Beat Kuhn, Managing Director SV Hotel, im Interview

Beat Kuhn

Beat Kuhn, Managing Director SV Hotel. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Kuhn, mitten in der Corona-Pandemie hat SV Hotel mit «Stay KooooK» ein neues Hotelkonzept lanciert und an gleicher Stätte im Berner Wankdorf das zweite Moxy Hotel in der Schweiz eröffnet. Ein mutiger Schritt oder einfach Terminpech?

Beat Kuhn: Stay Kooook ist Teil unserer langfristigen strategischen Weiterentwicklung. Mit Stay KooooK schliessen wir eine Nachfragelücke. Erstens haben wir schon vor Jahren gesehen, dass ein grosser Teil der Nachfrage Longstay Charkter hat, die nicht abgedeckt ist. Konzepte wie Airbnb und Microcliving sind dann in diese Lücke gesprungen, die Hotellerie hatte noch keine Antwort auf dieses Bedürfnis.

Zweitens sind im DACH-Raum die KMU das Rückgrat der Wirtschaft. Viele KMU haben auch Reisebedürfnisse mit längeren Aufenthalten. Das bestehende Angebot im Segment Extended Stay und Lifestyle richtet sich aber primär an Grossunternehmen. Diese Signale vom Markt haben wir aufgenommen und nach umfassender Nutzerstudie Stay KooooK entwickelt. Stay KooooK bietet das Beste aus vier modernen Übernachtungsformen: Gastgebertum und Authentizität von Airbnb, die starke Community der Hostels, Sicherheit und Professionalität wie im Hotel und die intelligente Raumnutzung von Microliving.

Was wir jetzt auch in der Krise sehen: Extended Stay und Lifestyle werden im Moment mehr nachgefragt als traditionelle Hotelangebote. Reisende wollen eine Umgebung, die ihnen Sicherheit gibt und in der sie sich zu Hause fühlen, sie wollen vertrauen können. Diesem Bedürfnis tragen wir mit Stay KooooK Rechnung. Wir vermitteln diese Sicherheit und das Vertrauen.

«Extended Stay und Lifestyle werden im Moment mehr nachgefragt als traditionelle Hotelangebote.»
Beat Kuhn, Managing Director SV Hotel

Die SV Group führte bis anhin hauptsächlich Hotels des Marriott-Konzerns. Wie kam es zur Entwicklung eines eigenen Hotelkonzepts?

SV Group führt seit Jahrzenten eigene Hotels oder solche im Auftrag von Vertragskunden. Das Hotel La Pergola beispielsweise betreiben wir seit vierzig Jahren sehr erfolgreich. Auf diesem Grundstein haben wir dann ab 2006 die Partnerschaft mit Marriott aufgebaut. Von insgesamt 16 Hotels haben wir inzwischen 13 Hotels von vier Marriott Brands in unserem Portfolio.

In unseren Hotels haben wir sehr früh gesehen, dass ein verhältnismässig grosser Anteil der Nachfrage Longstay Charakter hat. Das war auch Grund, warum wir mit Marriott 2011 in München das erste Residence Inn in Europa eröffnet haben.

Was bietet «Stay KooooK» seinen Gästen?

Mit Stay KooooK richten wir uns konsequent an den Bedürfnissen der Gäste aus. Das beginnt bei der digitalen Customer Journey. Bei uns kann ein Gast alles online abwickeln, von der Buchung, über das Check-in/-out, Konsumationen vor Ort, Kommunikation mit den Hosts und vieles mehr. Auch seinen digitalen Schlüssel hat er auf dem Mobile immer dabei.

