Roger Heggli, CEO und VR Swiss4net, im Interview

Roger Heggli

Roger Heggli, CEO und VR Swiss4net. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Heggli, im Zusammenhang mit schnellem Internet und Breitbandausbau gilt die Glasfaser als die wichtigste Technologie. Vielleicht zuerst etwas «Glasfaserkunde»: Wie leistungsfähig ist die Glasfaser?

Roger Heggli. Heute spricht man bei Glasfasernetzen von Übertragungsraten von über 10 Gigabit/Sekunde und dies wohlgemerkt in Symmetrie – Up- und Download-Geschwindigkeit sind also gleich schnell. Die reine Glasfaser ist physikalisch gesehen unlimitiert und wird auf Jahrzehnte hinaus alle Bedürfnisse aller Konsumenten mehr als erfüllen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist jedoch auch die Verfügbarkeit und die Stabilität dieser Leistung. Die reine Glasfaser als physische Leitung ist allen anderen Technologien in der Telekommunikationsbranche auch diesbezüglich klar überlegen.

Was kann man sich unter einer Glasfaserleitung vorstellen?

Wenn wir von Glasfasernetz sprechen, meinen wir ein Punkt-zu-Punkt FTTH-Glasfasernetz. Bei diesem laufen alle Glasfasern an einem zentralen Anknüpfungspunkt in der Zentrale, der sogenannten Co-Location (CO), zusammen und jede Wohnung oder jedes Geschäft wird mit mindestens zwei autarken Fasern direkt von dort aus erschlossen. Dies bedeutet, dass die Endkunden – anders als bei der Punkt-zu-Multipunkt-Technologie – durchgehend eine eigene Glasfaserverbindung haben, die sie nicht mit anderen Kunden teilen müssen.

Bei anderen Technologien/Modellen (FTTB, FTTS, FTTC) werden die Glasfasern nicht bis in das Haus gezogen. Häufig werden auf der letzten Meile die Daten weiterhin durch schwächere Kupfer- oder Koaxialleitungen transportiert. Die Signalstärke wird über diese Leitungen mit zunehmender Entfernung und Leitungslänge immer weiter gedämpft, was zu geringeren Geschwindigkeiten führt. Zudem haben diese veralteten Technologien keine Symmetrie und der Upload ist mehr als zehnmal langsamer als der Download. Die Kunden profitieren folglich – obwohl ihnen solche Verbindungen als Glasfaserangebote angepriesen werden – nicht von der maximal verfügbaren Leistung und bezahlen auch noch viel zu viel dafür. Zudem sind Kupfer- und Koaxialkabel deutlich weniger sicher. In Zeiten der rasant zunehmenden Cyber-Bedrohungen ist die Glasfaser die weitaus bessere Technologie.

Wie hoch ist der Anteil von Liegenschaften, Wohnungen und Unternehmen, die bis heute in der Schweiz mit Glasfasertechnologie erschlossen sind? Und wie sieht es in den ländlichen Gebieten aus?

Es ist schwierig, hier eine exakte Angabe zu machen, da es sehr stark darauf ankommt, was man als Glasfaseranschluss bezeichnet. Fast jedes Telekomnetz verfügt über gewisse Glasfaserkomponenten. Wenn wir von reinem Punkt-zu-Punkt FTTH und OTO ready for service (Anschluss-Dose ist in der Wohnung oder im Geschäft komplett betriebsbereit) sprechen, liegt dieser Wert wohl bei etwa 15% schweizweit. Vielfach wird zwar von den Anbietern von FTTH gesprochen. In Tat und Wahrheit wird nur bis in die Keller, sogenannt FTTB (Fiber to the Buiding) gebaut. Das bedeutet, dass diese Investition und aufwändige Installation innerhalb der Gebäude später noch erfolgen muss. Darauf warten die Kunden dann teils monatelang.

