Deutschland im Konjunkturhoch

Rainer Brüderle

Wirtschaftsminister Rainer Brüderle.

Berlin – Rekordbeschäftigung, starker Konsum – aber wachsende Inflationsangst: Die deutsche Wirtschaft bleibt im Konjunkturhoch, doch die Preisspirale bei Benzin und Strom verunsichert die Bürger. Die Bundesregierung hob am Donnerstag ihre Wachstumsprognose von 2,3 auf 2,6 Prozent an. Deutschland trotze erfolgreich den weltweiten Risiken. Die Europäische Zentralbank (EZB) warnt aber vor wachsendem Inflationsdruck.

Wirtschaftsminister Rainer Brüderle beschwichtigte bei der Vorlage der neuen Frühjahrsprognose der Regierung. Die Teuerungsrate werde zwar im laufenden Jahr um 2,4 Prozent anziehen. «Ich sehe kurzfristig aber keine akute Inflationsbedrohung.» Der Aufschwung sei stabil. Längst sei nicht mehr der Export Wachstumsmotor, sondern zu über 80 Prozent die Binnennachfrage. «Die fast schon traditionelle Konsumschwäche ist überwunden», sagte der FDP-Politiker in Berlin.

Staat muss weiter sparen
Die Regierung werde nicht übermütig. 2012 schwäche sich der Aufschwung auf 1,8 Prozent ab. Der Staat müsse weiter sparen, um die Schuldenbremse im Grundgesetz einzuhalten. Die neue Prognose der Regierung ist Grundlage für die nächste Steuerschätzung im Mai. Auf dem Arbeitsmarkt setzt sich die positive Entwicklung nach Einschätzung des Bundes fort. Die Zahl der Arbeitslosen werde 2011 im Jahresdurchschnitt auf 2,9 Millionen und 2012 auf 2,7 Millionen sinken.

«Nahezu Vollbeschäftigung»
Bald sollen über 41 Millionen Deutsche erwerbstätig sein – so viele wie nie zuvor in der bundesdeutschen Geschichte. «In Bayern und Baden-Württemberg haben wir schon nahezu Vollbeschäftigung», sagte Brüderle. Neue Jobs und höhere Lohnabschlüsse bringen den Arbeitnehmern mehr Geld ins Portemonnaie. Die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte steigen nach Angaben von Brüderle 2011 und 2012 um jeweils 3,3 Prozent – «so stark wie seit zehn Jahren nicht mehr».

Preisdruck weiterhin akut
Doch der Preisdruck im Euroraum bleibt aus EZB-Sicht akut. «Die Risiken (…) für die Preisentwicklung sind weiterhin nach oben erichtet», schrieben Europas Währungshüter in ihrem Monatsbericht. Die Energiepreise könnten wegen der politischen Spannungen in Nordafrika und im Nahen Osten stärker anziehen als erwartet. Das würde die Inflation im Euroraum weiter anheizen und gleichzeitig die Konjunktur bremsen. Im Durchschnitt führe ein um 10 Prozent höherer Ölpreis zu einem Anstieg der Verbraucherpreise im Eurogebiet um rund 0,2 Prozent im ersten Jahr und 0,45 Prozent nach drei Jahren.

Stufenweise Anhebung des Leitzinses erwartet
Die Jahresteuerung im Euroraum war im März auf 2,6 Prozent gestiegen. Die EZB hob den Leitzins daraufhin um 0,25 Punkte auf 1,25 Prozent an und signalisierte weitere Zinsschritte: Die EZB sieht ihr oberstes Ziel der Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von knapp unter zwei Prozent gewährleistet. Volkswirte rechnen längst damit, dass die EZB den Leitzins bis Jahresende in weiteren Schritten auf 2,0 Prozent anheben wird.

Mehr Mut zur Selbständigkeit
Die gute wirtschaftliche Lage spornt Existenzgründer an. Nach Angaben der staatlichen Förderbank KfW wagten im vergangenen Jahr 936.000 Menschen den Schritt in die Selbstständigkeit und damit 66 000 mehr als im Vorjahr. «Dies ist der zweite Anstieg in Folge, diesmal hat der Konjunkturaufschwung dem Gründungsgeschehen einen Schub gegeben», sagte KfW-Chefvolkswirt Norbert Irsch in Frankfurt. (awp/mc/upd/ss)

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