Christopher Tighe, General Manager Cisco Schweiz, im Interview

Christopher Tighe, Vorsitzender der Geschäftsführung von Cisco Schweiz (Bild: zVg, Moneycab)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Tighe, Sie sind seit über 27 Jahren bei Cisco, seit 2020 für das Schweizer Geschäft verantwortlich. Was waren in den letzten fünf Jahren die wichtigsten strategischen Änderungen oder Neuerungen, die Sie eingeführt haben, wie ist die Schweiz im internationalen Vergleich positioniert?

Christopher Tighe: Wir haben einige personelle Neuerungen im Team durchgeführt, zum Beispiel die neue Position des CTO für Cisco in der Schweiz geschaffen. Matthias Wick macht das fantastisch und dient den Schweizer Unternehmen quasi als Concierge beim Eintritt in die digitale Welt mit Cisco.

Daneben lagen unsere beiden Hauptschwerpunkte auf Künstlicher Intelligenz und Cybersecurity. In diesen Bereichen haben wir erheblich investiert – sowohl personell als auch in Aus- und Weiterbildung.

Für unsere Kunden in der Schweiz bedeutet das eine hervorragende Ausgangsposition, um diese zwei zentralen Themen erfolgreich anzugehen.

Cisco ist traditionell stark im indirekten Vertrieb verankert. Wie hat sich die prozentuale Verteilung zwischen Direktgeschäft und Partnergeschäft in der Schweiz in den letzten drei Jahren entwickelt, welche Schwerpunkte setzen Sie in der Weiterentwicklung des Partnergeschäftes?

Das Partnergeschäft war und bleibt Ciscos zentraler Vertriebsweg. Prozentual hat sich nichts geändert und der globale Wert von ca. 90 % des Vertriebs durch Partner gilt auch für die Schweiz. Dafür stehen wir in engem, kontinuierlichem Austausch mit unseren Partnern – direkt oder über unsere Distributionskanäle.

«Das Partnergeschäft war und bleibt Ciscos zentraler Vertriebsweg. Prozentual hat sich nichts geändert und der globale Wert von ca. 90 % des Vertriebs durch Partner gilt auch für die Schweiz.» Christopher Tighe, General Manager Cisco Schweiz

Wir wollen gemeinsam mit unseren Partnern am Puls des Marktes bleiben und uns fortlaufend zusammen weiterentwickeln. Das zeigt sich unter anderem in neuen Zertifizierungen, etwa im Bereich Künstliche Intelligenz, aber auch in klassischen Networking-Kompetenzen. Durch die kontinuierliche Innovation und Erweiterung unseres Portfolios bieten wir unseren Partnern die Möglichkeit, ihr Angebot stetig mit uns weiterzuentwickeln und ihre Kunden optimal zu bedienen.

Fest steht: Cisco war immer eine partnerzentrierte Firma und wird es auch bleiben.

Am 18. Juni findet in Zürich die Cisco Connect Switzerland statt. Was sind aus Ihrer Sicht die Highlights des Anlasses und wie relevant sind solche Anlässe noch in einer zunehmend digitalisierten Welt, in der alle Informationen mit einem Klick erreichbar sind?

Die Cisco Connect wird ein echtes digitales Leuchtfeuer für die Schweiz, das kann ich Ihnen garantieren. In unserer komplexen Welt brauchen wir alle Kanäle, um die richtigen Informationen für Digitalisierungs-Entscheidungen zu erhalten. Gerade auf grossen Events kommt man besser ins Gespräch mit Kollegen und Kolleginnen aus anderen Unternehmen und findet Perspektiven und Ansatzpunkte, die man bisher gar nicht auf dem Radar hatte. Wir haben das Programm rund um die drängendsten Digital-Themen gebaut: IT-Netzwerke, KI, Future of Work – da wird für jeden etwas dabei sein.

«Die Cisco Connect wird ein echtes digitales Leuchtfeuer für die Schweiz, das kann ich Ihnen garantieren.»

Ich freue mich besonders auf unseren globalen CIO, Fletcher Previn, der unsere Keynote halten wird. Das ist auch ein starkes Signal aus den USA, wie wichtig der Schweizer Markt für Cisco ist.

Zur Cisco Connect können Sie sich hier anmelden: https://cvent.me/B10N7W?RefId=slt

In einem sich wandelnden Markt verändern sich auch die Anforderungen an Partner. Welche messbaren Kriterien legen Sie bei der strategischen Auswahl und Förderung von Partnern an, insbesondere im Hinblick auf neue Technologiefelder wie KI und Cloud Security?