In den Städten ist die Erschliessung häufig deutlich höher als auf dem Land. Wir sind aber überzeugt, dass es praktisch überall wirtschaftlich ist, ein FTTH-Punkt-zu-Punkt Netz zu bauen. Dieser Stadt-Land-Graben ist also ungerechtfertigt.

«Wir wollen bis 2027 rund 250’000 Haushalte und Geschäfte an unsere FTTH Punkt-zu-Punkt Netze anschliessen.»
Roger Heggli, CEO und VR Swiss4net

Die Swiss4net Holding finanziert, baut und betreibt «Fibre To The Home»-Glasfasernetze in ländlichen und dichteren Gemeinde- und Städtegebieten. Wo betreibt Swiss4net heute FTTH-Glasfasernetze?

Wir betreiben heute bereits flächendeckende Glasfasernetze in Baden und Chiasso. Das Netz in Ascona ist ebenfalls teilweise schon gebaut und in Betrieb, in Pully haben wir eben mit dem Bau gestartet und in Kürze können wir mit der Planung und dem Bau eines weiteren Netzes in der Deutschschweiz beginnen. Nach Abschluss dieser Bauprojekte stehen unseren Service Providern damit bereits über 50’000 Glasfaseranschlüsse als OTO ready for service zur Verfügung.

Wie viele werden es in fünf Jahren sein?

Wir sind derzeit mit vielen Gemeinden und Energieversorgungsunternehmen in der Deutsch- und Westschweiz in Kontakt, teils in fortgeschrittenen Verhandlungen. Details kann ich erst kommunizieren, wenn die entsprechenden Zusammenarbeitsverträge unterschrieben sind. Wir wollen bis 2027 rund 250’000 Haushalte und Geschäfte an unsere FTTH Punkt-zu-Punkt Netze anschliessen.

Der Glasfaserausbau in der Schweiz erfolgt vielfach in Kooperation zwischen lokalen Energieversorgern und Anbietern wie Swisscom, UPC oder Swiss Fibre Net. Wie unterscheidet sich das Geschäftsmodell von Swiss4net von demjenigen der Mitbewerber?

Im Gegensatz zu den erwähnten Unternehmen übernimmt Swiss4net sämtliche Kosten und Kompetenzen für die Planung, den Bau und den Betrieb der lokalen FTTH-Glasfasernetze. Die Städte/Gemeinden und Energieversorgungsunternehmen tragen damit kein finanzielles Risiko. Swiss4net entschädigt die Gemeinden und Energieversorgungsunternehmen zudem fair für die Nutzung ihrer Rohrinfastruktur.

Schliesslich ist wichtig: Swiss4net setzt im Gegensatz zu den anderen Modellen konsequent auf das Punkt-zu-Punkt Modell, welches die besten Bandbreiten und Verfügbarkeiten garantiert. Und die Städte/Gemeinden werden von uns flächendeckend ausgebaut. Das bedeutet, dass sämtliche Haushalte und Geschäfte von einem Anschluss profitieren. Und nicht zuletzt stellt Swiss4net allen Telekomanbietern einen diskriminierungsfreien Zugang zur Verfügung, was wiederum die Freiheit der Einwohner bei der Wahl ihres Telekomanbieters steigert und die Preise aufgrund des fairen Wettbewerbs für die Endkunden senkt.

Swiss4net bietet den Gemeinden also das Rundum-Sorglospaket und stellt ihnen ein fertiges FTTH-Netz zur Verfügung. Dies gibt es bei keinem anderen Modell der Schweiz.

«Swiss4net bietet den Gemeinden also das Rundum-Sorglospaket und stellt ihnen ein fertiges FTTH-Netz zur Verfügung. Dies gibt es bei keinem anderen Modell der Schweiz.»

Sie verdienen das Geld also rein mit den Telekomanbietern, die die Glasfasernetze von Swiss4net anschliessend nutzen?

Ja, genau. Wir stellen eine diskriminierungsfrei nutzbare, top moderne Infrastruktur zur Verfügung und engagieren uns natürlich dafür, dass möglichst viele Service Provider diese nutzen und damit auch Erfolg haben. Das heisst, dass möglichst viele Konsumenten ihre Glasfaserangebote nutzen.

