Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Dr. Gill, UNITED WATERWAYS betreibt über 120 Schiffe für mehr als 30 Marken mit über 4’000 Mitarbeitenden. Wie haben sich Umsatz und Passagierzahlen in den letzten beiden Jahren entwickelt, welchen Marktanteil halten Sie im europäischen Flusskreuzfahrtmarkt, der laut Prognosen bis 2030 auf 10 Milliarden US-Dollar wachsen soll?
Dr. Sascha Gill: Der europäische Flusskreuzfahrtmarkt hat sich nach den Herausforderungen der COVID-19-Pandemie bemerkenswert stark erholt. Bei UNITED WATERWAYS haben wir den Sturm nicht nur überstanden, sondern sind stärker als je zuvor aus ihm hervorgegangen: Wir befördern heute mehr Passagiere und unsere Partner erzielen höhere Umsätze als vor der Pandemie. Unsere Flotte und unser Betrieb machen inzwischen mehr als ein Viertel aller Binnenschiffe für Passagiere in Zentraleuropa aus, was uns eine bedeutende Marktpräsenz verschafft. Der Flusskreuzfahrtsektor floriert, und angesichts der Prognosen, die ein Wachstum auf 10 Milliarden US-Dollar bis 2030 vorhersagen, liegt unser Fokus als einer der grössten White Label Betreiber dieser Branche darauf, den sich verändernden Herausforderungen offensiv zu begegnen und die enormen Chancen, die dieser Nachfrageschub bietet, zu nutzen.
«Wir befördern heute mehr Passagiere und erzielen höhere Umsätze als vor der Pandemie. Unsere Flotte und unser Betrieb machen inzwischen mehr als ein Viertel aller Binnenschiffe für Passagiere in Europa aus.» Dr. Sascha Gill, CEO UNITED WATERWAYS
Ihr White-Label-Modell ermöglicht es Marken, Kreuzfahrten anzubieten, ohne eigene Schiffe zu betreiben. Welche Margen erzielen Sie pro Passagier im White-Label- Geschäft? Wie wollen Sie Ihren Marktanteil von dem Gesamtmarkt von derzeit etwa 2,5 Millionen Passagieren jährlich steigern, wie soll sich die Marge dabei entwickeln?
Das Geschäftsmodell von UNITED WATERWAYS ist vielschichtig. Zwar besitzen wir einen Teil der Schiffe, die wir betreiben, aber ein erheblicher Teil wird im Auftrag unserer Partner betrieben. Als White-Label-Unternehmen würden wir niemals Margen offenlegen, die Rückschlüsse auf den Erfolg und die Leistung unserer Partner und Partner-Marken zulassen könnten.
Um über den Gesamtmarkt von 2,5 Millionen Passagieren jährlich hinauszuwachsen, verfolgen wir mehrere strategische Initiativen. Dazu gehören der Bau neuer Schiffe, die speziell auf Kunden zugeschnitten sind, die aus Übersee in den europäischen Flusskreuzfahrtmarkt einsteigen möchten, sowie die Entwicklung einzigartiger, differenzierter Produkte, die uns von anderen Betreibern abheben.
Gleichzeitig modernisieren wir kontinuierlich unsere Flotte und optimieren unsere Betriebsabläufe, um Effizienzgewinne zu erzielen. Dies ermöglicht uns, unsere Leistungsfähigkeit weiter zu steigern und gleichzeitig den Premium-Service zu bieten, der UNITED WATERWAYS auszeichnet.
Sie haben angekündigt, in 12 neue Fluss- und Hochseeschiffe zu investieren, die bis 2028 verfügbar sein sollen. Welches Investitionsvolumen steckt hinter diesen Neubauten? Wie beurteilen Sie diese Expansion angesichts der wachsenden Umweltauflagen und steigenden Baukosten?
