Regime zu beenden und die Macht zu übernehmen.»

Opposition hält an Mubarak-Rücktritt fest
Suleiman machte deutlich, dass Reformen gegebenenfalls auch ohne Beteiligung der Opposition eingeleitet würden. Ein Gremium aus Richtern und Rechtsexperten werde bis Ende des Monats Empfehlungen für eine Verfassungsreform vorlegen, über die dann per Volksabstimmung entschieden werden solle, kündigte er an. Das Gremium ist überwiegend mit Mubarak-Getreuen besetzt. Ein Sprecher der die Proteste auf dem Tahrir-Platz tragenden Jugendorganisationen, Chaled Abdel-Hamid, wies Suleimans Forderung nach einem Dialog ohne einen Rücktritt Mubaraks zurück. «Wir streiken und wir werden protestieren und wir werden nicht verhandeln, bevor Mubarak zurücktritt», sagte er beim Aufruf zum «Protest der Millionen». Weite Teile der Opposition, darunter die meisten Demonstranten der Protestbewegung, fordern eine völlig neue Verfassung.

Auflösung des Parlaments gefordert
Vom Tahrir-Platz zogen am Mittwoch erstmals rund 2000 Demonstranten zum Parlamentsgebäude. Sie forderten die Auflösung des Parlaments und dessen Neuwahl. Mubaraks Partei hat darin derzeit fast alle Sitze. Am Dienstag hatte sich erstmals nach seiner Verhaftung vor zwölf Tagen auch der von den Demonstranten gefeierte Internet-Aktivist Wael Ghonim wieder auf dem Tahrir-Platz gezeigt. Bei den Gefängnisöffnungen nach Beginn der Unruhen entkamen offenbar auch islamistische Terroristen. Beobachter gehen davon aus, dass das Regime die Gefängnisse auf dem Höhepunkt der Unruhen am 28. Januar bewusst geöffnet hat, um Chaos zu stiften und damit seine eigene Unentbehrlichkeit zu demonstrieren.

Druck aus New York und Washington
Die UNO und die USA drücken aufs Tempo. Der Wandel müsse kommen, «je früher, desto besser», sagte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon am Dienstag nach einer Unterredung im Sicherheitsrat in New York. US-Vizepräsident Joe Biden forderte von seinem ägyptischen Amtskollegen Suleiman «sofortige Taten». Gemeinsam mit der Opposition müssten eine Strategie und ein Zeitplan für einen geordneten Übergang zur Demokratie entwickelt werden. Biden forderte Suleiman zudem in einem Telefonat auf, den Ausnahmezustand sofort zu beenden. Die amtliche Nachrichtenagentur MENA zitierte Suleiman mit den Worten, Mubarak sei bei guter Gesundheit. Es gebe keine Absprache mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie habe sich mit Äusserungen auf eklatante Art in die inneren Angelegenheiten Ägyptens eingemischt, erklärte Suleiman. (awp/mc/ps)

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