Patrick Villiger, CEO Aluminium Laufen AG, im Interview

Patrick Villiger

Patrick Villiger, CEO Aluminium Laufen AG. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Villiger, der schöne letztjährige Gewinn wäre fast zu einem Verlust geworden. Eine Havarie in der Bolzengiesserei führte zu einem Produktionsunterbruch von sechs Wochen und einem Ertragsausfall von drei Millionen. Wohl dem der eine Versicherung hat…

Patrick Villiger: Unser Risikomanagement hat sich ausbezahlt, und wir trugen keinen finanziellen Schaden durch diese Havarie. Auch gegenüber den Kunden blieb dieser Vorfall unbemerkt, und die Lieferbereitschaft konnte stets aufrechterhalten bleiben. Aber keine Versicherung schützt vor allfälligen Personenschäden. Daher sind wir vor allem dankbar, dass der verunfallte Mitarbeitende auf dem Weg der Besserung ist.

Führen solch’ unerwartete Grossschäden unmittelbar zu höheren Prämien? Was lernt man aus so einer Havarie?

Natürlich führen solche Schäden zu höheren Versicherungsprämien, das ist das Geschäftsmodell der Versicherungen. Das Ereignis wird uns jedoch helfen, ähnliche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden. Wir haben als Organisation unsere Lehren daraus gezogen und werden diese auch auf andere Bereiche übertragen. Wo nötig werden die Pläne der Mitarbeiterschulung und die Notfallorganisation adaptiert. Hierbei ist es sehr hilfreich, dass wir als KMU flexibel, agil und unsere Entscheidungswege kurz sind.

«Wer sich in der kompetitivsten aller Branchen behaupten kann, der ist wettbewerbsfähig.»
Patrick Villiger, CEO Aluminium Laufen AG

Während sich die Automobilbranche stetig entwickelt, geht es mit der Baubranche wegen der dramatischen Wende bei den Hypotheken abwärts. Was bedeutet das für die Aluminium Laufen AG?

Wir spüren die Entwicklung in der Baubranche bei den Auftragseingängen. Die Baubranche wie auch die Automobilbranchen sind zyklische Branchen, und auch im Automobilbereich kann man bereits erste Wolken am Horizont ausmachen. Die Fahrzeugmodelle werden teurer, für den Konsumenten stellt sich die Frage: «Kann ich mir das gewünschte Auto leisten oder muss ich noch warten und weiter sparen?». Hinzu kommen die technologischen Fortschritte. Kaufe ich heute ein Auto mit 400 km Reichweite oder Morgen eines mit 600 km oder warte ich auf einen Antrieb mit Wasserstoff. Auch werden die Elektroautos mehrheitlich in Asien und nicht in Europa produziert. All dies wirkt sich auf die Nachfrage kurz- bis mittelfristig aus.

Wir rechnen daher mit einer rückläufigen Nachfrage aus der Automobilindustrie und wir bereiten uns entsprechend darauf vor. Jedoch bleibt die harte Automobilbranche für uns weiterhin wichtig, da sie für uns ein Gradmesser ist, ob wir als Unternehmen die richtigen Angebote und technologischen Fähigkeiten haben oder nicht. Denn wer sich in der kompetitivsten Branche aller Branchen behaupten kann, der ist wettbewerbsfähig.

Inzwischen macht kein Kunde mehr als zehn Prozent des Jahresumsatzes in der Giesserei aus. Macht das den Geschäftsgang weniger schwankungsanfällig? Wie ist das Klumpenrisiko beim Strangpressen?

Nein, das macht den Geschäftsgang nicht weniger schwankungsanfällig, aber das Klumpenrisiko ist stark reduziert worden und auf mehrere Kunden aufgeteilt. Das gilt für den Bereich Guss wie auch für das Strangpresswerk. Die Basis unserer Kunden in beiden Bereichen ist breit gefächert, sowohl vom Volumen her wie auch von den unterschiedlichen Branchen und den Standorten in ganz Europa. Dies gilt es weiter zu verstärken.

«Die Basis unserer Kunden ist breit gefächert, sowohl vom Volumen her wie auch von den unterschiedlichen Branchen und den Standorten in ganz Europa. Dies gilt es weiter zu verstärken.»

Aus dem Jahresbericht lässt sich ableiten, dass Sie die steigenden Metallpreise erfreulicherweise vollumfänglich an die Kunden weitergeben konnten…

Die Entwicklung der Metallpreise wird an unsere Kunden stets weitergeben – wenn sie steigen und wenn sie sinken, auch da sind wir sehr transparent.

Wie läuft es bei der Liquidation der tunesischen Tochtergesellschaft?

Der Prozess geht wie vorgesehen voran.

