Paul Philipp Hug, CEO Bäckerei Hug

Paul-Philipp Hug

Paul Philipp Hug, CEO Bäckerei Hug. (Foto: Hug)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Hug, zwischen Backkonzernen wie Aryzta und dem braven Handwerksbetrieb an der Strassenecke: Wo positionieren Sie da Ihre eigene Bäckerei?

Paul Philipp Hug: Wir sind für die grossen unserer Branche ein seriöser Partner für die Produktion von Kleinmengen oder Produkte, deren Komplexität für industrielle Produktionen zu hoch ist. Gegenüber dem Handwerksbetrieb sind wir durch unsere Grösse in der Regel professioneller. Wir verfügen über die höhere Lebensmittelsicherheit, wir backen effizienter und wir haben überlegene Prozesse und Systeme.

Sie beliefern ja vor allem die Grossbäckereien. Wie gefährlich ist diese Gratwanderung?

Wir beliefern unter anderem die Industrie, das ist richtig. Diese macht aber nur einen Teil unserer Kundschaft aus. Wir zählen grosse Gastronomie- und Detailhandelsketten, aber auch unabhängige Betriebe dieser beiden Branchen zu unseren Kunden. Unser eigenes Filialnetz ist einer unserer  grössten Kunden. Wir sind so innerhalb des Backwarengeschäfts gut diversifiziert und machen keine Gratwanderung.

Bereits ab einem Bestellwert von 50 Franken liefern Sie Backwaren im Umkreis von 45 Minuten Fahrzeit ab Luzern.  Lohnt das den logistischen Aufwand oder handelt es sich dabei in erster Linie um ein Kundenbindungsprogramm?

Diese Regelung gilt für Kunden, die frische Backwaren von uns beziehen, und die wir sozusagen im Vorbeiweg zu unseren eigenen Filialen beliefern können.

In der  Lebensmittelbranche ist der Trend zur Convenience ungebrochen. Was denken Sie wird der nächste Bequemlichkeitstrend in Ihrem Geschäft werden?

Convenience heisst im Fall der Bäckereien heute, dass die Produkte tiefgekühlt angeliefert und am Verkaufspunkt frisch fertig gebacken werden. Der Verkaufspunkt wird künftig nicht mehr backen wollen, weil dies Personal, Infrastruktur, Platz und Energie benötigt. Mehr Convenience wäre in diesem Fall tiefgekühlte Produkte zum Auftauen oder frische Brote, die lang haltbar sind. Mit beiden Entwicklungen sind wir im Markt bereits konfrontiert.

«An unseren Cafés, die von ihren Abläufen und Kostenstrukturen ähnlich sind wie unsere Take-away Filialen, halten wir weiterhin fest.»
Paul Philip Hug, CEO Bäckerei Hug

Bäckerei Hug hat sich gerade vom Gastrobereich getrennt, um sich auf die Kernkompetenz zu fokussieren. Wird aber nicht gleichzeitig das klassische Café zur umfassenden Verpflegestation?

Wir glauben, dass klassische Gastronomie mit starkem Abendgeschäft nicht neben einer surrenden Bäckerei-Kühltheke funktionieren kann. Wir haben unsere Restaurants, in denen wir voll ausgerüstete Küchen betrieben haben, geschlossen oder in eine neue Gesellschaft ausgegliedert. Diese neue Gesellschaft wird an guten Gastronomie-Standorten Restaurants betreiben, die im Gegensatz zu unserem alten Konzept auch am Abend erfolgreich sind. An unseren Cafés, die von ihren Abläufen und Kostenstrukturen ähnlich sind wie unsere Take-away Filialen, halten wir weiterhin fest. Deren Erfolg stützt Ihre Aussage, dass Cafés zu Verpflegestationen werden – aber nur tagsüber.

Die Bäckerei Hug hat jetzt 11 Filialen in 4 Kantonen. Gut frequentierte Lagen sind für Sie der Schlüssel zum Erfolg. Wie stark lastet auf Ihrem Geschäft der Fluch der hohen Mieten?

Gute Standorte sind für das Betreiben von Bäckerei-Filialen der alles entscheidende Erfolgsfaktor. Die Kunst ist es, die Kostenstrukturen einer gewerblichen Bäckerei darauf auszurichten, die damit einhergehenden Mieten bezahlen zu können. Wir haben das geschafft und deshalb sind hohe Mieten für uns kein Fluch, sondern einfach Teil unseres unternehmerischen Umfelds, in dem wir bestehen wollen.

Wie langfristig sind denn die Mietverträge ausgelegt?