Wir schauen ganz genau auf die technologische Kompetenz und Spezialisierungen der Partner in den Bereichen KI und Cloud. Im Rahmen des Cisco 360 Partner Programms setzen wir bei der strategischen Auswahl und Förderung von Partnern auf vier zentrale, messbare Kriterien:

  1. Fundament: Investitionen in Managed Services und Lifecycle-Modelle, die auf nachhaltige Kundenbindung und -entwicklung abzielen.
  2. Fähigkeiten: Technische Qualifikationen und Spezialisierungen, insbesondere in zukunftsweisenden Bereichen wie KI, Cloud und Security.
  3. Performance: Fähigkeit, Kunden über den gesamten Lebenszyklus hinweg zu begleiten und auch Umsatzwachstum oder Erneuerungsraten.
  4. Engagement: Aktive Mitwirkung im Cisco-Ökosystem sowie die Fähigkeit, Kundenbedürfnisse zu verstehen und innovative Lösungen bereitzustellen.

Besonders im Hinblick auf neue Technologiefelder wie KI und Cloud Security fördern wir Partner, die sich durch kontinuierliche Weiterbildung und Spezialisierung auszeichnen. Hierzu investieren wir gezielt in Schulungsprogramme und Zertifizierungen, um sicherzustellen, dass unsere Partner den wachsenden Anforderungen des Marktes gerecht werden.

Cisco setzt, wie fast alle grossen Anbieter, auf Künstliche Intelligenz in den eigenen Produkten, zum Beispiel bei der Cisco AI Defense. Können Sie konkrete KI-Implementierungen bei Schweizer Kunden nennen und quantifizieren, wie sich der Einsatz von KI in den Projekten ausgewirkt hat?

Über konkrete Anwendungsfälle sollten unsere Kunden am besten selbst sprechen. Aber dort, wo wir gemeinsam an KI-Lösungen arbeiten, verbessern sich Experience und Effizienz sehr gut.

Was ich sagen kann ist, dass wir KI-basierte Funktionen in diversen Bereichen unseres eigenen Lösungsportfolios einsetzen.

«Ein Beispiel sind KI-Assistenten im Network Management, mit deren Hilfe unsere Kunden Change Aufträge 100 mal effizienter durchführen können als ohne diese KI Hilfsmittel.»

Ein Beispiel sind KI-Assistenten im Network Management, mit deren Hilfe unsere Kunden Change Aufträge 100 mal effizienter durchführen können als ohne diese KI Hilfsmittel. Dadurch kann in vielen Fällen die durch den Fachkräftemangel angespannte Situation in den Betriebsorganisationen von unseren Kunden entschärft werden.

Ein weiteres Beispiel in unseren Videokonferenzlösungen Webex sind Sprachintelligenzfunktionen wie Transkripting, Echtzeit-Übersetzung und Meetingzusammenfassung. Meetingprotokolle, die früher in Stunden erstellt wurden, sind dank KI-Assistenten innerhalb von Sekunden verfügbar. Ebenfalls KI-Modelle im Bereich Threat Detection oder Malware Protection verbessern wesentlich den Schutz unserer Kunden.

Der «Cisco AI Readiness»-Index fiel von 2023 zu 2024, das heisst, Unternehmen sind, entgegen der medialen Omnipräsenz von KI, weniger gut auf die Künstliche Intelligenz vorbereitet. Was sind die Gründe dafür und wie sieht die Situation in der Schweiz aus?

Das ist leider richtig. Die Schweiz ist bei der KI-Nutzung in den Unternehmen noch nicht da, wo wir sein sollten. Bisher nutzen Unternehmen KI vor allem für Produktivitätserhöhung, indem sie mit ChatGPT schneller recherchieren oder Bilder generieren. Das innovative Potenzial wird aber noch zu oft gar nicht gehoben. Oft ist das technisch noch gar nicht möglich, denn die IT-Infrastrukturen sind meistens noch nicht für KI ausgelegt.

Die Bedrohungslage im Cyberraum verschärft sich kontinuierlich. Welche Trends beobachtet Cisco Talos in der Schweiz hinsichtlich Angriffsarten, -häufigkeit und Schäden? Wie unterscheiden sich diese Daten von den globalen Trends?  

Cyberangreifer machen heute nicht an Ländergrenzen halt. Für die Schweiz gibt es daher keine spezifischen Angriffsarten, die sind überall auf der Welt gleich.