Der Bau eines neuen Flusskreuzfahrtschiffs beginnt typischerweise bei 30 Millionen Euro, wobei die Kosten für hochmoderne Schiffe oft deutlich darüber liegen. Angesichts der Spezifikationen und Technologien, die unsere Kunden verlangen, liegt das Kapitalvolumen unseres aktuellen Neubauprogramms klar im dreistelligen Millionenbereich.
«Unsere Strategie besteht darin, Schiffe zu liefern, die heute energieeffizient sind und gleichzeitig auf den Übergang zu einem klimaneutralen Kreuzfahrtbetrieb vorbereitet sind.»
Diese Expansion kommt in einer entscheidenden Phase für unsere Branche, die sich in einem grundlegenden Wandel befindet. Die Dekarbonisierung ist längst keine Frage des
„Ob“, sondern nur noch des „Wann“. Unsere Strategie besteht darin, Schiffe zu liefern, die heute energieeffizient sind und gleichzeitig auf den Übergang zu einem klimaneutralen Kreuzfahrtbetrieb vorbereitet sind. Obwohl dies höhere Anfangsinvestitionen erfordert, sind wir überzeugt, dass dies der richtige Ansatz für die Zukunft ist. Betreiber, die sich nicht anpassen, werden unweigerlich steigenden Kosten gegenüberstehen, einschliesslich erheblicher Strafzahlungen im Rahmen des EU- Emissionshandelssystems, und riskieren, in einem sich schnell verändernden Markt an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren.
Eine typische Kreuzfahrt verursacht durchschnittlich 250-500 Kilo CO₂-Emissionen pro Tag und damit rund 8-mal so viel wie ein durchschnittlicher Landtourist. Können Sie konkrete Zahlen zu den jährlichen Gesamtemissionen Ihrer 120-Schiffe-Flotte nennen? Welchen Anteil haben dabei Flussschiffe im Vergleich zu Hochseeschiffen, und wie entwickelt sich Ihre CO₂-Intensität pro Passagierkilometer?
Man darf Flusskreuzfahrten nicht mit einem einzelnen Reiseelement vergleichen, wie einem Hotelaufenthalt. Wir bieten Mobilität, Unterkunft, Unterhaltung sowie Speisen und Getränke in einem einzigen, integrierten Paket. Dieses Modell macht Flusskreuzfahrten zu einer der effizientesten Tourismusformen in Europa.
Anders als beim Massentourismus sind unsere Abläufe streng gesteuert und präzise koordiniert. Wir können die Passagierströme und die Aufenthaltszeiten kontrollieren und minimieren so die Auswirkungen auf lokale Gemeinden. Zudem bedienen wir bewusst ein Segment des Tourismus, das kleinere Gruppen, höhere Ausgaben pro Gast und einen positiven Beitrag für die lokale Wirtschaft bedeutet. Kurz gesagt: Flusskreuzfahrten stellen ein effizientes, gut gesteuertes Tourismusmodell dar, und wir arbeiten kontinuierlich daran, unseren ökologischen Fussabdruck pro Gästeerlebnis weiter zu verringern.
Die IMO (International Maritime Organization) fordert eine Reduktion der Schifffahrts- Emissionen um 20% bis 2030 und Netto-Null bis 2050. Welche konkreten Dekarbonisierungsziele hat UNITED WATERWAYS definiert und welche finanziellen Mittel werden Sie dafür aufwenden müssen?
Wir sind fest entschlossen, nicht nur die Dekarbonisierungsziele der IMO zu erfüllen, sondern auch die deutlich strengeren Anforderungen der Europäischen Union im Rahmen des Fit-for-55-Pakets. Dieses Programm sieht vor, die Treibhausgasemissionen in der EU bis 2030 um 55 % zu senken, was für den Schifffahrtssektor noch strengere Energieeffizienzstandards, den Einsatz von emissionsarmen und emissionsfreien Treibstoffen sowie die Einhaltung des EU-Vorschriften bedeutet.
