Rom – Im Vatikan wird es langsam ernst: Am Mittwoch beginnt in der Sixtinischen Kapelle das Konklave zur Wahl des Nachfolgers von Papst Franziskus. Der 267. Pontifex der katholischen Kirche sollte dann eigentlich noch diese Woche feststehen – aber wer wird es? Die Liste der Kardinäle, denen Chancen eingeräumt werden, ist in den vergangenen Tagen immer länger geworden. Inzwischen sind es mehr als ein Dutzend.
Das deutet darauf hin, dass die Wahl so offen ist wie lange nicht mehr. Einige Namen werden immer wieder genannt: allen voran der von Pietro Parolin, der bisherigen Nummer zwei des Kirchenstaats. Aber es sind auch neue hinzugekommen. Im Folgenden ein Überblick:
Pietro Parolin
Der Italiener gilt als Favorit. Mit 70 hätte der bisherige Kardinalstaatssekretär ein gutes Alter – auf einen Papst, der viele, viele Jahre im Amt sein kann, wollen sich die Kardinäle normalerweise nicht festlegen. Parolins Fähigkeiten sind unbestritten. Er ist ein Mann der Mitte – jemand, der wieder Ruhe in die Kirche bringen könnte. Aber bislang auch jemand ohne grosse Ausstrahlung.
Matteo Zuppi
Als Vorsitzender der italienischen Bischofskonferenz ist der Erzbischof von Bologna qua Amt eine der zentralen Figuren der Kirche. Zudem war er Vatikan-Vermittler im Ukraine-Krieg, wenn auch ohne grosse Erfolge. Zuppi gilt als Reformer, der aber auch ausgleichend wirken kann. Mit 69 hätte er ebenfalls ein gutes Alter.
Pierbattista Pizzaballa
Der Patriarch von Jerusalem leitet eine der schwierigsten Diözesen der Welt: Im Heiligen Land stehen die Christen oft zwischen den Fronten. Als Brückenbauer hat er also Erfahrung. Pizzaballa kommt aus dem Franziskanerorden. Mit 60 ist er unter den «Papabile» einer der Jüngsten. Das könnte gegen ihn sprechen.
Peter Erdö
Der Primas von Ungarn, Erzbischof von Esztergom-Budapest, gilt als Favorit unter den Konservativen. Als einer der wenigen Kardinäle wurde er noch von Johannes Paul II. ernannt. Erdö gilt eher als Intellektueller denn als Mann des Volkes. Das richtige Alter hätte er mit 72 noch.
Jean-Marc Aveline
Der Erzbischof von Marseille gilt als volksnah – ein Charakterzug, den er mit Franziskus teilt. Auch sonst gilt der Franzose als jemand, der in Stil und Politik viel mit dem verstorbenen Papst gemeinsam hat. Der 66-Jährige stünde dafür, dass dessen Vermächtnis fortgesetzt wird.
Jean-Claude Hollerich
Der Erzbischof von Luxemburg ist jetzt schon einer der einflussreichsten Männer im Vatikan. Bei der jüngsten Weltsynode war der 66-Jährige als «Generalrelator» eine Art Vermittler. Gegen ihn spricht, dass er wie Franziskus aus dem Jesuitenorden kommt: Zwei Jesuiten in Folge wäre ungewöhnlich.
Juan José Omella Omella
Der Erzbischof von Barcelona galt als einer der engsten Vertrauten von Franziskus. Der Argentinier berief den Spanier als Berater auch in den wichtigen Kardinalsrat. Bis vergangenes Jahr war er auch Leiter der spanischen Bischofskonferenz. Aber vielleicht wäre der 79-Jährige schon ein bisschen zu alt.
Cristóbal López Romero
Ein anderer Spanier, der für eine Überraschung gut sein könnte, ist Cristóbal López Romero. Seit 2017 ist er Erzbischof von Rabat in Marokko. Zuvor war er als Missionar auch schon in Paraguay und Bolivien tätig. Bedeutet: gute Drähte nach Nordafrika und Lateinamerika. Er ist 72: gutes Alter also.
Anders Arborelius
Der Bischof von Stockholm wäre ein ungewöhnlicher Papst. Geboren 1949 in der Schweiz, mit 20 zum katholischen Glauben übergetreten und nun einziger Kardinal aus Skandinavien. In Deutschland ist er bekannt, weil er als Apostolischer Visitator Vorwürfe gegen Kardinal Rainer Maria Woelki untersuchte.
José Tolentino de Mendonça
Der Kurienkardinal aus Portugal wird zum progressiven Flügel gerechnet. Seit 2022 Leiter des Dikasteriums (praktisch ein Ministerium) für Kultur und Bildung. De Mendonça ist ein Intellektueller, der aber auch mit den Leuten kann. Gegen ihn spricht sein Alter: Er wird erst 60.
Mario Grech
Der 68-jährige Kurienkardinal war ein Vertrauter von Franziskus. Bei der Weltsynode zählte der Bischof von der Mittelmeerinsel Malta zu den prägenden Figuren. Grech ist Reformer, unterstützte die deutschen Katholiken bei ihrem Synodalen Weg.
Luis Antonio Tagle
Der Ex-Erzbischof von Manila wird als aussichtsreichster Anwärter genannt, falls die Wahl erstmals auf einen Kardinal aus Fernost fallen sollte. Der 67-Jährige war schon 2013 im Gespräch. Wie Franziskus tritt der Pro-Präfekt des Dikasteriums für die Evangelisierung für eine Kirche an der Seite der Armen ein.
Charles Maung Bo
Der 76-Jährige kommt ebenfalls aus Asien – aus Myanmar. Seine Wahl wäre ein besonderes Zeichen: Sein Heimatland versinkt seit Jahren in Bürgerkrieg und Gewalt. Zudem wurde es eben erst von einem schlimmen Erdbeben getroffen. Mehr Mitgefühl könnte die Kirche gerade kaum zeigen.
Fridolin Ambongo Besungu
Seit geraumer Zeit wird auch spekuliert, dass ein Papst aus Afrika kommen könnte. Am häufigsten genannt wird dann der Erzbischof aus der Demokratischen Republik Kongo. Der 65-Jährige gilt als konservativ – und als noch etwas zu jung.
Peter Turkson
Der Name des Kardinalpriesters aus Ghana fällt seit einigen Tagen oft. Der 76-Jährige war im Vatikan früher für Themen wie Klimawandel, Armut und wirtschaftliche Chancengleichheit zuständig. Turkson gilt als sehr konservativ.
Raymond Burke
Der 76-jährige Kardinalpriester aus den USA galt als einer der härtesten Gegner von Franziskus. Der konservative Hardliner kritisierte Reformen wie etwa den Segen für homosexuelle Paare. Manche sehen Burke als Kandidaten von Donald Trump. Seine Chancen: eher gering.
Robert Francis Prevost
Der US-Amerikaner leitet als Kurienkardinal das wichtige Dikasterium für die Bischöfe. Früher war er Missionar und Bischof in Peru sowie Generalprior des Augustinerordens. Der 69-Jährige könnte ein Kompromisskandidat werden. (awp/mc/ps)