Andreas Widmer, CEO Wasserwerke Zug AG, im Interview

Andreas Widmer

Andreas Widmer, CEO Wasserwerke Zug AG. (Foto: zvg)

von Robert Jakob

Moneycab.com: Herr Widmer, der eigentliche Treiber des Geschäfts der Wasserwerke ist die Telekommunikation. Erwarten Sie für 2016 einen weiteren Schub?

Andreas Widmer: Rund 50 Prozent des Umsatzes der WWZ-Gruppe wird noch beim Strom realisiert, einerseits dem stabilen Netz- und Grundversorgungsgeschäft und andererseits dem Marktgeschäft, welches von einer hohen Dynamik geprägt ist. Die Telekommunikation liegt bei rund 25 Prozent des Firmenumsatzes, wobei die Tendenz klar steigend ist. Dies aufgrund von Netzübernahmen, die wir zu Arrondierung unseres Telekom-Versorgungsgebiets tätigen, und unseren Erfolgen beim Produktverkauf. Bei gewissen Diensten verzeichnen wir seit mehreren Jahren zweistellige Wachstumsraten, und dies trotz des äusserst intensiven Wettbewerbsumfelds.

Mit der Gründung der Subholding WWZ Telekom Ende 2015 wird der hohen strategischen Bedeutung des Telekomgeschäfts Rechnung getragen. Aber gehen diese neuen Managementstrukturen nicht ins Geld?

Natürlich entsteht ein gewisser Mehraufwand. Das Zusammenfassen der Telekomaktivitäten in einer Subholding erlaubt es uns aber, die Netz- und Produktstrategien optimal aufeinander abzustimmen und innerbetriebliche Synergien zu nutzen. Zudem wird mit dem Einsitz ausgewiesener Branchenfachleute im Verwaltungsrat der Subholding das für die langfristige strategische Entwicklung des Telekomgeschäfts notwendige Know-how gestärkt.

«Das Zusammenfassen der Telekomaktivitäten in einer Subholding erlaubt es uns, die Netz- und Produktstrategien optimal aufeinander abzustimmen und innerbetriebliche Synergien zu nutzen.»
Andreas Widmer, CEO Wasserwerke Zug AG

Im Telekommunikationsgeschäft stehen Sie in harter Konkurrenz zu den drei S (Swisscom, Salt und Sunrise). Welches ist Ihre USP in einem Wort?

Ich sehe im Wesentlichen drei: die Kundennähe, unsere flächendeckend glasfaserbasierte Breitbandinfrastruktur und ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis.

Anfangs letzten Jahres haben sie die TV-Kabelnetzversorgung in Knonau und das Kabelnetz in der Luzerner Gemeinde Pfaffnau übernommen. Genau ein Jahr später die Jac. Steiner Söhne AG mit Sitz in Goldau/Schwyz. Welche weiteren extrakantonalen Aktivitäten haben Sie vor?

Wir prüfen laufend Möglichkeiten, unser Netzgebiet weiter zu arrondieren.

Wie hoch ist denn bei den WWZ der Anteil Grosskunden mit einem Strombezug von mehr als 100’000 kWh pro Jahr in Prozent des Strombezugs?

Knapp die Hälfte des Stromabsatzes wird von den marktberechtigten Grosskunden bezogen.

Ist der Trend vom Graustrom weg zu Sonnen-, Natur- oder Wasserstrom bei Ihren Kunden ungebrochen?

Rund 99 Prozent unserer Kunden erhalten Strom aus erneuerbaren Energien. Standardmässig beliefern wir Privat- und Gewerbekunden mit Strom aus Schweizer Wasserkraft. Über 2000 von ihnen haben sich für ein hochwertigeres Produkt aus regionaler Produktion entschieden, und nur ein paar Hundert von ihnen beziehen Graustrom. Diese Konstellation hat sich die vergangenen Jahre nicht wesentlich verändert.

«Nur ein paar Hundert Kunden beziehen Graustrom.»

Auch beim Gas bieten die WWZ vier verschiedene Sorten an. Das Biogas ist mit einem Aufschlag von 8,55 Rappen/kWh am teuersten. Wie sieht hier das Kaufverhalten Ihrer Kunden aus?

Unser Standardprodukt enthält fünf Prozent Biogas. Die Wahl für hochwertigere Produkte fällt beim Biogas aber bescheidener aus als beim Strom, was unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass der Produktentscheid für die Versorgung von Mehrfamilienobjekten oder Überbauungen meist von der Liegenschaftsverwaltung getroffen wird. Hier überwiegen wirtschaftliche Überlegungen. Nichtsdestotrotz verzeichnen wir einen wachsenden Biogasabsatz.

Werden die Kunden parallel zum Verfall der Heizölpreise in den Genuss grösserer Preisabschläge kommen?

