AstraZeneca lässt Pfizer trotz höherer Offerte erneut abblitzen

Pascal Soriot

Pascal Soriot, CEO AstraZeneca. (Bild: AstraZeneca)

New York – Im Übernahmekampf um den britischen Pharmakonzern AstraZeneca liess die Reaktion aus London nicht lange auf sich warten: AstraZeneca lässt den Rivalen Pfizer trotz seiner höheren Offerte erneut abblitzen. Der Verwaltungsrat halte das neue Angebot für nicht ausreichend. AstraZeneca sei «massiv unterbewertet», teilte die weltweite Nummer acht der Branche am Freitag wenige Stunden nach der um 7 Milliarden Dollar erhöhten Offerte von Pfizer-Chef Ian Read mit. Den Aktionären wurde empfohlen, still zu halten.

Die Börse reagierte gelassen: Die AstraZeneca-Aktie fiel am Freitag um 0,3 Prozent auf 47,99 Pfund, nachdem sie in der vergangenen Woche rund 16 Prozent zugelegt hat. Analysten der Investmentbank Panmure Gordon & Co gehen davon aus, dass Pfizer noch nicht das letzte Wort gesprochen hat. Sie rechnen damit, dass die Erhöhung vom Freitag nur ein Zwischenschritt war und bald ein drittes Gebot von bis zu 55 Pfund je Aktie kommt. Damit würden sich die Amerikaner AstraZeneca rund 69 Milliarden Pfund kosten lassen. Ein Interesse anderer Pharmaunternehmen halten die meisten Experten dagegen derzeit für nicht wahrscheinlich – grosse Konzerne wie Sanofi oder Merck & Co haben bereits abgewinkt.

Pfizer erhöht Druck
Pfizer erhöht derweil den Druck auf das Astra-Management: Pfizer-Chef Read bietet 50 Pfund je AstraZeneca-Aktie oder insgesamt 63 Milliarden Pfund (rund 106 Mrd USD/77 Mrd Euro). Der Grossteil soll mit Aktien bezahlt werden. In bar sollen rund 20 Milliarden Pfund fliessen. Gleichzeitig startete der Manager eine Charmeoffensive: In einem Brief an den britischen Premierminister David Cameron versprach er am Freitag im Falle einer Übernahme die Schaffung neuer Jobs in Grossbritannien. Käme der Deal zustande, wäre es die grösste Transaktion in der Pharmabranche seit Jahren.

Bereits im Januar hatte Read angeboten, rund 59 Milliarden Pfund auf den Tisch zu legen. Die AstraZeneca-Spitze hatte sich nach kurzen Gesprächen zurückgezogen. Auch beim Versuch Ende April biss Read auf Granit. Die Amerikaner versuchen die Briten weiter zu umgarnen: «Wir haben grossen Respekt vor AstraZeneca und seinem stolzen Erbe», schrieb Pfizer-Chef Read am Freitag an Astra-Verwaltungsratchef Leif Johansson. An der neuen Gesellschaft sollen Astra-Aktionäre 27 Prozent und Pfizer-Aktionäre 73 Prozent halten.

Steuerliche Beweggründe
Pfizer hat bereits angekündigt, den Firmensitz in den USA zu belassen, aber den juristischen Sitz aus steuerlichen Gründen nach Grossbritannien zu verlegen. Zudem ergäbe sich ein weiterer Steuervorteil: Pfizer soll rund 70 Milliarden Dollar im Ausland geparkt haben. Ein Teil könnte in die Übernahme fliessen. Würden die Amerikaner das Geld nach Hause holen, würden hohe Steuern fällig.

Neben dem Steueraspekt sichere sich Pfizer auch den Zugriff auf eine aussichtsreiche Entwicklungspipeline. Pfizer würde sich mit Astra vor allem in der Onkologie, also der Krebstherapie sowie bei Diabetes verstärken, schreibt Professor John Lyon von der Warwick Business School. Denn Astra-Chef Pascal Soriot hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt. 2020 will er zehn neue Medikamente auf dem Markt haben. Zuletzt litten die Briten allerdings unter den Patentverlusten für ehemalige Kassenschlager. Soriot hatte 2012 das Ruder bei Astra übernommen und richtet den Konzern neu aus. Er steckt Geld in Zukäufe, strich tausende Stellen und treibt die Expansion in den Schwellenländern voran.

Pfizer kauft sich Zeit
Pfizer steht wegen ablaufenden Patentschutzes für den Blutfettsenker Lipitor und das Potenzmittel Viagra vor schweren Zeiten. Zuletzt erzielte das Unternehmen einen Jahresumsatz von 51,6 Milliarden Dollar. Wie das erste Quartal gelaufen ist, wird der Pharmariese am Montag mitteilen. Das grösste Risiko für Pfizer sei derzeit, dass der Deal mit Astra nicht gelingt, schreiben die Experten von Bernstein Reseach.

Mit AstraZeneca würde Pfizer eine Serie von Grossakquisitionen fortsetzen. Seit dem Jahr 2000 hat der Viagra-Hersteller gut 244 Milliarden Dollar in Zukäufe gesteckt. 2000 erfolgte die Übernahme von Warner-Lambert, 2003 der Kauf von Pharmacia. 2009 schluckte Pfizer – noch unter Reads Vorgänger – den US-Konkurrenten Wyeth. Zuletzt hat Read den Konzern eher verschlankt. Das Geschäft mit Babynahrung wurde verkauft, die Tiergesundheitssparte wurde an die Börse gebracht. (awp/mc/upd/pg)

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