Martin Keller, CEO Fenaco, im Interview

Martin Keller

Martin Keller ist noch bis Ende Juni Vorsitzender der Fenaco-Geschäftsleitung. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Keller, Ende Juni übergeben Sie den Fenaco-Geschäftsleitungsvorsitz an Michael Feitknecht. Vergangene Woche haben Sie an der Bilanzmedienkonferenz zum letzten Mal die Fenaco-Jahreszahlen präsentiert. War etwas Wehmut dabei?

Martin Keller: Natürlich, ich blicke auf erfüllende und prägende Jahre in einem wunderbaren Unternehmen zurück. Vor allem aber übergebe ich den Vorsitz der Geschäftsleitung der fenaco mit viel Zuversicht und Freude an meinen Nachfolger Michael Feitknecht. Er ist eine Idealbesetzung und ich bin sicher, dass er das Unternehmen erfolgreich weiterentwickeln wird.

Sie haben bei Ihrer Rücktrittsankündigung gesagt, jedem Unternehmen tue es gut, wenn es von Zeit zu Zeit eine neue Leitung und damit neue Impulse erhalte. Das haben sich offensichtlich auch IT-Leiter Michael Buser und Agrar-Leiter Heinz Mollet gesagt, die beide frühzeitig in Pension gehen. Ist das nicht etwas viel Erfahrungsverlust aufs Mal?

Diese beiden Kollegen haben die Fenaco viele Jahre erfolgreich geprägt. Gleichzeitig haben wir in der Geschäftsleitung eine gute Balance zwischen neuen und bewährten Kräften. Die Fenaco setzt auf langfristig geplante Nachfolgelösungen. Mit Markus Hämmerli als zukünftiger Leiter Agrar und Jürg Friedli als Leiter Pflanzenbau haben wir die Nachfolge in der Division Agrar bereits vor einem Jahr geregelt. Wir steuern auf eine nahtlose Übergabe zu. Auch bei der IT haben wir mit dem langjährigen Bison-Chef Florian Bernauer das Knowhow abgesichert.

Im Geschäftsjahr 2024 hat Fenaco mit 7,28 Mrd. Franken 3,3 Prozent weniger Umsatz gemacht als im Vorjahr und dabei ein stabiles Unternehmensergebnis von 97 Mio. Franken erreicht. Wie ordnen Sie das Resultat ein?

Wir blicken auf ein stabiles Geschäftsjahr in einem anspruchsvollen Umfeld zurück. 2024 brachte wie erwartet keine Entspannung der wirtschaftlichen Gesamtsituation mit sich. Zahlreiche geopolitische Krisenherde sorgten für volatile und unsichere Märkte. Die Konsumentenstimmung blieb gedrückt, der Kostendruck hoch. Auch die widrigen Witterungsbedingungen beeinflussten unseren Geschäftsverlauf negativ. Gleichzeitig erwiesen sich unsere Geschäftsmodelle einmal mehr als krisenresistent. Wir durften auf eine treue Stammkundschaft zählen und neue Kundinnen und Kunden dazugewinnen. Das ist positiv.

Fenaco konnte den Gewinn trotz dem Umsatzrückgang mit geringeren Kosten auffangen. In welchen Bereichen bleibt der Kostendruck dennoch hoch?

Kostentreiber waren und sind die Bereiche Personal, Energie und Logistik. Hinzu kamen höhere Beschaffungskosten in der Lebensmittelindustrie und langfristige IT-Projekte zur Digitalisierung unserer Geschäftsprozesse und Geschäftsmodelle. Eine Entspannung zeichnet sich zurzeit bei der Energie ab.

Einmal mehr fielen die Erträge im Pflanzenbau bei vielen Kulturen unterdurchschnittlich aus. Mal ist es zu heiss, dann wieder zu nass, dann kommen Extremwetterereignisse wie Hagel dazu. Inwiefern können sich Ackerbau und Obstanbau an das sich verändernde Klima anpassen?

Es braucht eine Vielzahl von Massnahmen. Besonders viel Potenzial hat meines Erachtens die Züchtung neuer, robuster Sorten. Die Chancen, die sich aus neuen Technologien wie CRISPR/Cas ergeben, muss die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft unbedingt nützen können. Durch diese präzisen gentechnologischen Verfahren, die auf arteigene Gene setzen, also natürliche Prozesse imitieren, lässt sich der Züchtungsprozess massgeblich beschleunigen. Ich hoffe, die Schweiz kann sich zu einer zeitgemässen Gesetzgebung durchringen. Auch die Bedeutung eines wirksamen Wassermanagements und die Förderung der Bodengesundheit wird im Hinblick auf den Klimawandel zunehmen. Wir engagieren uns mit verschiedenen Forschungskooperationen in diesen Themenfeldern, etwa mit der ETH Zürich, Agroscope, dem FiBL oder der BFH-HAFL.

«Die Chancen, die sich aus neuen Technologien wie CRISPR/Cas ergeben, muss die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft unbedingt nützen können.»
Martin Keller, CEO Fenaco

Der Ukraine-Krieg, Donald Trumps Handelspolitik – Unsicherheit und Dynamik prägen das wirtschaftliche Umfeld. Wie stark ist Fenaco betroffen, zum Beispiel im Energiebereich oder auch beim Import von Waren für die Landi-Läden?

Die Fenaco exportiert keine Güter in die USA und importiert so gut wie keine Güter aus den USA. Wir sind daher nicht direkt von der US-Handelspolitik betroffen. Indirekt spüren wir die Auswirkungen dennoch. Die Unvorhersehbarkeit politischer Entscheidungen in den USA führt zu Verunsicherungen auf den internationalen Märkten, was die ohnehin hohe Preisvolatilität verstärkt – nicht nur in der Warenbeschaffung, sondern auch in der Logistik. Die Konsumentenstimmung bleibt gedrückt.