Bei der Tarifgestaltung folgen wir stets den Beschaffungskosten. Die Erdgasbeschaffung der WWZ ist diversifiziert und basiert auf langfristigen Verträgen, die zeitverzögert dem Erdölpreis folgen. Preisveränderungen wirken sich gedämpft aus. Damit gewährleisten wir für unsere Kunden insbesondere in volatilen Marktsituationen mehr Preisstabilität. Anfang 2015 führten wir aufgrund der gesunkenen Marktpreise und der Aufhebung der Euro-Kurs-Untergrenze durch die SNB einen 15-Prozent-Rabatt auf den Erdgas-Arbeitspreis ein. Diesen Rabatt haben wir zum Jahresbeginn um 10 Prozentpunkte erhöht. Wie sich die Situation weiter entwickelt, bleibt abzuwarten.

In den letzten Jahren haben die WWZ wiederholt die Strompreise für Endverbraucher senken können. Geht das hier so weiter?

Auch diese Entwicklung ist abhängig von der Beschaffungssituation und bleibt abzuwarten. Nur rund fünf Prozent des abgesetzten Stroms produzieren die WWZ selber. Den Grossteil kaufen wir über ein strukturiertes Beschaffungsportfolio auf dem Strommarkt ein und konnten in den letzten beiden Jahren trotz steigender Abgaben den Endpreis für unsere Kunden senken.

Die WWZ sind mit 15 Prozent am Windpark Sustrum/Renkenberge bei Lathen in Norddeutschland beteiligt. Welche Erfahrungen konnten Sie dort sammeln und planen Sie, davon etwas in der Schweiz anzuwenden?

Abgesehen vom Währungsrisiko und der Volatilität des Windaufkommens sind unsere Erfahrungen positiv. Wir haben an gewissen Turbinen ein Repowering vorgenommen, also deren Ausbau, und wir planen zudem, den Windpark gemeinsam mit unseren Partnern zu erweitern. Die Grundbedingungen im Gebiet Renkenberge sind aufgrund der Topografie und regulatorischen Rahmenbedingungen sehr gut. Im Kanton Zug planen wir keine solchen Aktivitäten, da insbesondere die nötigen Windbedingungen nicht gegeben sind. Wir schauen uns aber laufend interessante Projekte in der Schweiz an.

Im Gegensatz zu unserem nördlichen Nachbarn betreibt die Schweiz in der Energiepolitik keine Hauruck-Lösungen. Was wünschen sie sich 2016 für die energiepolitische Grosswetterlage?

Zwei Dinge: Investitionen in Netze und Anlagen sind langfristig ausgelegt. Dafür sind stabile und verlässliche Rahmenbedingungen zwingend. Und zweitens muss die Herausforderung, die sich der Schweizer Wasserkraft stellt, konstruktiv angepackt werden. Diese steht vor grossen Problemen angesichts der massiv gefallenen Marktpreise, verursacht durch die massive Subventionierung der erneuerbaren Energien in Deutschland und der generellen wirtschaftlichen Entwicklung in Europa.

Zur Person:
Andreas Widmer ist 55 Jahre alt, verheiratet und Vater von zwei Söhnen. Er stammt aus Luzern und ist wohnhaft in Udligenswil (LU). Nachdem er das Studium an der ETH Zürich als Elektroingenieur abgeschlossen hat, war Andreas Widmer mehrere Jahre in der Telekomindustrie tätig, bevor er zu der Centralschweizerischen Kraftwerke AG (CKW) wechselte und berufsbegleitend ein MBA-Studium absolvierte. Seine Laufbahn setzte er bei der Watt AG fort, für die er längere Zeit im liberalisierten deutschen Markt tätig war. Zuletzt war er beim Stromhändler Atel (heute Alpiq) für die Geschäftseinheit Markt Schweiz verantwortlich. Im Frühsommer 2008 trat er bei der Wasserwerke Zug AG (WWZ) ein und besetzte vorerst die Stelle des Vertriebsleiters. Am 1. Mai 2009 übernahm er als Direktor die Funktion des CEO. Bei der IBAarau AG, den Liechtensteinischen Kraftwerken und der Elektrizitätswerk Davos AG ist er als Verwaltungsrat tätig. Er ist im Vorstand des Verbandes Schweizerischer Elektrizitätswerke sowie im Vorstand der Zuger Wirtschaftskammer.

Zum Unternehmen:
Als Querverbundunternehmen versorgen die WWZ die Bevölkerung und Wirtschaft im Kanton Zug und den umliegenden Regionen mit Wasser, Energie und Telekommunikation; marktberechtigte Stromkunden beliefert das Unternehmen schweizweit. Die WWZ erzeugen Energie aus regionalen erneuerbaren Quellen und sind das zweigrösste Kabelnetzunternehmen der Schweiz. Die Unternehmensgruppe beschäftigt über 350 Mitarbeitende und bildet Lernende in sechs Lehrberufen aus: Logistiker, Netzelektriker, Informatiker, Kaufleute, Mediamatiker und Multimediaelektroniker. Die Holding (Wasserwerke Zug AG) ist im Besitz von über 4‘000 privaten Aktionären. Knapp 30 Prozent des Aktienkapitals werden durch die öffentliche Hand gehalten.

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