Auf die Innovation in den Zimmern und Studios sind wir besonders stolz. Dank eines verschiebbaren Wohnelements ist der Raum wandelbar, je nach Bedarf kann man das Wohnelement so verstellen, dass eine kleine Küche, ein Wohnzimmer oder das Schlafzimmer entsteht. Wir bieten grösstmöglichen Schlafkomfort und eine wohnliche Atmosphäre. Bei uns hat es übrigens auch genügend Steckdosen und natürlich auch eine Ladestation fürs Mobile. Das sind Annehmlichkeiten, dank deren sich der Gast bei uns sofort wohl und wie zu Hause fühlt. Wir sind mit Stay KooooK eindeutig näher am «Wohnen» als beim ausschliesslichen «Übernachten».

Dank eines verschiebbaren Wohnelements sind die Stay Kooook-Räume wandelbar. (Foto: SV Group)

Das Herzstück von Stay KooooK ist der sogenannte Backyard. Da ist einmal die offene Gemeinschaftsküche mit einem langen Tisch, der zum Verweilen und Arbeiten einlädt und an dem die Gäste vielleicht auch einmal gemeinsam Nachtessen. Ein Gewächshaus, ein Cheminée und gemütliche Sitzgelegenheiten bieten Rückzugsmöglichkeiten. Im Backyard sind auch die beiden Hosts daheim, die sich als Gastgeber um das Wohlbefinden der Bewohner kümmern.

Wie unterscheiden sich Extended Stay-Häuser im Betrieb von «normalen» Hotels?

Die Gäste haben andere Bedürfnisse. Sie suchen nach Studios oder Appartements, in denen sie sich für einen längeren Zeitraum einrichten können und die ihnen ein Gefühl von Zuhause vermitteln.

In welcher Preisklasse ist das Konzept bei SV Hotel angesiedelt?

Je länger die Gäste bleiben, umso günstiger wird der Preis pro Nacht. Umgemünzt auf den Betrieb bedeutet dies: Längerer Aufenthalt gleich weniger Check-Ins/-Outs und ein geringerer Reinigungsaufwand. Dadurch bleibt den Hosts mehr Zeit für den persönlichen Austausch mit den Gästen und das Eingehen auf ihre individuellen Wünsche.

Stay KooooK ist im mittleren Preissegment angesiedelt. Wir haben drei verschiedene Levels: Shortstay 1-6 Nächte, Extended Stay 7-27 Nächte und Longstay ab 28 Nächte. In diesen drei Bandbreiten gibt es noch eine Unterteilung zwischen Low, – Mid,- und Highseason.

«Stay KooooK» richtet sich an Gäste, die ein «Zuhause auf Zeit» suchen, an Städtereisende, aber auch Geschäftsreisende. Nochmals zurück zur ersten Frage: Zumindest kurz- und mittelfristig ist das Potenzial Corona-bedingt sehr eingeschränkt. Wie sieht Ihre Planung aus?

Die Nachfrage nach projektbedingten längeren Aufenthalten ist nach wie vor da. Auch kurzfristigere Aufenthalte werden wieder gebucht. Hierbei legt der Gast aber grossen Wert darauf, dass seine Bedürfnisse bestmöglich abgedeckt werden. Darauf baut Stay KooooK auf.

Wir sind überzeugt, dass unser Konzept Wachstumspotenzial in den mittleren und grösseren Städten in einer ersten Phase in der Schweiz, Deutschland und Österreich hat, insbesondere weil die SV Group mit ihren drei Geschäftsfeldern breit aufgestellt ist und wir uns dies zu Nutze machen. Wir sehen z.B. grosses Potenzial im Bereich von Retail-Flächen. Wo Retail sich zurückzieht bietet sich Stay KooooK für die oberen Stockwerke an, fürs Erdgeschoss unsere Spiga Ristoranti, das «Sesh» mit Bowls oder unser Burger Restaurant «Brix». Damit bieten wir Liegenschaftsbesitzern einen interessanten Mix.

«Die Nachfrage nach projektbedingten längeren Aufenthalten ist nach wie vor da. Auch kurzfristigere Aufenthalte werden wieder gebucht.»

Die nächste Eröffnung in Nürnberg und Leipzig verlaufen also nach Plan?

