Frankreich will TTIP-Verhandlungen stoppen

TTIP

(Bild: Fotolia/goa novi)

Paris – Die französische Regierung will das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP fallenlassen. Aussenhandels-Staatssekretär Matthias Fekl sagte am Dienstag dem Radiosender RMC, Paris wolle die EU-Kommission im kommenden Monat auffordern, die Verhandlungen für den Handelspakt zwischen der EU und den USA zu stoppen. «Es gibt für diese Verhandlungen keine politische Unterstützung Frankreichs mehr.»

Zuvor hatte bereits der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel die Verhandlungen um TTIP im ZDF-Sommerinterview für «de facto gescheitert» erklärt. Staatschef François Hollande ging ebenfalls auf Gegenkurs zur Brüsseler EU-Kommission und warnte vor voreiligen Erwartungen. Die TTIP-Gespräche könnten nicht bis zum Jahresende abgeschlossen werden.

«Verhandlungen festgefahren»
«Die Verhandlung hat sich festgefahren», bilanzierte Hollande bei der jährlichen Botschafterkonferenz in Paris. «Das Ungleichgewicht ist offensichtlich.» Es sei besser, dafür zu sorgen, dass «wir die einen und die anderen warnen können, dass Frankreich nicht in der Lage sein wird, einen Abschluss zu billigen (…)», so Hollande.

Die EU-Kommission, die die Verhandlungen im Auftrag der EU-Staaten führt, hatte hingegen erst am Montag erklärt, sie sei bereit, das umstrittene Handelsabkommen bis Ende des Jahres unter Dach und Fach zu bringen. Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hält nichts davon, das geplante Mega-Abkommen jetzt schon für tot zu erklären.

Frankreich bremst schon länger
Frankreich bremst bei TTIP, das Handelsbarrieren zwischen der EU und den USA senken soll, schon seit längerem. Paris warf Washington mehrfach mangelndes Entgegenkommen vor. Die TTIP-Debatte dürfte auch bei der Präsidentschaftswahl in acht Monaten eine Rolle spielen. Der konservative Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy, der den Élysée zurückobern will, schreibt in seinem neuen Buch «Tout pour la France» (Alles für Frankreich), es sei derzeit unmöglich, den Handelspakt zu unterschreiben.

Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier äusserte sich skeptisch, aber nicht ganz so pessimistisch wie Gabriel. «Ich weiss auch nicht, was bis zum Ende dieses Jahres oder sagen wir bis zu den Wahlterminen im November in den USA noch möglich sein wird», sagte Steinmeier auf einer Botschafterkonferenz in Berlin vor Wirtschaftsvertretern und Diplomaten.

US-Regierung widerspricht
Die US-Regierung widersprach unterdessen der Einschätzung Gabriels, wonach die TTIP-Verhandlungen praktisch gescheitert seien. «Die Verhandlungen machen in Wahrheit ständige Fortschritte», sagte der Sprecher des US-Handelsbeauftragten Michael Froman dem «Spiegel».

Er nannte es nicht überraschend, dass einzelne Kapitel des Abkommens noch nicht förmlich beschlossen sein: «Es liegt in der Natur von Handelsgesprächen, dass nichts vereinbart ist, bis alles vereinbart ist.» Man halte wie geplant an der nächsten Verhandlungsrunde Mitte September fest, um sich «den Fortschritt genau anzuschauen».

Brüssel verteidigt TTIP-Freihandelsgespräche
Trotz Zweifeln in Deutschland und Frankreich hält die EU-Kommission aber an den Handelsgesprächen mit den USA fest. «Wenn man verhandelt, dann verhandelt man, um zu einem Ergebnis zu kommen», erklärte ein Sprecher der Brüsseler Behörde am Dienstag. Er erinnerte daran, dass die EU-Staaten ihr einstimmig ein Mandat für die Verhandlungen mit den USA erteilt haben. «Wir müssen diesen Prozess abschliessen und dann können die Mitgliedstaaten und die (EU-)Institutionen ihn bewerten.»

Das Abkommen soll Handelsbarrieren wie Zölle abbauen oder senken und Normen bei Produkten und Verfahren angleichen. Gegner befürchten, TTIP könnte europäische Umwelt- und Sozialstandards aushebeln. (awp/mc/pg)

TTIP – Website der EU-Kommission

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