Beat Zwahlen, CEO MCH Group, im Interview

Beat Zwahlen

Beat Zwahlen, CEO MCH Group. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Zwahlen, die Coronakrise will nicht enden. Jetzt musste deshalb die erfolgreiche Uhrenmesse «Baselword» abgesagt werden. Gibt es nun sogar einen Plan C?

Beat Zwahlen: Hauptsächlicher Grund für die Absage der Baselworld 2022 ist, dass wir für die Lancierung des neuen Konzepts deutlich mehr Zeit benötigen als ursprünglich gedacht. Die Formierung einer neuen Hersteller-Zielgruppe in Kombination mit den entsprechenden Retailern und Konsumenten erfordert viel Dialog und eine noch vertieftere Bedürfnisabklärung. Der unberechenbare COVID-Verlauf hat zudem den Risikoappetit der Kunden, sich auf ein neues Konzept einzulassen, zusätzlich vermindert. Das neue, offene, für die Hersteller deutlich wirtschaftlichere und auch publikumsfreundlichere Format ist kein Plan B, sondern eine neue Idee für unseren Brand. Dementsprechend sehen wir «reculer pour sauter mieux» auch nicht als Plan C.

In der schwierigsten Phase für die MCH seit ihrem Bestehen braucht es ein besonderes Gefühl für Zahlen, was Sie als ehemaliger CFO des Unternehmens mitbringen. Mit der erfolgreichen Kapitalerhöhung bleiben der MCH nach H1 2021 einhundert Millionen flüssige Mittel. Wohin wird die Masse fliessen?

Wir haben zusammen mit dem neu zusammengesetzten Verwaltungsrat im vergangenen Frühjahr und Sommer unsere Strategie weiterentwickelt und geschärft und in allen Divisionen prioritäre strategische Initiativen definiert. Nebst der finanziellen Sanierung nutzen wir die vorhandenen flüssigen Mittel um die notwendigen Investitionen in die Entwicklung und Einführung dieser Initiativen vorzunehmen. Damit wollen wir mittel- und langfristig unsere Ertragskraft und die Eigenfinanzierungsfähigkeit verbessern.

Lupa Systems als neuer Ankerinvestor konnte unter Ihrer Projektleitung aufgebaut werden. Wie oft treffen Sie sich mit James Murdoch?

Wir haben im Verwaltungsrat und seinen Ausschüssen einen engen Sitzungskalender und einen entsprechend intensiven Austausch zwischen dem Verwaltungsrat und dem Management. Wenn immer James Murdoch physisch in Basel anwesend ist, sehen wir uns auch zu einem persönlichen Gespräch.

«Wenn immer James Murdoch physisch in Basel anwesend ist, sehen wir uns auch zu einem persönlichen Gespräch.»
Beat Zwahlen, CEO MCH Group

Die Murdochs sind ein gigantisches Medienunternehmen. Welche Ideen hat der neue Partner für die zukünftige Präsent der MCH Group im Köcher?

Man muss betreffend “den Murdochs” präzisieren: James Murdoch hat 2019 mit der Gründung seiner Investment-Gesellschaft Lupa Systems einen eigenständigen Weg eingeschlagen, losgelöst und unabhängig vom Medienimperium seines Vaters. Lupa Systems ist für die MCH nicht allein einer der Ankeraktionäre, sondern auch ein strategischer Partner. Diesem Anspruch wird er mit seinem qualifizierten Team bestens gerecht. Mittels Einbringung innovativer Ideen, Erfahrungsaustausch und Unterstützung mit Spezialisten unterstützt Lupa Systems die Umsetzung unserer strategischen Initiativen ganz konkret. Nebst der Innovation sind die Internationalisierung und die Digitalisierung Eckpfeiler unserer Strategie. Mit dem internationalen Netzwerk und der Erfahrung in den Bereichen Medien und Digitalisierung leistet Lupa Systems auch dazu wertvolle Beiträge.

Sie konnten im vergangenen Jahr mehrere digitale Plattformen lancieren sowie digitale Events umsetzen. Gibt es bald nur noch hybride Messen, weil das die Besucher aus Sicherheitsgründen wollen?