Aluminium ist sowohl in der Gewinnung als auch in der Verarbeitung sehr stromintensiv. Welche Gefahren erwachsen daraus?

Die Frage sollte eher lauten, «welche Chancen entstehen dadurch?». Es ist richtig, dass bei der Herstellung von Aluminium viel Energie benötigt wird. Diese Energie geht aber nicht verloren, sondern wird im Material Aluminium gespeichert und kann über eine chemische Reaktion wieder zurückgewonnen werden. Die HSR, Hochschule für Technik Rapperswil, forscht beispielsweise derzeit an einem Energiespeicherzyklus auf der Basis von Aluminium, um im Sommer hergestellten Strom zu speichern, um im Winter daraus Wärme und Strom zu erzeugen. Kurz gesagt: Sie können Ihr Haus mit Aluminium heizen – dies ist innovativ.

Weiter kann Aluminium unendlich oft recycelt werden, ohne Qualitätseinbussen. Diese Eigenschaft haben nur wenige Werkstoffe. Seit 2002 betreiben wir ein eigenes Recycling-Center in Liesberg und schmelzen die Aluminium-Produktionsabfälle und Abfälle der Kunden gleich wieder vor Ort ein. So können wir auch sehr flexibel auf verschiedene Legierungsanforderungen reagieren. Das Stichwort «Kreislaufwirtschaft» wird in den kommenden Jahren noch grössere Bedeutung erhalten, da bin ich mir sicher.

«Die Hochschule für Technik Rapperswil forscht derzeit an einem Energiespeicherzyklus auf der Basis von Aluminium, um im Sommer hergestellten Strom zu speichern, um im Winter daraus Wärme und Strom zu erzeugen.»

Trotzdem: Wie sichern Sie sich gegen hohe Stromkosten ab?

Wir fahren eine mehrgleisige Strategie: Einerseits kaufen wir Strom an der Börse jeweils weit im Voraus ein und können dadurch die Entwicklung der Stromkosten zu einem gewissen Grad glätten. Daher sind unsere Kunden gefeit von grösseren Preisschwankungen. Andererseits errichten wir dieses Jahr eine Photovoltaik-Anlage auf unseren Gebäuden. So werden wir auf einer Fläche von rund 11000 Quadratmetern, also rund anderthalb Fussballfelder gross, unsere erste Solarstrom-Anlage in Betrieb nehmen. Mit dieser Anlage reduzieren wir teilweise unsere Stromkosten. Und wir sparen, wo immer möglich Strom generell ein und nutzen die Abwärme der Produktion, um Strom beim Heizen einzusparen.

«Rekrutierungsschwierigkeiten führen punktuell auch dazu, dass Aufträge abgelehnt werden müssen.» Ich zitiere Sie wörtlich. Ist der weltweite Engpass an Fachpersonal wirklich so gravierend?

Noch schaffen wir es, unserer offenen Stellen mit gut ausgebildeten Mitarbeitenden zu besetzen. Es ist heute aber klar aufwändiger und braucht mehr Zeit als früher. Daher legen wir grossen Wert darauf, auch in Zukunft ein attraktiver Arbeitgeber zu sein und bieten unseren Mitarbeitenden beispielsweise Weiterbildungsmöglichkeiten, Fachkarrieren, Arbeitswegentschädigung, kostenlose Parkplätze – was heute nicht mehr selbstverständlich ist – und Mitgestaltungsmöglichkeiten, um nur einige zu nennen.

Im Sektor Profil nahm der Bestelleingang 2022 ab, beim kleineren Sektor Guss zu. Jetzt hat sich Letzterer leider auch leicht abgeschwächt. Was braucht es für eine Trendumkehr?

Die Situation im Guss ist nach wie vor gut, aber auch hier zeigt sich eine gewisse Abschwächung. Was es für eine Trendumkehr braucht? Gute Frage. In erster Linie benötigt es eine positive makroökonomische Entwicklung. Es benötigt das Vertrauen der Konsumente in die Zukunft, damit sie ihre Umbauprojekte realisieren oder ein neues Auto kaufen, um nur zwei Branchen anzusprechen. Ein positiver Impuls wäre beispielsweise, wenn sich die Teuerung dank der Politik der Nationalbanken stabilisiert beziehungsweise die Zinsen wieder sinken. Die Aluminium Laufen hat zwei sehr gute und intensive Jahre hinter sich. Wir nutzen die etwas ruhigere Zeit jetzt für die Weiterentwicklung und Optimierung unserer Prozesse und Anlagen, und einige unserer Mitarbeitenden nutzen die Zeit, um sich beruflich weiterzubilden und neue Fähigkeiten zu erlernen. Damit sind wir bereit, wenn der nächste Aufschwung wieder einsetzt.

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