Das hängt von den Vermietern ab. Wir suchen Mietverträge, die uns erlauben unsere Investitionen und einen Gewinn zurückzuholen.

«Gute Standorte sind für das Betreiben von Bäckerei-Filialen der alles entscheidende Erfolgsfaktor.»

Besitzt Ihr Unternehmen eigentlich auch eigene Immobilien?

Unseren Produktionsstandort in Luzern besitzen wir. Die Ladenlokale mieten wir.

Hug ist in den letzten Jahren stark nach Zürich expandiert. Wie stark fallen denn die Transportkosten Ihrer Backwaren von Littau aus ins Gewicht?

Aufgrund der hohen Warenwerte, die wir täglich auf der Achse Luzern-Zug-Zürich transportieren, sind diese Kosten fast vernachlässigbar.

Verkaufspersonal ist sicher einfach zu finden, wie sieht es aber bei den Nachwuchsbäckern aus?

Es ist aktuell generell nicht einfach, Personal zu finden. Das hängt einerseits mit dem ausgetrockneten Schweizer Arbeitsmarkt zusammen und andererseits mit unseren hohen Anforderungen. Viele Jobs sind bei uns von den Arbeitszeiten und von der körperlichen Belastung her anspruchsvoll. Ein anschauliches Beispiel sind Mitarbeitende in unseren Filialen. Diese Kollegen und Kolleginnen sind Verkäuferin, Kaffee-Barista, Bäckerin und Kassiererin in einem. Ihr Tag in einer Bahnhofsfiliale beginnt um 05:00 Uhr und dort bedienen sie alle 20 Sekunden einen Kunden, der keine Zeit hat, weil er auf den Zug will. Wenn Sie da bestehen wollen, müssen Sie richtig gut sein. Wir versuchen diesen Belastungen mit einer für unsere Branche vorbildlichen Organisationskultur und guten Anstellungsbedingungen entgegen zu treten.

«Es ist aktuell generell nicht einfach, Personal zu finden. Das hängt einerseits mit dem ausgetrockneten Schweizer Arbeitsmarkt zusammen und andererseits mit unseren hohen Anforderungen.» 

Sie halten ein Qualitätszertifikat des British Retail Consortium. Wie kam es zu diesem ungewöhnlichen Label?

Eine BRC Zertifizierung ist ein gängige internationale Zertifizierung, die Ihnen hohe Lebensmittelsicherheit attestiert. Wir haben gerade kürzlich auf eine FSSC-22000 Zertifizierung gewechselt, die auf einer ISO-Zertifizierung basiert, aber das gleiche zum Ziel hat: Den Konsumenten vor Fremdkörpern oder mikrobiologischen Gefahren in Lebensmitteln zu schützen.

Wieviele Prozent der Produktion werden denn in Ihrem riesigen Steinofen gebacken?

Alle Grossbrote werden auf unserem Steinofen gebacken, weil das die für Grossbrote ideale Technologie ist.

Gibt es einen technischen Trend, der in den grossen Bäckereien für die nächsten Jahre vor der Backstube steht?

Die Produktionsbetriebe, die wachsen und überleben wollen, müssen stärker und intelligent automatisieren. Im Verkauf wird die Filialisierung und damit die Bedeutung von Informations- und Kassensystemen weiter fortschreiten.

Zur Person:
Nach seinem Betriebswirtschaftsstudium in Zürich und Lund (Schweden) war Paul Philipp Hug in der Strategie-Beratung tätig, bevor er 2009 das Familienunternehmen übernahm. Er trat damit die Nachfolge seines Vaters Paul Hug-Riedweg als Geschäftsführer an. Er ist Vater eines kleinen Sohnes und lebt mit seiner Familie in Luzern. Ausgleich findet Paul Philipp Hug im Rudersport beim RC Reuss Luzern und auf abenteuerlichen Reisen, die ihn auch schon auf die Falklandinseln oder in die Steppen der Mongolei geführt haben.

Zum Unternehmen:
Seit 1877 steht die Bäckerei Hug mit Sitz in Luzern für Brot und Backwaren mit bester Qualität. Das Sortiment wird ständig den sich wandelnden Bedürfnissen angepasst, sodass neben Einzelkunden mehr als 100 Unternehmen aus der Gastronomie, dem Gross- und Detailhandel sowie Spitäler und Heime zufrieden sind. Das Traditionshaus wird in fünfter Generation von der Gründerfamilie geführt. Heute backt Hug mit insgesamt 250 Mitarbeitenden für Detailhändler und Gastronomen im Schweizer Markt mit Schwerpunkt Innerschweiz und Zürich. Der Produktionsstandort ist Littau/Luzern.

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