Flurin Riedi, CEO / Tourismusdirektor Gstaad Saanenland Tourismus, im Interview

Flurin Riedi

Flurin Riedi, CEO / Tourismusdirektor Gstaad Saanenland Tourismus. (Copyright: Destination Gstaad | m e l l - by Melanie Uhkötter)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Riedi, die Wintersaison steht vor der Tür. Wie blicken Sie auf die Sommer- und die Herbstsaison 2025 zurück?

Flurin Riedi: Die Ferienregion Gstaad blickt auf eine äusserst erfolgreiche Sommer- und Herbstsaison 2025 zurück. Bis Ende September stiegen die Hotel-Logiernächte erfreulich im Vergleich zum Vorjahr. Die Schweizer Gäste legten rund drei Prozent zu, ebenso die Fernmärkte mit einem Plus von über sechs Prozent – allen voran die USA, während sich die europäischen Märkte weitererholten.

Ist das eine Momentaufnahme oder gehen Sie davon aus, dass das Sommergeschäft weiter an Bedeutung gewinnt?

Die Bedeutung der Sommersaison wird weiter zunehmen – nicht zuletzt aufgrund der klimatischen Veränderungen. Das Mittelmeer wird für viele zu heiss, während die Alpen mit angenehmen Temperaturen und vielfältigen Erholungsmöglichkeiten überzeugen. Wir erhalten zunehmend entsprechende Rückmeldungen von Reiseveranstaltern – und auch immer mehr Familien entscheiden sich bewusst dafür, den Sommer in den Bergen zu verbringen. Diese Entwicklung zeigt sich deutlich in den Übernachtungszahlen der Ferienwohnungen und Hotels in unserer Region.

«Die Bedeutung der Sommersaison wird weiter zunehmen – nicht zuletzt aufgrund der klimatischen Veränderungen.»
Flurin Riedi, CEO / Tourismusdirektor Gstaad Saanenland Tourismus

Die Bergbahnen Gstaad (Eggli/Videmanette, Wispile, Rinderberg/Horneggli und dem erweiterten Tarifverbund Wasserngrat, Sanetsch) haben sich im Sommer dem Magic Pass angeschlossen. Hat sich der Schritt bewährt?

Die Bergbahnen Gstaad ziehen eine erfreuliche Sommersaisonbilanz. Rund die Hälfte der lokalen Bevölkerung besitzt mittlerweile eine Saisonkarte, 40 Prozent der Magic-Pass-Gäste stammen aus der Region selbst. Die Ersteintritte konnten deutlich gesteigert werden mit konzentrierten Frequenzen an den Wochenenden. Nach einem mehrjährigen Rückgang von rund 26 Prozent bei den Ersteintritten (2019–2024) wurde in diesem Sommer eine klare Trendwende erreicht. Der Umsatz stieg um knapp eine Million Franken, insbesondere dank des Magic Pass.

Wie lief es bei Glacier 3000 und im nach dem Brand im Jahr 2022 wiedereröffneten Restaurant Botta und den beiden anderen Gastronomie-Betrieben?

Auch der Glacier 3000, Teil der Ferienregion Gstaad, vermeldet positive Zahlen: Besonders die Sommersaison zeigte eine starke Entwicklung und übertraf erstmals die Marke von 100’000 Gästen. Mit der Wiedereröffnung des Restaurants Botta sowie Investitionen in nachhaltige Energie und Mobilität stärkt Glacier 3000 seine Position als vielfältiges Ausflugsziel im alpinen Sommer- und Herbsttourismus und ist so ein wertvoller Leistungspartner in der Ferienregion Gstaad.

Entsprechend der steigenden Bedeutung muss sich die Region auch als vielfältiges Ausflugsziel präsentieren. Wo setzen Sie dabei die Schwerpunkte?

Unsere Ferienregion liegt eingebettet entlang der GoldenPass-Linie – im Herzen des Berner Oberlandes und unweit des Röstigrabens. Gstaad und seine umliegenden Täler blicken auf eine lange Tourismusgeschichte zurück: von der MOB über traditionsreiche Hotels bis hin zum Wintercampus von Le Rosey und dem alpinen Skitourismus. Im Sommer setzen wir unsere Schwerpunkte auf Wandern, Rennrad und Mountainbike sowie einen vielseitigen Event-Sommer. Im Winter steht der Skitourismus im Zentrum – bis hinauf zum Glacier 3000 auf 3000 Metern Höhe. Gleichzeitig bietet die Region ein reiches Non-Ski-Angebot, ideal für ein Multigenerationenpublikum. Wir positionieren uns klar als Genussdestination mit unserer Top Hotellerie, Kulinarik und mit dem zusammenhängenden Angebot.