Die Sicherheitsüberlegungen sind eher ein Nebeneffekt. Entscheidend ist, dass es uns die digitale Technologie erlaubt, unsere Reichweite und unser Leistungsangebot für die Kunden deutlich zu erweitern. Durch die Ergänzung der physischen Events mittels digitaler Produktionen und digital aufbereiteter Inhalte kann zusätzliches Publikum angesprochen werden. Ein Beispiel dafür ist das digitale Programm «Art Basel Live» der Art Basel. Durch die Einbindung unserer Produkte in eine umfassende digitale Plattform können wir Inhalte, Dienstleistungen bis hin zu Marktplätzen anbieten, was zu einer Diversifikation des Geschäftsmodells führt. Bei der Swissbau haben wir mit dem Aufbau des «Swissbau Innovation Lab» einen ersten Schritt in diese Richtung gemacht.

Können Unterdruckbelüftung und Luftfilter die Lösung bringen?

Bei physischen Events spielt natürlich die Sicherheit der Personen eine zentrale Rolle. Neben Sicherheitskonzepten wie aktuell die 3-G-Regel evaluieren wir stets auch technische Möglichkeiten, um unseren Kunden die derzeit besten verfügbaren Sicherheitslösungen bieten zu können. Dabei sind Belüftungskonzepte ein wichtiges Element.

«Belüftungssysteme sind ein wichtiges Sicherheitselement.»

«You Cannot Send a Handshake», heisst ein Sprichwort. Wo liegen die Grenzen der Digitalisierung und Virtualisierung?

Sie liegen genau da, wo das alte Sprichwort ansetzt. Wenn Sie die Art Basel in Basel besucht haben, dann konnten sie an den lachenden Gesichtern hinter den Schutzmasken erkennen, wie begeistert die Menschen waren, sich wieder physisch treffen und Kunstwerke in Realität erleben zu können. Den emotionalen zwischenmenschlichen Austausch und das Ansprechen der Sinne funktionieren nur live wirklich.

Die MCH Gruppe sieht sich immer mehr als Umsetzerin von komplexen Marketing-Aufgaben. Wird Sie in erster Linie zum Service-Unternehmen?

Wir haben uns eigentlich immer als Dienstleistungsunternehmen gesehen. Aber der Schwerpunkt der Dienstleistungen hat sich verschoben und wird sich weiter verschieben: vom Hallenbetreiber und Messeorganisator hin zum Produzenten und Vermittler von Inhalten und Dienstleistungsangeboten sowie zum Experience Marketing-Experten. Es ist tatsächlich so, dass unser ganzheitliches Experience Marketing-Angebot – von der Strategie über die Kreation bis zur Umsetzung – zunehmend an Bedeutung gewinnt. Und wir haben da trotz Corona auch in jüngerer Zeit zahlreiche eindrückliche Beispiele: mehrere Pavillons an der Expo Dubai, digitale Sales Events von Tik Tok in den USA oder die Lancierung von HBO Max in Lateinamerika.

Schweiz und die USA sind Ihre Hauptmärkte. Wie sehen die Planungen für die Art Basel Miami aus?

Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren und plangemäss. Die internationale Kunst-Community darf sich auf einen weiteres Highlight nach der Art Basel in Basel freuen. Ich darf noch ergänzen: Auch die Märkte in Asien und im mittleren Osten sind für uns sehr wichtig.

«Die Vorbereitungen für die Art Basel Miami laufen auf Hochtouren und plangemäss.»

Was bedeutet das Säbelrasseln Chinas für Ihren Messeplatz Hongkong?

Wir beobachten die Situation in Hongkong schon seit Jahren sehr aufmerksam und stehen auch in engem Kontakt mit den Behörden. Hongkong ist für uns nach wie vor der attraktivste Standort in Asien, und ein Weggang ist für uns im Moment kein Thema.

Mit welchen Gefühlen gehen Sie an die vom 23. bis am 27. November in Oerlikon stattfindende Berufsmesse Zürich?

Unser Salon des Métiers et de la Formation – das Westschweizer Pendant der Zürcher Berufsmesse, das vom 16. bis 21. November in Lausanne stattgefunden hat – verzeichnete mit einer Zunahme der Besucherzahl um rund 10% im Vergleich zu 2019 eine Rekordteilnahme. Ich bin deshalb auch für die Berufsmesse Zürich sehr zuversichtlich.

Für die 2023 fällig werdenden Refinanzierung der 100 Millionen CHF-Anleihe wird ein öffentliches Umtausch-Angebot in Erwägung gezogen. Wie könnte dieses aussehen?

Aufgrund der sich laufend ändernden Rahmenbedingungen arbeiten wir an verschiedenen Refinanzierungs-Optionen, die allerdings im Moment noch nicht spruchreif sind.

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