Was bedeutet die vereinbarte Glasfaser-Partnerschaft zwischen Swisscom und Salt für Ihr Geschäft?

Sie ändert für uns grundsätzlich nicht viel. Unser Geschäftsmodell ist auf dem Markt einzigartig und auf unseren FTTH-Netzen sind alle Service Provider willkommen, auch die Swisscom und mit Salt pflegen wir sowieso bereits eine gut funktionierende Partnerschaft auf allen unseren FTTH-Netzen in der Schweiz. Zudem verfolgen wir weiterhin die laufende WEKO-Untersuchung bezüglich der P2MP-Strategie, welche gegen Swisscom läuft.

Wo liegen die Vorteile für den Endkunden, wenn sich eine Gemeinde oder Stadt für Ihre Lösung entscheidet? Hauptsächlich beim tieferen Preis?

Nein. Auf den Preis haben wir keinen direkten Einfluss. Die Service Provider bestimmen die Preise für Ihre Angebote selbst. Durch den diskriminierungsfreien Zugang zu unserem Netz, den wir allen Service Providern bieten, fördern wir aber den Wettbewerb – was wiederum den Endkunden zugutekommt. Sie haben die freie Anbieterwahl. Das ist für die Endkunden ein wichtiger Vorteil, da sie heute an vielen Orten immer noch an die historischen Monopolanbieter wie Swisscom oder die lokalen Kabelnetze gebunden sind. Und wie erwähnt erhalten die Endkunden dank der von uns verwendeten Technologie das beste verfügbare Glasfasernetz bis in die eigene Wohnung.

Haben Sie nicht die Absicht, dereinst selbst als Internet Service Provider aufzutreten?

Nein. Dann wären wir nicht mehr glaubwürdig und hätten wohl auch Interessenskonflikte. Unser Modell ist ja gerade deshalb so vertrauenswürdig, dass wir eine Infrastruktur zur Verfügung stellen, die allen Service Providern offensteht. Den Wettbewerb unter ihnen wollen wir nicht beeinflussen, sondern geradeben beflügeln.

Haben Sie in Zeiten von Corona und Home Office eine steigende Nachfrage verzeichnet?

Ja. Und unsere Service Provider haben auch entsprechende Nachfragesteigerungen kommuniziert. Wir alle haben aber auch gemerkt, wie wichtig eine gut funktionierende, zuverlässige Telekominfrastruktur ist. Die vielen Video-Calls und die Zunahme beim Streaming haben gezeigt, dass nur eine moderne Infrastruktur die notwendigen Kapazitäten bietet. Das spricht für reine Punkt-zu-Punkt Glasfasernetze, wie wir sie bauen und betreiben.

«Die Herstellung und Entsorgung von Kupfer- oder Coaxdrähten bedeuten eine mehr als 10’000 Mal höhere Belastung für die Umwelt als die von reinen Glasfasern.»

Glasfaser wird oft auch als die «grünere Internetlösung» bezeichnet. Was macht die Glasfaser umweltfreundlicher als DSL oder Kabel?

DSL und Kabel verwenden zur Datenverbindung einen umweltschädlichen Kupfer- beziehungsweise Coaxdraht. Die Glasfaser wird dagegen aus umweltfreundlichem Quarz hergestellt. Die Herstellung und Entsorgung von Kupfer- oder Coaxdrähten bedeuten eine mehr als 10’000 Mal höhere Belastung für die Umwelt als die von reinen Glasfasern. Zudem verbraucht die Glasfaser im Betrieb bis zu zwölf Mal weniger Energie als reines Kupfer, da die Daten mit Licht übertragen werden können. Darüber hinaus erzeugt Glasfaser deutlich weniger Wärme, wodurch sich beispielsweise der Kühlungsaufwand für Geräte im Central Office (Datenzentrale) reduziert.

Herr Heggli, besten Dank für das Interview.

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