Doch Gstaad ist mehr als die Promenade und das Luxusimage. Unsere Region lebt von ihren Tälern und Chaletdörfern – zum Beispiel vom Hochplateau Sparenmoos über Zweisimmen bis zum abgelegenen Abländschen, einem 30-Seelen-Dorf, erreichbar über Mittelberg. Es sind diese Orte, die einen Blumenstrauss an Geschichten bereithalten – und unsere Destination so einzigartig und spannend machen.

«Gstaad ist mehr als die Promenade und das Luxusimage. Unsere Region lebt von ihren Tälern und Chaletdörfern.»

Wie sieht die langfristige Strategie aus, um Ganzjahrestourismus zu fördern und die Abhängigkeit vom Wintergeschäft zu verringern?

Gemeinsam mit über 30 Leistungspartnern haben wir die Tourismusstrategie 2025–2029 für unsere Region erarbeitet. Sie bildet das Fundament für die kommenden Jahre und setzt klare Schwerpunkte – darunter der 4-Jahreszeiten-Tourismus. Besonders im Fokus stehen die Monate Januar, März, Juni sowie der Herbst mit September und Oktober. Diese Zeiträume gelten als ruhigere Phasen innerhalb der Hauptsaisons – und genau hier setzen wir gezielt neue Impulse.

Ein Beispiel: Im Juni war Gstaad Etappen- und Zielort der Tour de Suisse Women – ein starkes Zeichen für den Frühsommer. Im September begeisterte der Humani’Trail die Trailrunning-Community und legte den Grundstein für ein neues Runevent ab 2026. Mit solchen Formaten stärken wir die Nebensaison und schaffen Anschluss zur Hochsaison.

Wie sieht es im Herbst aus?

Wir fokussieren uns weiter auf den Ausbau des Angebots im Herbst und sehen in dieser Jahreszeit Potenzial, insbesondere im Binnentourismus. Die Nähe zur Romandie spielt uns dabei in die Karten, da dort die Herbstferien traditionell in den letzten Oktoberwochen liegen. Die verlängerte Öffnung der Bergbahn Wispile bis zum 9. November sowie die Busverbindungen zum Lauenensee und nach Abländschen bis Ende Oktober sind weitere Schritte, um den Herbst weiter zu stärken.

Unsere Strategie verfolgt seit Jahren das Ziel, den Bergsommer als starke Ergänzung zum Wintergeschäft zu positionieren – mit Erfolg: Inzwischen verzeichnen wir mehr Logiernächte im Sommer als im Winter. Der Magic Pass hat diesen Sommer zusätzlich neue Gäste gebracht und das Sommergeschäft gestärkt. Mit Events, Seen, Wanderwegen, Kulinarik und einem vielfältigen Unterkunftsangebot – von Parahotellerie bis zur Hotellerie – bietet die Region ein breites Spektrum.

«Unsere Strategie verfolgt seit Jahren das Ziel, den Bergsommer als starke Ergänzung zum Wintergeschäft zu positionieren – mit Erfolg: Inzwischen verzeichnen wir mehr Logiernächte im Sommer als im Winter.»

Gstaad Saanenland Tourismus ist eine internationale Destination. Wie bedeutend sind da Events wie das Beachvolleyball-Turnier, die Tennis Swiss Open oder das Menuhin Festival?

Die Top-Events in Gstaad – ob im Sommer oder Winter – spielen eine zentrale Rolle für die Positionierung und Erfolg unserer Destination. Veranstaltungen wie die Sommets Musicaux de Gstaad oder das Gstaad Menuhin Festival sind weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt und tragen wesentlich zur internationalen Wahrnehmung bei. Sie bilden das Fundament einer vielfältigen und erfolgreichen Eventlandschaft, die Gstaad als kulturell lebendige und ganzjährig attraktive Ferienregion etabliert.

Beim Swatch Beach Pro Gstaad 2025 spielten 64 Teams in 104 Matches vor 29’000 Fans – ein Fest des Beachvolleyballs mit historischem Auftritt der erfolgreichen Schweizer Frauenteams. Die 36. Country Night Gstaad zog 12’000 Gäste an und begeisterte mit Hailey Whitters, Scotty McCreery und Florian Fox. Das EFG Swiss Open Gstaad verzeichnete rund 40’000 Zuschauer:innen, mit einem hochklassigen Final und Sieger Alexander Bublik. Das Gstaad Menuhin Festival & Academy setzte mit über 27’800 Besuchenden einen neuen Rekord und feierte unter dem Motto «A Farewell and New Beginning» die Übergabe der künstlerischen Leitung von Christoph Müller an Star-Geiger Daniel Hope. Das Hublot Polo Gold Cup in Gstaad ist ein weiteres Highlight der Saison.