Um diese Ziele zu erreichen, überprüfen wir derzeit unsere gesamte Flotte hinsichtlich der Einsatzbereitschaft für zukunftssichere, emissionsfreie Technologien und Treibstoffe. Wir investieren erhebliche finanzielle und personelle Ressourcen, darunter eine gemeinsam mit der Dachorganisation der Passagierschifffahrt, der IG RiverCruise durchgeführten Studie in Zusammenarbeit mit der DNV und dem RICARDO Institute, um die besten technologischen und treibstoffbezogenen Optionen zu ermitteln.
Darüber hinaus haben wir mehrere Anträge beim Europäischen Innovationsfonds eingereicht, deren Vorbereitung mehrere tausend Arbeitsstunden erforderte.
«Wir sind fest entschlossen, nicht nur die Dekarbonisierungsziele der IMO zu erfüllen, sondern auch die deutlich strengeren Anforderungen der Europäischen Union im Rahmen des Fit-for-55-Pakets.»
Das ist nur der Anfang. Die Einhaltung von Fit for 55 wird nicht nur Investitionen und sorgfältige Planung erfordern, sondern auch entschlossenes, sofortiges Handeln. Wir sehen dies als eine Chance, im Bereich nachhaltiger Flussreisen eine Führungsrolle einzunehmen und höchste Umweltstandards zu setzen.
Ihre neuen Schiffe sollen einen Tiefgang von unter 1,3 Metern haben und unterwegs den Treibstoff wechseln können. Welche spezifischen Technologien setzen Sie ein (Wasserstoff-Brennstoffzellen, Batterie-Hybrid-Systeme oder synthetische Kraftstoffe wie e-Methanol) und wie wird sich das konkret auf eine Verringerung der Umweltbelastung auswirken?
Unser Ansatz ist es, maximale Flexibilität zu bewahren, angesichts der derzeitigen Unsicherheit über die Verfügbarkeit alternativer Treibstoffe in naher Zukunft. Aus diesem Grund werden unsere neuen Schiffe mit einer Kombination aus Batterie-Hybrid- Systemen und elektrischem Antrieb ausgestattet, die hauptsächlich von Dual-Fuel- Generatoren gespeist werden, die mit Bio- oder E-Methanol sowie HVO (hydriertes Pflanzenöl) betrieben werden können. Diese Kombination aus fortschrittlicher Antriebstechnologie und kohlenstoffarmen Treibstoffen ermöglicht es uns, die Emissionen um mehr als 95 % im Vergleich zu herkömmlichen Dieselantrieben zu reduzieren.
Gleichzeitig behalten wir die Möglichkeit, im Notfall auf herkömmlichen Diesel zurückzugreifen, um die Betriebssicherheit auch bei vorübergehendem Mangel an alternativen Treibstoffen sicherzustellen. Wir haben auch wasserstoffbetriebene Schiffe untersucht, die im Betrieb äusserst sauber sind, deren Kosten- und Infrastrukturherausforderungen derzeit jedoch eine wirtschaftliche Nutzung verhindern. Dennoch beobachten wir technologische Entwicklungen kontinuierlich und werden Wasserstofflösungen integrieren, sobald diese wirtschaftlich und logistisch umsetzbar sind.
Seit 2024 unterliegt die Schifffahrt dem EU-Emissionshandel, ab 2025 greifen die FuelEU Maritime-Vorschriften. Welche Kosten entstehen dadurch jährlich für UNITED WATERWAYS?
Es ist noch zu früh, um eine genaue Zahl der zusätzlichen Kosten anzugeben, die uns durch das EU-Emissionshandelssystem und die kommenden FuelEU Maritime-Vorschriften entstehen werden. Zu viele Variablen – von der Entwicklung der Tarife bis hin zu geopolitischen Faktoren wie dem Krieg in der Ukraine – können die Treibstoffmärkte und die Preise für Emissionszertifikate erheblich beeinflussen.