Im vergangenen Jahr wurden vor allem Identitäten über gestohlene Anmeldedaten, Sitzungs-IDs, API-Schlüssel oder digitale Zertifikate angegriffen. Solche identitätsbasierten Angriffe waren für 60 % der Incident Response (IR)-Fälle von Cisco Talos verantwortlich – also Cyberereignisse bei denen wir aktiv unterstützt haben. Im Zentrum steht hier überall auf der Welt weiterhin Ransomware – also Erpresser-Angriffe.

Der 2024 am häufigsten von Ransomware angegriffene Sektor waren Hochschulen, die aufgrund von Budgetbeschränkungen, Bürokratie und einer breiten Angriffsfläche oft wenig gut geschützt sind. Danach folgen öffentliche Verwaltung, Produktion und Gesundheitswesen.

Was bedeutet dies für die spezifischen Sicherheitsanforderungen Schweizer Unternehmen?

Für Schweizer Unternehmen gibt es fünf klare Empfehlungen, um das Risiko für Cyberangriffe erfolgreich zu senken.

Der Fachkräftemangel im IT-Bereich ist ein viel diskutiertes Thema. Wie viele offene Stellen gibt es allgemein in der Schweiz, welche Massnahmen ergreifen Sie, um diesem Mangel entgegenzuwirken?

Ja, der Fachkräftemangel in der IT ist ein echtes Problem für die Digitalanstrengungen in der Schweiz. Cisco unterstützt hier auf zwei Wegen. Mit unserem Networking Academy-Programm bieten wir kostenfreie IT-Bildung für jedermann in der Schweiz – egal auf welchem Level, egal ob allein am Handy oder als Gruppe mit Lehrkraft. In der Schweiz haben fast 20’000 Menschen diese IT-Bildungsangebot genutzt und Kurse belegt.

«Mit unserem Networking Academy-Programm bieten wir kostenfreie IT-Bildung für jedermann in der Schweiz – egal auf welchem Level, egal ob allein am Handy oder als Gruppe mit Lehrkraft.»

Gleichzeitig ist das Thema «Managed Services» immer stärker im Kommen. Dabei werden IT-Services wie das Konfigurieren einer IT-Infrastruktur für KI oder das Implementieren von neuen Cybersecurity-Policies ausgelagert und durch Partnerunternehmen erfüllt. Gerade kleinere Unternehmen nutzen diese Option gerne, da sie es schwer haben, die richtigen Fachkräfte zu finden.

Cisco expandiert kontinuierlich in neue Bereiche. Welche neuen Geschäftsfelder zeigen in der Schweiz das grösste Wachstumspotenzial, welche spezifischen Investitionen tätigen Sie in diesen Bereichen?

KI hat für Cisco weltweit ein sehr grosses Wachstumspotenzial – so auch in der Schweiz. Das wurde aber schon genug besprochen. Tatsächlich sind die eben genannten «Managed Services» im Allgemeinen eher unbekannt, aber für unsere Partner sehr wichtig in den Bereichen Security, Network as a Service  (NaaS) und Collaboration.

Cisco investiert seit Jahren auch in die Entwicklung von technischer Innovation hier in der Schweiz. So haben wir ein 50-köpfiges Entwicklungsteam in Lausanne, das unter anderem den globalen WiFi 7-Standard für Cisco mitentwickelt hat, der nun überall ausgerollt wird.

Welches sind Ihrer Einschätzung nach die wichtigsten technologischen Entwicklungen, die unser Leben in den kommenden Jahren massgeblich prägen werden? 

Na klar: KI. Das wird uns in den nächsten Jahren weiter enorm beschäftigen und vieles schon sehr schnell im Alltag der Menschen in der Schweiz verändern. Stichwort «KI-Agenten». Dafür brauchen wir allerdings die Unterstützung und Bereitschaft der Bevölkerung, sich auf die neuen Möglichkeiten einzulassen. Viel Klärungsbedarf gibt es noch bei den damit zusammenhängenden Energie- und Datenschutzfragen. Mittelfristig wird auch das Thema Quantencomputing enorm wichtig, vor allem im Bereich Rechenpower und Cybersecurity. Da erwarte ich die ersten grossen Änderungen aber erst in gut fünf Jahren.

Zum Schluss des Interviews haben Sie einen Wunsch frei. Wie sieht der aus?

Ich wünsche mir, dass wir die Stärken von Cisco und der Schweiz zusammenbringen. Cisco liefert hochgradig innovative KI-Möglichkeiten – die Schweiz hat die richtigen Experten und Expertinnen und ist bekannt für seine Neutralität: Lasst uns den Standort Schweiz zu einem «Safe AI Haven» machen.


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