Sie bilden mit allen weiteren Events das vielfältigen Angebots der Destination für ein breites Zielpublikum.

Das Saanenland und speziell Gstaad ist weltbekannt für seine wohlhabenden Gäste, die «Reichen und Schönen», Luxushotellerie etc. Kommt da der kulturellen Identität des Saanenlands für den touristischen Erfolg eine besondere Rolle zu?

Wie gesagt, das Luxusimage von Gstaad ist nur eine Facette unserer Destination. Die andere Seite ist geprägt von authentischen Traditionen und einer lebendigen Landwirtschaft: 350 Bauernfamilien und rund 11’000 Kühe prägen das Saanenland und Zweisimmen und spielen – nicht nur für uns, sondern auch für den Tourismus – eine zentrale Rolle. Der Landwirt ist hier weit mehr als Produzent: Er ist auch Landschaftsgärtner.

Ebenso charakteristisch sind die intakten Dorfbilder, die den Charme und die Identität der Region bewahren. Diese einzigartige Verbindung macht unsere Positionierung aus. In wirtschaftlich und politisch turbulenten Zeiten bietet Gstaad eine heile Welt – ein Ort der Ruhe und Beständigkeit. Nicht umsonst sagte Julie Andrews, Ehrenbürgerin von Saanen: «Gstaad is the last paradise in a crazy world.»

Overtourism ist mittlerweile für jede erfolgreiche Tourismus-Destination ein Thema. Wie präsentiert sich die Situation für Sie?

Hotspots, wie sie in anderen bekannten Destinationen auftreten, kennen wir in Gstaad nicht. Dennoch setzen wir bewusst auf eine nachhaltige Qualitätsstrategie und Besucherlenkung, um langfristig ein ausgewogenes Gästeerlebnis zu sichern:

Diese strategische Ausrichtung trägt dazu bei, dass wir Wachstum bewusst steuern und die Attraktivität unserer Region langfristig sichern.

Viele Tourismus-Regionen kämpfen mit Fachkräftemangel – wie ist die Situation im Saanenland?

Auch bei uns ist der Fachkräftemangel ein zentrales Thema – doch wir begegnen ihm aktiv und partnerschaftlich. Gemeinsam mit dem Hotelierverein Gstaad Saanenland haben wir seit 2018 die Plattform Your Gstaad aufgebaut: eine Website für Jobs, Wohnangebote und Informationen für künftige Mitarbeitende. Zusätzlich wurde die Tourismus Akademie Gstaad ins Leben gerufen – mit praxisnahen Weiterbildungsangeboten für unsere Leistungspartner. Ziel ist es, die Betriebe zu stärken und die Attraktivität des Arbeitsstandorts zu erhöhen.

Die Standortförderung ist ein zentrales Thema, das wir gemeinsam mit den Gemeinden, Gewerbeverband und Hotellerie vorantreiben. Gute Fachkräfte, passende Unterkünfte und ein attraktives Umfeld für Mitarbeitende sind entscheidend – und genau daran arbeiten wir kontinuierlich.

Von Glacier 3000 abgesehen ist der Start in die Wintersaison für den 22. November geplant, wenn die Bergbahnen im Gebiet Saanenmöser–Saanersloch ihren Betrieb aufnehmen. Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die Saison?

Wir freuen uns auf die kommende Wintersaison. Es wird die erste Wintersaison mit dem Magic Pass. Die Feedbacks unserer Leistungspartner im Hinblick auf die Buchungszahlen sind bereits sehr positiv. Neue Angebote wie das Pop-Up Restaurant «Zuma» im Ultima Gstaad Hotel, zwei neue Ski-in, Ski-out XXL Fondue-Caquelons in Gsteig & Rinderberg oder auch unsere 291 GaultMillau- Punkte runden das vielfältige Angebot in der Skidestination ab. Wir freuen uns auf einen genussvollen, aktiven und inspirierenden Winter!

Über Gstaad Saanenland Tourismus
Gstaad Saanenland Tourismus als offizielle Destinationsmanagement-Organisation versteht sich heute als Tourismusentwickler und Lebensraum(mit)gestalter der Region. Sie setzt sich für die regionale Angebotsentwicklung ein, verantwortet das Destinationsmarketing und betreibt neben den acht Tourismusbüros in den Gemeinden Gsteig, Lauenen, Saanen und Zweisimmen auch diverse touristische Infrastrukturanlagen. Neben dem Support der Leistungsträger durch aktiven Austausch und Weitergabe von Fachkompetenz vernetzt Gstaad Saanenland Tourismus die verschiedenen Akteure entlang der touristischen Dienstleistungskette.

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