Wir gehen jedoch davon aus, dass diese regulatorischen Änderungen zusätzliche Kosten verursachen werden – auf einem Niveau, das für unser Unternehmen jedoch gut beherrschbar ist. Wir haben diese potenziellen Aufwendungen bereits in unsere strategische Planung aufgenommen und sind zuversichtlich, dass wir uns anpassen und diese Veränderungen bewältigen können, während wir unsere Wettbewerbsfähigkeit erhalten.
Die EU hat 40 Milliarden Euro für maritime Dekarbonisierungsprojekte angekündigt. In welchem Umfang wird Ihr Unternehmen davon profitieren, welche politischen Massnahmen würden Ihrer Ansicht der Sache am meisten dienen?
Der Europäische Innovationsfonds spielt eine zentrale Rolle bei der Unterstützung innovativer CO₂-armer Lösungen, der Stärkung der europäischen Wirtschaft und der Förderung des Übergangs zur Klimaneutralität. Die Schifffahrtsbranche wurde historisch von der Europäischen Kommission etwas vernachlässigt, aber inzwischen erkennen wir eine deutliche Kehrtwende mit zunehmender Anerkennung und gezielten Fördermitteln zur Beschleunigung der maritimen Dekarbonisierung.
Bei UNITED WATERWAYS arbeiten wir aktiv mit diesem Fonds zusammen und haben allein in diesem Jahr drei Anträge eingereicht, auf die wir besonders stolz sind. Diese Projekte bauen auf unserer engen Zusammenarbeit mit Schiffseignern, Werften, Technologiepartnern und Treibstofflieferanten auf und konzentrieren sich auf die Weiterentwicklung des zuvor erwähnten Technologiemix und der Treibstoffoptionen. Frühzeitige Anwender neuer Technologien gehen zwar Risiken ein, doch die Anreize der EU verwandeln diese Herausforderung in eine Chance: Sie helfen uns nicht nur, einen Teil der anfänglichen Kosten auszugleichen, sondern ebnen auch den Weg für eine breitere Akzeptanz in der gesamten Branche.
Durch die Unterstützung von Technologieentscheidungen und den Ausbau der erforderlichen Infrastruktur profitieren von diesen Fördermechanismen nicht nur einzelne Empfänger, sondern das gesamte maritime Ökosystem – und der Übergang zu klimaneutralen Betriebsmodellen wird beschleunigt.
«Der Europäische Innovationsfonds spielt eine zentrale Rolle bei der Unterstützung innovativer CO₂-armer Lösungen, der Stärkung der europäischen Wirtschaft und der Förderung des Übergangs zur Klimaneutralität.»
65% der Kreuzfahrtlinien nutzen bereits KI-gestützte Chatbots, 70% setzen auf dynamische Preisgestaltung durch Künstliche Intelligenz. Welche konkreten KI- Anwendungen haben Sie implementiert, um welchen Prozentsatz konnte KI Ihre operativen Kosten senken oder die Effizienz steigern?
Die wahre Stärke von KI in unserer Branche geht weit über Chatbots oder dynamische Preisgestaltung hinaus. Die prädiktiven und analytischen Fähigkeiten heutiger KI- Modelle verändern die Art und Weise, wie wir auf einer viel tieferen Ebene arbeiten. So ermöglicht beispielsweise eine intelligente Routenplanung die Berücksichtigung von Faktoren wie Wasserständen, Verfügbarkeit von Hafeninfrastruktur und Schiffsverkehr, was uns erlaubt, Strecken auf bisher nicht mögliche Weise zu optimieren.
Darüber hinaus kann KI die Schifffahrt bei der Reduzierung des Treibstoffverbrauchs, der effizienteren Einsatzplanung von Besatzungen und der Optimierung des Personaleinsatzes in allen Bereichen unterstützen. Diese Fortschritte werden es uns letztlich ermöglichen, Effizienzniveaus zu erreichen, die in unserer Branche bislang unerreicht sind. Zwar befinden wir uns noch im Aufbau dieser Fähigkeiten und der dafür notwendigen Dateninfrastruktur, aber diese Technologie wird die Industrie positive verändern.
