von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Fengler, EY hat Sie im Oktober als «Entrepreneur Of The Year» ausgezeichnet. Herzliche Gratulation dazu. Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung?
Martin Fengler: Die Auszeichnung als Entrepreneur Of The Year hat mich natürlich sehr gefreut – sie würdigt nicht nur meine persönliche Arbeit, sondern in erster Linie das Engagement des gesamten Meteomatics-Teams. Sie zeigt, dass wir mit unserer Vision, Wetterdaten präziser und zugänglicher zu machen, weltweit etwas bewegen.
Bei unserem letzten Interview 2014 haben Sie, angesprochen auf die besonderen Herausforderungen bei der Verarbeitung von Wetterdaten und der Entwicklung der Vorhersagesystemen gesagt: «Die Wettervorhersage ist nach wie vor ein sehr kniffliges, mathematisches Problem. Und das, obwohl die Grundgleichungen seit über 200 Jahren bekannt sind.» Stimmt die damalige Aussage immer noch?
Absolut. Die zugrundeliegenden physikalischen Gleichungen sind dieselben, aber die Herausforderung liegt nach wie vor in der enormen Komplexität der Atmosphäre und der genauen Beschreibung und Vorhersage der Phänomene, die dort stattfinden. Fortschritte in Rechenleistung, AI und Datenverfügbarkeit haben uns jedoch erlaubt, die Modelle auf ein neues Genauigkeitsniveau zu heben – auch mithilfe unserer eigens entwickelten «Meteodrones».
Aus dem damaligen Startup Meteomatics ist ein international tätiges, grosses Unternehmen geworden, das die Genauigkeit von Wettervorhersagen auf ein völlig neues Niveau gehoben hat. Wie blicken Sie auf die Entwicklung der letzten Jahre zurück?
Es ist beeindruckend zu sehen, wie aus einer Idee ein global agierendes Unternehmen geworden ist. Wir sind stolz, heute Kunden weltweit mit hochauflösenden Wetterdaten zu unterstützen – und gleichzeitig Innovationen wie unsere Meteodrones, das EURO1k-Modell und das US1k-Modell voranzutreiben.
Der nächste grosse Schritt wird die Entwicklung eines globalen Wettermodells mit einer räumlichen Auflösung von einem Kilometer sein – GLOBAL1k. Damit wollen wir die Genauigkeit und Verfügbarkeit präziser Wetterdaten auf die gesamte Welt ausweiten.
«Der nächste grosse Schritt wird die Entwicklung eines globalen Wettermodells mit einer räumlichen Auflösung von einem Kilometer sein – GLOBAL1k.»
Martin Fengler, CEO Meteomatics
Welche Arten von Daten fliessen in die Wettermodelle von Meteomatics ein?
Unsere Modelle integrieren eine Vielzahl von Datenquellen – von Satelliten- und Radardaten über Bodenstationen bis hin zu Messungen unserer eigenen Meteodrones. Diese Kombination ermöglicht eine aussergewöhnlich dichte und präzise Abbildung der Atmosphäre.
Die sogenannten Meteodrones von Meteomatics gelten als ein Alleinstellungsmerkmal. Was genau messen diese Drohnen, und in welchen Höhenbereichen fliegen sie?
Unsere Meteodrones messen Temperatur, Feuchtigkeit, Druck und Wind in bisher schwer zugänglichen Schichten der Atmosphäre – aktuell bis in Höhen von etwa 6 Kilometern. Diese Daten sind besonders wichtig für stabile und genaue lokale Prognosen. Perspektivisch wollen wir Drohnen entwickeln, die auf bis zu 10km Höhe aufsteigen können.
«Unsere Meteodrones schliessen eine entscheidende Datenlücke zwischen Boden- und Satellitenmessungen.»
Wie stark verbessern die von den Drohnen erfassten Daten die Genauigkeit der Prognosen?
Die von den Drohnen gelieferten Daten verbessern die Vorhersagequalität signifikant, insbesondere bei lokalen Wetterphänomenen wie Nebel, Gewittern oder Starkregen. Sie schliessen eine entscheidende Datenlücke zwischen Boden- und Satellitenmessungen.
Welche Einschränkungen beim Betrieb dieser Drohnenflotte gibt es?
Die wichtigste Einschränkung sind regulatorische Vorgaben – der Betrieb ist an Auflagen zur Flugsicherheit gebunden. Wir arbeiten eng mit Behörden zusammen, um den sicheren und effizienten Einsatz unserer Drohnenflotte weiter auszubauen.
Die von Meteodrones gesammelten Daten werden in die Berechnung des von Ihnen angesprochenen EURO1k-Wettermodells integriert, welches ein europaweites Wettermodell mit einer räumlichen Auflösung von einem Kilometer rechnet. Was ermöglicht dieses Modell?
EURO1k ist das europaweit erste hochauflösende Wettermodell mit einer räumlichen Auflösung von einem Kilometer. Es ermöglicht extrem präzise Vorhersagen auf lokaler Ebene und unterstützt Anwendungen in Energie, Mobilität, Landwirtschaft, Luftfahrt und Versicherungswesen. Die hohe Auflösung erlaubt es zum Beispiel, die Energieerzeugung von Solaranlagen wesentlich genauer abzuschätzen – das trägt erheblich zur Effizienz und Stabilität des Betriebs von Energieinfrastrukturen bei.
Können Sie uns die Unterschiede zu den gängigen globalen oder regionalen Modellen anderer Anbieter erläutern?
Globale Modelle arbeiten typischerweise mit Auflösungen von 9 bis 25 Kilometern. Unsere Modelle gehen viel tiefer ins Detail und liefern damit die entscheidende lokale Genauigkeit, die für operative Entscheidungen nötig ist. Zusätzlich werden unsere 1 Kilometer Modelle einmal pro Stunde gerechnet, im Vergleich dazu werden globale Modelle nur alle 6 Stunden neu gerechnet. Durch die stündliche Neuberechnung sind wir mit unseren Prognosen viel näher am tatsächlichen Wettergeschehen dran. Insbesondere in dynamischen oder kritischen Wettersituation bietet das einen enormen Mehrwert für unsere Kunden.
«Durch die stündliche Neuberechnung sind wir mit unseren Prognosen viel näher am tatsächlichen Wettergeschehen dran.»
Im laufenden Jahr haben Sie das hochauflösende Wettermodell auch für die USA eingeführt – wie sind die Reaktionen?
Die Reaktionen sind durchweg positiv. Besonders Energieversorger, die Luftfahrt und Logistikunternehmen sehen den Mehrwert der höheren Auflösung – die Nachfrage wächst stetig.
Welche Rolle spielen Ihre Daten konkret für die Versicherungsbranche – etwa bei der Bewertung von Risiken oder Schadenprognosen nach Unwettern?
Unsere Daten unterstützen Versicherer bei der Risikobewertung und Schadenprognose – etwa bei der Einschätzung von Sturm- oder Hagelereignissen. Damit tragen wir zu einer objektiveren und datengetriebenen Entscheidungsbasis bei.
Gibt es Kooperationen mit Versicherungen oder Rückversicherern, die Meteomatics-Daten direkt in ihre Modelle integrieren?
Ja, wir arbeiten mit mehreren Versicherern und Rückversicherern zusammen, die unsere Daten direkt in ihre Modelle integrieren. Ziel ist es, Risiken präziser zu quantifizieren und die Auswirkungen bereits eingetretener Extremwetter-Ereignissen besser zu verstehen.
