von Robert Jakob
Moneycab: Herr Huenerwadel, die Gruppe erzielte im ersten Halbjahr ein operatives Ergebnis von 32,7 Millionen (+162%) Euro. Der Reingewinn stieg gar um 229% auf 23,5 Millionen Euro. Das heisst, Zehnder ist auch entsprechend schlank unterwegs?
Matthias Huenerwadel: Im Übergangsjahr 2024 haben wir unsere Hausaufgaben gemacht und Strukturen und Kosten angepasst. Der im ersten Halbjahr 2025 zunehmende Umsatz hat vor diesem Hintergrund unser Ergebnis überproportional steigen lassen. Zudem ist der Anteil des höhermargigen Lüftungssegments am Gesamtumsatz von 59% auf 66% gestiegen, was diesen Effekt zusätzlich untermauert. Besonders deutlich stieg das EBIT im Lüftungssegment in Europa und Nordamerika.
Kommt jetzt eine kurze Phase des Lagerabbaus in den USA?
Wir haben im ersten Halbjahr 2025 einen Lageraufbaueffekt in Nordamerika gesehen. Dies geschah, aufgrund der angekündigten Import-Zölle in den USA. Ein solcher Effekt wird in der Form nicht mehr wiederkehren. Hinzu kommt, dass Kunden im zweiten Halbjahr grundsätzlich ihr Lager auf Jahresende optimieren.
«Wir sehen vermehrt Anzeichen, die auf eine Abschwächung im amerikanischen Häusermarkt im zweiten Halbjahr 2025 hindeuten.»
Matthias Huenerwadel, CEO Zehnder Group
Ich nehme nicht an, dass Ihnen Zölle nach dem Lagerabbau dort den Stückabsatz verhauen werden…
Die direkten Auswirkungen der Zölle in Nordamerika waren bislang gering, dank unseren lokalen Produktionsstandorten in Kanada und den USA, die uns erlauben, vor Ort zu produzieren. Dennoch sehen wir vermehrt Anzeichen, die auf eine Abschwächung im amerikanischen Häusermarkt im zweiten Halbjahr 2025 hindeuten.
Der Umsatz in der Region Asien-Pazifik ging um acht Prozent auf 10,9 Millionen Euro (Vorjahr: 11,8 Millionen) zurück. Schuld daran ist China. Wird die Immobilienkrise dort zur never ending story?
Die chinesischen Bauaktivitäten sind aufgrund der dortigen Immobilienkrise weiterhin tief. Hiervon sind sowohl das Lüftungs- als auch das Heizkörpersegment betroffen. Wir haben auf diese Entwicklung reagiert und die Heizkörperproduktion in China ausgelagert und die Strukturen angepasst. Es wird sicherlich noch eine Weile dauern, bis sich der dortige Immobilienmarkt erholt hat.
Die Übernahme der kanadischen Airia vor rund drei Jahren hat sich sehr bezahlt gemacht. Hat die Eiszeit zwischen den USA und Kanada Einfluss auf das Geschäft?
Durch die Akquisition des kanadischen Lüftungsanbieters Airia haben wir den nordamerikanischen Lüftungsmarkt in den Fokus genommen. In Kanada liegt die Penetrationsrate bei Innenraumlüftungen für Neubauten bei 100%. Wir wollen unsere dortige Kompetenz nutzen, um den US-amerikanischen Markt verstärkt zu bearbeiten. Hier herrscht ein grosses mittelfristiges Potenzial und auch ein steigendes Bewusstsein für ein gesundes Raumklima. Unserer Produktionsstätten in den USA und Kanada geben uns Spielraum. Bei Bedarf können wir die Produktion anpassen, da wir in beiden Ländern vertreten sind. Unser Ansatz lautet: Wir produzieren lokal für den lokalen Markt.
«In Kanada liegt die Penetrationsrate bei Innenraumlüftungen für Neubauten bei 100%. Wir wollen unsere dortige Kompetenz nutzen, um den US-amerikanischen Markt verstärkt zu bearbeiten.»
Mittlerweile macht das Lüftungssegment bei Zehnder schon zwei Drittel des Gesamtumsatzes aus. Gilt bei Heizkörperkunden oft die Devise «Geiz ist geil»?
Wir führen unsere Transformation zur international führenden Anbieterin für Innenraumklimasysteme konsequent weiter. Der steigende Anteil des Lüftungssegments belegt diese Entwicklung eindrücklich. Im Heizkörpersegment in Europa sehen wir tatsächlich, dass sich Kunden in letzter Zeit, aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten, zunehmend für preisgünstigere Heizkörpermodelle entschieden haben. Im nordamerikanischen Markt bot sich im ersten Halbjahr ein komplett anderes Bild: Hier konnten wir wieder mehr hochpreisige Heizkörper verkaufen.
Trotz der Akquisition von Siber im Sommer letzten Jahres liegt Ihre EKQ noch über 50 Prozent. Sind Sie weiterhin bereit für opportunistische Akquisitionen?
Es ist unser Ziel, den Weg zur führenden Anbieterin für Raumklimalösungen mit Fokus auf Innenraumklimasystemen weiter zu verfolgen. Dabei möchten wir sowohl organisch als auch durch passende Add-on-Akquisitionen wachsen. Hierzu haben wir den notwendigen finanziellen Spielraum.
Die Siber-Akquisition im heissen Spanien hat sich für Kunden bei der immer schlimmeren mediterranen Hitze gelohnt. Wieviel sind griechische, iberische oder italienische Hausbesitzer bereit, für eine integrierte Kühlung/Lüftung auszugeben?
Unser Wohlbefinden hängt direkt mit einer guten Raumluftqualität zusammen. Ein weiterer wichtiger Faktor hierbei ist das Thema Kühlen. Dieser Aspekt wird von Bauherren und Architekten immer mehr erkannt und gewinnt auch in allen geografischen Breiten immer mehr an Bedeutung. Entsprechend sind unsere Kunden auch bereit, für entsprechende Systeme, die diese Aspekte rund um gesunde Raumluftqualität abdecken, Geld auszugeben.
«Das Thema Kühlen wird von Bauherren und Architekten immer mehr erkannt und gewinnt auch in allen geografischen Breiten immer mehr an Bedeutung.»
Mit dem neuen ComfoConnect PRO bietet Zehnder eine Schnittstelle von Lüftungsgeräten in SmartHome- und Gebäudeautomationssystemen an. Welche Wachstumserwartungen haben Sie für dieses integrierende Produkt?
Unser ComfoConnect PRO ist ein Steuerungselement für Komfort-Lüftungsgeräts. Es kann per Zehnder ComfoControl App bedient und in Smarthome-Systeme eingebunden werden. Das Thema Konnektivität und Automation wird für das Innenraumklimasystem und auch für uns eine zunehmend wichtigere Rolle spielen.
In Deutschland sind die Neubaugesuche weiter am Dümpeln. Was läuft da falsch?
Trotz bisher leicht gestiegener Baubewilligungen in Deutschland erwarten wir dort für das zweite Halbjahr 2025 weiterhin eine eher tiefere Neubauaktivität. Relevante Auswirkungen werden aufgrund unseres spätzyklischen Geschäftes nicht vor Ende 2026 zu erwarten sein. Grundsätzlich gehen wir in dem von der deutschen Bundesregierung beschlossenen Konjunkturpaket und dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität mittelfristig von positiven Impulsen für die dortige Bauwirtschaft aus.