Wenn wir bei den Landi bleiben: Am Hauptsitz in Dotzigen wurde die erste Bauetappe abgeschlossen. Die Nachbargemeinde Büetigen hat einer Einzonung von zusätzlichen 1,5 Hektaren Land zur Überbauung zugestimmt. Was sehen die Ausbaupläne vor?

Die rund 270 LANDI-Läden schweizweit haben sich in den letzten Jahren positiv entwickelt. Um sie weiterhin zuverlässig mit Ware zu versorgen, müssen wir unsere Kapazitäten erweitern. Wir betreiben zwei Logistikstandorte, einen im bernischen Dotzigen und einen im süddeutschen Lahr. In Dotzigen wollen wir nicht nur für die Logistik bauen, sondern auch unser Servicecenter erneuern. Wir reparieren dort zum Beispiel jedes Jahr über 9000 Velos. Nach langwierigen Verfahren sind wir froh, dass es nun vorwärts geht und wir den Standort fit für die Zukunft machen können. Wir wollen in dieser ländlich geprägten Region weiterhin eine starke Arbeitgeberin sein.

«Die rund 270 LANDI Läden schweizweit haben sich in den letzten Jahren positiv entwickelt. Um sie weiterhin zuverlässig mit Ware zu versorgen, müssen wir unsere Kapazitäten erweitern.»

Im Energiebereich spielt auch die Elektromobilität eine immer grössere Rolle. Agrola hat zusammen mit den Landi das Netz an Schnellladestationen auf 33 Standorte erweitert. Zusätzlichen Schub soll das Joint Venture «PowerUp» zusammen mit der Post leisten. Wie sehen die diesbezüglichen Pläne aus?

Bis 2030 wollen wir schweizweit ein Netz von 300 Schnelllade-Standorten anbieten, je 150 seitens Fenaco-LANDI Gruppe und seitens Post. PowerUp setzt zu 100 Prozent auf Schweizer Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Elektromobilität funktioniert nur, wenn gleichzeitig eine stabile Energieversorgung sichergestellt ist. Darum spielen beim Konzept von PowerUp auch unsere AGROLA Microgrids eine entscheidende Rolle. Bei diesen lokalen Energiesystemen kommen intelligente Batteriespeicher zum Einsatz, die überschüssige Solarenergie zwischenspeichern, bis sie benötigt wird. AGROLA hat hierfür eine innovative Lösung entwickelt, die sich bereits an verschiedenen Standorten bewährt hat und die wir weiter ausrollen wollen. Mit den AGROLA Microgrids lassen sich der Eigenverbrauch einer Solaranlage optimieren und teure Lastspitzen glätten.

Fenaco ist in ihrer Amtszeit stark gewachsen, stösst nun aber an Wachstumsgrenzen. Welche Entwicklungsperspektiven sehen Sie?

Die Fenaco ist kein umsatzgetriebenes Unternehmen. Und dennoch sind unsere Grösse und die damit verbundenen Skaleneffekte wichtig – um uns am Markt zu behaupten, um unseren Genossenschaftszweck zu erfüllen und auch um unsere Kosten im Griff zu haben. Es wird in den kommenden Jahren darum gehen, strukturell rückläufige Geschäftsbereiche wie zum Beispiel die fossilen Energien zu kompensieren, damit wir langfristig erfolgreich bleiben. Hierauf wird mein Nachfolger Michael Feitknecht zusammen mit dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung ein besonderes Augenmerk legen. Details werden jeweils kommuniziert, wenn entsprechende Projekte spruchreif sind.

«Es wird in den kommenden Jahren darum gehen, strukturell rückläufige Geschäftsbereiche wie zum Beispiel die fossilen Energien zu kompensieren, damit wir langfristig erfolgreich bleiben.»

Welche Bilanz ziehen Sie nach 15 Jahren bei Fenaco, davon 13 Jahre als Vorsitzender der Geschäftsleitung?

Die Fenaco hat sich stark entwickelt. Der Nettoerlös wuchs von unter CHF 6 Mrd. auf über CHF 7 Mrd. Das Betriebsergebnis entwickelte sich parallel. Die Eigenkapitalquote stieg markant von gut 40 auf über 65 Prozent. Gleichzeitig haben wir unsere Energieeffizienz um über 20 Prozent gesteigert und den CO2-Ausstoss um etwa 30 Prozent reduziert. Wir haben mehr als 2000 Arbeitsplätze geschaffen, neue Geschäftsbereiche aufgebaut, in die Innovation investiert und den Schritt ins Ausland gewagt. Bei all dem haben wir unseren Zweckauftrag nie aus den Augen verloren: die Landwirtinnen und Landwirte bei der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Unternehmen zu unterstützen. Am meisten in Erinnerung bleiben wird mir jedoch das Engagement und Commitment der Mitarbeitenden, das überall im Unternehmen spürbar ist, und der wertschätzende Umgang miteinander.

Was bringt Ihre berufliche Zukunft?

Ich wechsle auf die strategische Führungsebene ausserhalb der Fenaco-LANDI Gruppe. Bereits seit Juni 2024 bin ich Verwaltungsratsmitglied der Securitas Gruppe. Ab Juli 2025 nehme ich Einsitz in den Gesellschafterausschuss des Agrartechnikunternehmens CLAAS. Per April 2026 bin ich nominiert als Verwaltungsratsmitglied von BKW. Zudem bin ich im Gespräch für ein bis zwei weitere Mandate.

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