«KI unterstützt uns bei der Reduzierung des Treibstoffverbrauchs, der effizienteren Einsatzplanung von Besatzungen und der Optimierung des Personaleinsatzes in allen Bereichen unseres Betriebs.»
Kurz gesagt: Wir betrachten KI nicht als einzelnes Werkzeug, sondern als grundlegenden Enabler, der in den kommenden Jahren viele Aspekte unseres Geschäfts verbessern wird.
KI-gestützte vorausschauende Wartung kann Wartungskosten um bis zu 25% senken. Haben Sie solche Systeme bereits im Einsatz, und falls ja, wie wirkt sich das auf die Verfügbarkeit Ihrer 120 Schiffe aus?
Ja, und wir planen weitere prädiktive Wartungsfunktionen in unseren Flottenmanagementsystemen zu implementieren. Diese Tools werden es unseren Ingenieurteams noch besser ermöglichen, potenzielle Probleme proaktiv zu erkennen, bevor sie zu ungeplanten Ausfällen führen, und gewährleisten so eine gezielte und effiziente Wartung.
Dieser Ansatz reduziert nicht nur unnötige Kosten und Ressourcenverschwendung, sondern erhöht auch die Verfügbarkeit unserer Schiffe erheblich, da sie mehr Zeit im Betrieb und weniger Zeit in der Werft verbringen. Zwar erweitern wir diese Fähigkeiten noch, doch die bisherigen Ergebnisse sind sehr vielversprechend und zeigen deutlich den Wert von Datenbasierender vorausschauender Wartung für die Verbesserung sowohl der Betriebssicherheit als auch der Kosteneffizienz.
Der globale Flusskreuzfahrtmarkt soll bis 2030 mit 11% CAGR (Compound Annual Growth Rate) wachsen. Gleichzeitig steigt der Druck zur Dekarbonisierung. Wie lösen Sie diesen Zielkonflikt? Sehen Sie eine natürliche Obergrenze für das Wachstum aufgrund von Umweltauflagen oder Kapazitätsbeschränkungen an beliebten Destinationen?
Der Flusskreuzfahrtmarkt wächst tatsächlich in beeindruckendem Tempo, und unser Ziel ist es, schneller als der Markt insgesamt zu wachsen. Zwar gibt es naturgemäss Grenzen, wie viele Kapazitäten einzelne Destinationen aufnehmen können, doch die europäischen Flüsse sind insgesamt eher unter- als übernutzt und bieten erhebliches Potenzial für gut gesteuertes Wachstum.
Flusskreuzfahrten stellen eine besonders organisierte und effiziente Form des Tourismus dar: Wir bieten Transport, Unterkunft, Gastronomie und Unterhaltung in einem kontrollierten Umfeld. Unsere Gäste gehören in der Regel zum gehobenen Segment des Tourismus, was kleinere Gruppen, höhere Ausgaben pro Gast und positive wirtschaftliche Effekte für die besuchten Regionen bedeutet. Der Schlüssel, um Wachstum und Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen, liegt in sorgfältiger Infrastrukturplanung und verantwortungsvollem Betrieb. Durch enge Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinden und gezielte Investitionen stellen wir sicher, dass Flusskreuzfahrten den lokalen Ökonomien nutzen und gleichzeitig hohe Umweltstandards erfüllen.
Wasserstoff-Brennstoffzellen, Batterie-elektrische Antriebe und synthetische Kraftstoffe konkurrieren um die Zukunft der Schifffahrt. Welche Technologie wird Ihrer Einschätzung nach bis 2030 dominieren? Wie positionieren Sie UNITED WATERWAYS für verschiedene Szenarien?
Derzeit ist Wasserstoff noch keine praktikable Lösung für den breiten Einsatz in unserer Branche. Die Technologie sowie die erforderliche Infrastruktur befinden sich noch im Anfangsstadium, und die damit verbundenen Kosten sind nach wie vor sehr hoch. Wir glauben zwar, dass Wasserstoff langfristig eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung der Schifffahrt spielen wird, aber bis 2030 wird er voraussichtlich nicht die dominierende Lösung sein.
