Deutsche Unternehmen trotz Krisen noch optimistischer – Ifo steigt

Hans-Werner Sinn

Ifo-Chef Hans-Werner Sinn. (Foto: Ifo-Institut)

München – Von der Flüchtlingskrise und den schwächelnden Schwellenländern lassen sich deutsche Unternehmer offenbar ihren Optimismus nicht nehmen: Die Unternehmensstimmung hat sich im September überraschend und zum dritten Mal in Folge aufgehellt. Das Ifo-Geschäftsklima stieg zum Vormonat leicht um 0,1 Punkte auf 108,5 Zähler, wie das Münchner Ifo-Institut am Donnerstag mitteilte. Zudem wurde der Vormonatswert leicht von 108,3 auf 108,4 Punkte nach oben revidiert. Bankvolkswirte hatten für September einen Rückgang auf 107,9 Punkte erwartet. Die Krise beim deutschen Autobauer Volkswagen konnte sich indes höchstwahrscheinlich noch kaum in den Zahlen niederschlagen.

«Die deutsche Wirtschaft zeigt sich robust», sagte Ifo-Chef Hans-Werner Sinn. Besonders überraschend: Die Stimmungsaufhellung ist auf stark verbesserte Zukunftserwartungen zurückzuführen. Der entsprechende Indikator stieg im Vormonatsvergleich von 102,2 auf 103,3 Punkte. Dabei hatten Volkswirte gerade hier eine deutliche Eintrübung erwartet. Die Einschätzung der aktuellen Lage hat sich dagegen stärker als erwartet verschlechtert. Der entsprechende Indikator ging von 114,8 auf 114,0 Punkte zurück.

Die Märkte reagierten gelassen auf die Zahlen. Der Euro legte nach der Veröffentlichung zum Dollar etwas zu, gab die Gewinne im Anschluss aber schnell wieder ab. Die deutschen Anleihen gaben etwas nach.

USA als Zugpferd – VW-Skandal noch nicht berücksichtigt
«Die an den Finanzmärkten anhaltende Sorge um die chinesische Konjunkturlage und die Wiedereinführung innereuropäischer Grenzkontrollen scheinen den Unternehmen nicht die Stimmung zu verderben», meint Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. «Die deutsche Wirtschaft ist derzeit unerschütterlich.» Zu vermuten sei, dass die gut laufende US-Konjunktur aus Sicht der deutschen Unternehmer mehr zähle als die schwierige Lage in den Schwellenländern.

Ein Härtetest könnte allerdings erst noch auf die deutsche Wirtschaft zukommen: Der Skandal um Abgasmanipulationen beim deutschen Autobauer Volkswagen hatte in den vergangenen Tagen auch andere deutsche Unternehmen an den Börsen tief ins Minus gestürzt.

Die Affäre konnte sich höchstwahrscheinlich in den aktuellen Zahlen noch kaum niederschlagen. Zwar können die Ifo-Fragebögen noch bis kurz vor Bekanntgabe der Zahlen eingereicht werden. Aber: «Das Gros der befragten Unternehmen wird bereits in der ersten Septemberhälfte die Befragung abgeschlossen haben», so Gitzel. Die Sorgen um die Marke «Made in Germany» würden sich daher erst in den Zahlen für Oktober niederschlagen. Der Skandal könne für die deutsche Wirtschaft sogar schwerer wiegen als die Schuldenproblematik in Griechenland, sagte Gitzel.

EZB-Lockerungen unwahrscheinlicher
Experten werten die positive Stimmung in der deutschen Wirtschaft dennoch als Signal gegen weitere geldpolitische Lockerungen durch die Europäische Zentralbank (EZB). Zuletzt hatte es hierzu Spekulationen gegeben, die allerdings bereits am Mittwoch einen ersten Dämpfer erhielten, weil EZB-Chef Mario Draghi während einer Rede vor EU-Parlamentariern keine konkreten Signale gegeben hatte. «Vor dem Hintergrund der Ifo-Zahlen und in Anbetracht verbesserter Stimmungsindikatoren in Frankreich sind Diskussionen über eine Ausweitung des EZB-Kaufprogramms nicht angemessen», schreibt Ulrich Wortberg, Ökonom bei der Landesbank Hessen Thüringen (Helaba). In Frankreich war am Mittwoch die Stimmung der Einkaufsmanger besser ausgefallen als erwartet.

Die positive Stimmung in Deutschland geht den Ifo-Daten zufolge vor allem auf den Einzelhandel und auf das Baugewerbe zurück. Im Einzelhandel hat sich die Stimmung zum dritten Mal in Folge aufgehellt. Im Baugewerbe stiess das Klima erstmals seit Januar 2014 wieder in den positiven Bereich vor. Im verarbeitenden Gewerbe dagegen trübte sich die Stimmung erneut ein und erreichte den niedrigsten Wert seit Februar. Dafür stieg hier der Optimismus mit Blick auf die Zukunft. Mehr Unternehmen als zuletzt planen eine Produktionsausweitung. (awp/mc/upd/ps)

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