Aus baulichen Gründen verzögert sich die Eröffnung in Nürnberg um ein paar Monate, alle übrigen Projekte verlaufen nach Plan.

Wie bei «Stay KooooK» setzen Sie auch mit der Marriott-Franchise «Moxy» und dem zweiten Hotel in der Schweiz nach Lausanne auf viel Lifestyle. Auf welche Gästegruppe fokussiert sich «Moxy»?

Moxy ist die Trend-Marke von Marriott. Der Slogan heisst: Boutique trifft Budget. Zielgruppe für die Moxy Hotels sind junge und junggebliebene Leute, die gutes Design lieben, sehr digital unterwegs sind und ein attraktives Preis-Leistungsverhältnis schätzen. Die Lobby dient als zentraler Ort zum Austauschen, Vernetzen und Arbeiten, ist aber gleichzeitig eine Bar, in der sich Hotelgäste und Locals mischen.

Unser Moxy Captain (so nennen wir unsere Verantwortlichen vor Ort) in Lausanne hat kürzlich sehr treffend gemeint: «In der traditionellen Hotellerie haben wir Zimmer mit einer Bar. In unserem Haus haben wir eine Bar mit Zimmern.»

Lobby im Moxy Hotel in Bern. (Foto: SV Group)

Wie stark ist Marriott bei der Eröffnung der verschiedenen Häuser involviert? Welche Vorgaben muss SV Hotel einhalten, beispielsweise hinsichtlich des Designs?

Die Gäste sollen in den Marriott Häusern ein konsistentes Erlebnis haben. Marriott setzt deshalb für jede Marke einen gewissen Design-Standard, den wir gemeinsam mit unseren Interior Designern umsetzen. Für den gesamten Betrieb inkl. Wirtschaftlichkeit sind wir als Franchisepartnerin zuständig, da geniessen wir auch Freiheiten.

«Marriott setzt für jede Marke einen gewissen Design-Standard, den wir gemeinsam mit unseren Interior Designern umsetzen.»

Mit dem Moxy werden wir Teil des lokalen Angebots an Bars, z.B. auch für After Work Drinks. Wir nehmen das Lokale auch im Design der Lobby auf und nutzen den uns hier gewährten Spielraum. Die Lobby des Moxy in Lausanne nimmt z.B. das Thema Olympia auf. In Bern nehmen die Idee der Bogen auf, angefangen bei den bogenförmigen Schlaufen der Aare, den Gewölbekellern in der Altstadt oder der «Welle» beim Bahnhof.

Not macht bekanntlich auch erfinderisch. So bietet zum Beispiel das Courtyard Zurich North in Oerlikon Zimmer auch als Homeoffice an. Wie gross war/ist die Nachfrage?

Wir hatten einige Gäste, die bei uns ein Tagesangebot buchten. Viele wollten weg aus dem Home-Office und suchten Abwechslung oder mehr Ruhe im Hotel-Office. Eine grössere Nachfrage stellen wir im Moment bei Monatszimmern für das mittlere Preissegment fest. Seit Kurzem bieten wir rund ein Dutzend Monatszimmer mit eingerichteter zentraler Küche und Aufenthaltsraum, was rege nachgefragt wird.

Bis anhin konzentriert sich SV Hotels auf Hotels in Grossstädten im deutschsprachigen Raum. Warum sind Tourismus-Regionen ausserhalb der Städte kein Thema?

Unser Fokus liegt nach wie vor auf gute Standorten in A und B Städten mit einem Angebot für Business-Reisende und Freizeitgäste. Die Stadthotellerie hatte in der Vergangenheit immer eine stabile Nachfrage. Wir sind überzeugt, dass sich mittel- und langfristig die Nachfrage in unserem angestammten strategischen Bereich wieder normalisieren wird. Wir bleiben deshalb unserem Fokus treu.

Herr Kuhn, besten Dank für das Interview.

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