Christine Meyer, Geschäftsleiterin Brauerei St. Johann AG, im Interview

Christine Meyer

Christine Meyer, CEO Brauerei St. Johann AG. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Frau Meyer, fast 100 Jahre hat es gedauert, bis im Toggenburg wieder ein Bier für grösseres Publikum gebraut wurde. Welchen finanziellen Meilenstein müssen Sie als erstes schaffen, damit es läuft?

Christine Meyer: Mit der Brauerei Burth in Lichtensteig hatte das Toggenburg bis 1980 Jahre ein einheimisches Bier. Auf der alten Brautradition im Toggenburg können wir aufbauen. Als erstes gilt es das Bewusstsein für das wieder neu erhältliche Toggenburger Bier zu stärken.

Reicht die 10-Hektoliter-Brauereianlage dazu aus?

Mit unserer 10-Hektoliter-Anlage könnten wir aktuell die Kapazität verdoppeln. Daran arbeiten wir und jedem ist klar, dass eine Absatzsteigerung von 100 Prozent nicht von heute auf Morgen erreicht wird.

In Ebnat-Kappel im Restaurant Nestel gibt es ein reines Ausschankbier. Das sollte man der Vollständigkeit halber auch noch als Toggenburger Spezialität erwähnen. Es fällt auf, dass seit Jahren in der ganzen Schweiz immer mehr lokale Spezialbiere gebraut werden. Haben die Grossbrauereien aus den Zeiten des Zerfalls des Bierkartells nichts gelernt und produzieren weiterhin die langweilige Einheitssuppe garniert von ein wenig Spezial als Crouton?

Wir belassen unsere Biere unfiltriert und ohne Wärmebehandlung. Dies wirkt sich auf einen intensiven, naturbelassenen Geschmack aus – im Gegenzug aber auch auf die Lagerbedingungen und Haltbarkeit. Über Geschmack lässt sich streiten und je grösser die Vielfalt, desto eher findet jeder sein Lieblingsbier.

«Wir belassen unsere Biere unfiltriert und ohne Wärmebehandlung.»
Christine Meyer, CEO St. Johann Brauerei 

Sie machen natürlich eine Mischkalkulation. Das historische Brauereigasthaus „Mauer“ bringt auch Einnahmen, der Verleih von Gastromaterial auch noch. Wie sieht die Aufteilung aus?

In erster Linie sind wir eine Brauerei und verkaufen Bier. In unseren historischen Räumlichkeiten organisieren wir Anlässe für geschlossene Gesellschaften oder öffentlicher Natur und die Brauerei-Bar wird an fünf Tagen pro Woche betrieben.

Im Zwingli Bier sind neben Weizen auch Emmer und Dinkel vergoren. Wie passt das zusammen?

Emmer und Dinkel sind Getreidesorten, die es zu Zeiten Zwinglis bereits gab. Wir brauen das historische Bier mit alten Getreidesorten zu einem Urweizen-Bier mit besonders malziger Note.

Entspricht der Bier-Absatz jetzt Ihren Planungen?

Das Wichtigste ist, dass die Toggenburger ihr Toggenburger Bier kennen und trinken. Diese Bekanntheit erreichen wir nur langsam. Sobald wir eine solide Basis in der Region haben, wird sich dies automatisch auf den Absatz auswirken.

«Durch die kleine Anlage, die kurzen Wege und einfachen Strukturen können wir relativ schnell auf die Nachfrage reagieren.»

Wie schnell können Sie mit Ihrer kleinen Anlage überhaupt auf Nachfrageschwankungen reagieren?

Bier braucht Zeit. Vom Malz bis zur Abfüllung dauert die Spanne mindestens sechs Wochen. Durch die kleine Anlage, die kurzen Wege und einfachen Strukturen können wir relativ schnell auf die Nachfrage reagieren.

Könnten Sie auch schnell mal woanders brauen, wenn Not am Braumeister ist?

Alle unsere Biersorten werden nach hauseigenen Rezepten in Neu St. Johann gebraut. Bier ist keine „schnell mal“-Geschichte.

Das Jahrgangsbier von Ende 2016 aus Tessiner Maroni ist auf 328 Flaschen limitiert. Was kostet denn eine? Das von 2015 war mit 19 Franken ja so teuer wie Champagner…

Im Jahrgangsbier 2016 stecken neben ganz viel Handarbeit auch diverse Spezialmalze und einen Anteil Tessiner Marroni. Der Geschmack ist einzigartig rund und nussig. Die 75cl Flasche Jahrgangsbier kostet bei uns ab Rampe 29 Franken.

Ist das eher ein Werbegag, oder ziehen Sie das weiter durch?

Das meinen wir ernst.

«Die 75cl Flasche Jahrgangsbier kostet bei uns ab Rampe 29 Franken.»

Sie haben bereits in kurzer Zeit eine unglaubliche Zahl von spannenden Spezialbieren gebraut. Wie viele Leute arbeiten bei Ihnen für eine Bierkreation zusammen?

Idee, Rezept und Umsetzung liegen bei unserem Brauer. Bis der Kunde die Flasche dann zuhause geniessen kann, spielt ein Team von etlichen Personen mit.

Letztes Jahr war ein Kapitalschnitt nötig, um wieder auf die Beine zu kommen. Ihre Dividende zahlen Sie sinnvollerweise in Bier. Wie hoch wird die nächstens ausfallen und fällt sie unter die 0,5-Promille-Grenze?

Im Gegenteil – wir bewegen uns im Bereich der Prozente! Trinkt jemand am GV-Fest drei Stangen, hat er sich 25% Rendite ertrunken.

Zur Person:
Christine Meyer, geb. 1984, ist Gastgeberin der Brauerei St. Johann. Sie studierte Tourismus an der Höheren Fachschule für Tourismus Graubünden, arbeitete in der Eventbranche und leitet die Brauerei St. Johann seit dem 1. Januar 2015.

Zum Unternehmen:
Die Brauerei St. Johann AG ist eine kleine Spezialbierbrauerei im Toggenburg mit über 1000 Aktionären. Das Toggenburger Bier, gebraut aus frischem Toggenburger Wasser, ist in Flaschen für den Heimgebrauch, in 20 Liter Container für die Gastronomie oder im Offenausschank an der hauseigenen Brauerei-Bar erhältlich. Die Aktien der Brauerei werden otc gehandelt.

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