Stattdessen sehen wir batterieelektrische Antriebe sowie Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe als die realistischsten Brückentechnologien für die kommenden Jahrzehnte. Diese Optionen sind bereits leichter verfügbar, kostengünstiger und werden von einer wachsenden Lieferkette unterstützt. Bis 2030 erwarten wir daher, dass ein erheblicher Teil der Branche Schiffe mit Batteriesystemen und synthetischen Kraftstoffen einsetzt.
«Wir sehen batterieelektrische Antriebe sowie Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe als die realistischsten Brückentechnologien für die kommenden Jahrzehnte.»
Bei UNITED WATERWAYS investieren wir bereits in diese Richtung und stellen sicher, dass unsere neuen Schiffe mit flexiblen, zukunftssicheren Antriebssystemen ausgestattet sind. So können wir uns schnell an neue Technologien und Infrastrukturen anpassen und gleichzeitig unsere Umweltverpflichtungen einhalten.
Wagen Sie bitte für uns einen Blick in die Zukunft. Wie sieht UNITED WATERWAYS in fünf Jahren aus? Welchen Umsatz, welche Flottengrösse und welchen Marktanteil streben Sie an? Zu welchem Anteil wird das Unternehmen klimaneutral operieren, und zu welchen Kosten? Welche Rolle wird KI in Ihrem Geschäftsmodell spielen – von der Routenoptimierung bis zur personalisierten Gästeerfahrung?
Wir erwarten, die greifbaren Ergebnisse unserer Nachhaltigkeitsbemühungen zu sehen, wenn unsere ersten Netto-Null-Schiffe in den regulären Betrieb gehen. Dieses Wachstum wird erreicht, während wir gleichzeitig die Kosten für unsere Kunden wettbewerbsfähig halten und sicherstellen, dass Nachhaltigkeit und Erschwinglichkeit Hand in Hand gehen.
Künstliche Intelligenz wird in unserem Geschäft eine immer wichtigere Rolle spielen – von der Routenoptimierung über die Verbesserung der Kraftstoffeffizienz bis hin zur vorausschauenden Wartung und der Personalisierung des Gästeerlebnisses. Ganz gleich, wie fortschrittlich die Technologie wird, wir werden nicht vergessen, was Kreuzfahrten einzigartig macht: die persönliche Note und den aussergewöhnlichen Service, der dafür sorgt, dass sich jeder Gast wertgeschätzt und umsorgt fühlt.
Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?
Mein erster Wunsch wäre es, wenn die Kreuzfahrtindustrie als Schlüsselkonzept für Tourismuslösungen gesehen würde. Die Tatsache, dass wir Gästezufriedenheit durch gezielte Logistik und Planung erreichen können, ist eine Kompetenz, die Städten und Märkten positiv helfen kann, den Strom an Touristen gut zu lenken und nachhaltig beeinflussen zu können. Am Ende sollten sich Städte nicht mit der Einschränkung von Tourismus beschäftigen, sondern mit zielgenauem Zeitmanagement und klarer Zusammenarbeit zwischen den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung und den Möglichkeiten des Tourismus.
Mein zweiter Wunsch wäre eine beschleunigte technologische Entwicklung. Wir möchten die umweltfreundlichsten und effizientesten Schiffe überhaupt bauen und letztlich einen emissionsfreien Betrieb erreichen. Dieses Ziel hängt jedoch von Durchbrüchen in der Antriebstechnologie, bei alternativen Kraftstoffen und der dazugehörigen Infrastruktur ab. Je schneller diese Innovationen marktreif werden, desto eher können wir einen wirklich nachhaltigen Kreuzfahrtbetrieb verwirklichen.
Dieses Interview wurde mit der Unterstützung des Swiss Green Economy Symposiums erstellt. |