Sven Wiederkehr, CEO Glarner Kantonalbank, im Interview

Sven Wiederkehr

Sven Wiederkehr, CEO der Glarner Kantonalbank. (Bild: GLKB)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Wiederkehr, hat sich das Zinsdifferenzgeschäft wegen der Zinswende positiv entwickelt? In Ihrem dritten Quartal gings ja um über zehn Prozent nach oben.

Sven Wiederkehr: Die Zinswende wirkte sich auf beiden Seiten der Bilanz aus; sicher positiv bei der Kreditvergabe, aber auch die Refinanzierung wurde 2022 in Erwartung der Zinswende teurer. Insgesamt hatten wir als Bank aber mit diesen Zinsschritten gerechnet und uns entsprechend positioniert. Für die Zukunft ist es auf jeden Fall zu begrüssen, wenn wir uns wieder in einer «normalen» Welt mit positiven Zinsen bewegen.

Das B2B-Geschäft, Business-zu-Business, bereitete Ihnen in den letzten Jahren viel Freude. Gilt das auch für das letzte Jahr?

Das gilt definitiv auch für 2022. Unser Bereich «bitubi» (ehemals Kreditfabrik, A.d.R.) konnte sowohl bei den Dienstleistungen rund um die Kreditadministration wie auch bei der Softwareentwicklung und Softwarelizenzierung weitere Kunden gewinnen. Gerade in Zeiten mit steigenden Kosten suchen immer mehr Finanzdienstleister Möglichkeiten für das Outsourcing oder die Kooperation in gewissen Bereichen. Wir haben hierzu die Tools, das Know-how und die Erfahrung.

«Sollte sich der Arbeitsmarkt etwas abkühlen, wird das Thema Freizügigkeit gerade bei Finanzplanerinnen und Finanzplanern wieder an Bedeutung gewinnen.»
Sven Wiederkehr, CEO Glarner Kantonalbank

Mit der digitalen Freizügigkeitslösung freeME will die GLKB an den mittlerweile zehnjährigen Erfolg des Hypomats anknüpfen. Wie viele Kundengelder konnten sie anziehen?

Wir veröffentlichen zu einzelnen Produkten keine Zahlen. Wir können aber sagen, dass wir einen stetigen Zufluss an Kunden und entsprechenden Geldern hatten. freeME ist für Endkunden sehr attraktiv und mit dem Beratertool bieten wir eine sehr übersichtliche Lösung zum Beispiel für Finanzplanerinnen und Finanzplaner. Sollte sich der Arbeitsmarkt etwas abkühlen, wird das Thema Freizügigkeit gerade auch bei Letzteren wieder an Bedeutung gewinnen.

Vor dem Winter hatten Sie die GLKB-Nachhaltigkeitshypothek lanciert. Für Sanierungs- oder Ersatzarbeiten bei Wärmeerzeugung, Wärmeisolierung Fassade oder Dämmung, Dach, Fenster und Fotovoltaik gibt es eine 0,35% günstigere Hypothek bis 500 000 CHF. Wie viele Abschlüsse konnten Sie tätigen?

Da das Angebot erst angelaufen ist, ist es noch zu früh, um detaillierte Zahlen zu nennen. Die Nachfrage zeigt aber, dass die Nachhaltigkeitshypothek dem Bedürfnis vieler Kundinnen und Kunden für nachhaltiges Sanieren und Bauen gerecht wird.

In Ergänzung des Rohstoffangebots kann man jetzt am Hauptsitz in Glarus auch Fairtrade-Gold kaufen. Merken Sie einen deutlichen Umsatzanteil?

Wir haben vollständig auf Fairtrade-Gold umgestellt und durften feststellen, dass dieses Angebot durch unsere Kundinnen und Kunden sehr geschätzt wird. Im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie hatten wir diesen Entscheid schon früh gefällt.

«Wir haben vollständig auf Fairtrade-Gold umgestellt und durften feststellen, dass dieses Angebot durch unsere Kundinnen und Kunden sehr geschätzt wird.»

Die Strategieperiode 2018–2022 ist jetzt beendet. Was folgt danach? 2023+ oder Fokus26?

Unsere neue Strategie lautet Fokus26. Fokus26 steht intern wie extern dafür, dass wir auf unseren Stärken wie Innovation und Kundennähe weiter aufbauen wollen. In Zeiten mit immer grösseren Anforderungen im regulatorischen oder digitalen Bereich können wir uns dies als kleine Bank aber nur leisten, wenn wir konsequent Unwesentliches weglassen. Wir suchen deshalb stetig nach möglichen Vereinfachungen, sei das beispielsweise bei Prozessen oder Produkten.

Sind Sie eigentlich froh oder traurig, dass die letzte Glarner Landsgemeinde die Totalrevision des Gesetzes über die Glarner Kantonalbank abgelehnt hat? Das kostet Sie ja regelmässig Geld für die Staatsgarantie…

Wir haben als Bank stets betont, dass es sich hierbei um einen politischen Entscheid der Glarner Bevölkerung handelt. Insofern hat es natürlich Freude gemacht, die uns gegenüber sehr positiven Voten der Rednerinnen und Redner an der Landsgemeinde zu hören; es zeigte sich die grosse Verbundenheit mit der Glarner Kantonalbank. Auf der anderen Seite hätte die Totalrevision auch gewisse Modernisierungen enthalten, die für uns positiv gewesen wären. Insgesamt standen also zwei Optionen zur Wahl, die jeweils Vor- und Nachteile hatten. Das Thema Staatsgarantie wird aber als Teil der Gespräche zwischen Bund und EU wohl wieder auf den Tisch kommen.

«Das Thema Staatsgarantie wird als Teil der Gespräche zwischen Bund und EU wohl wieder auf den Tisch kommen.»

Auf wann wird die Glarner Kantonalbank in eine privatrechtliche Aktiengesellschaft umgewandelt sein?

Ich besitze leider keine Glaskugel, weder für die Finanzmärkte noch für die Politik.

Let’s go local! Die Angebotspreise von Mietwohnungen sind im Kanton Glarus im 2022 bereits etwas gefallen. Gilt das auch für Einfamilienhäuser?

Der Markt für Einfamilienhäuser hat aufgrund des geringen und teilweise gar rückläufigen Angebots eine eigene Preisdynamik. Gerade das Glarnerland hat aufgrund der Nähe zu Wirtschaftszentren wie Zürich und dem vergleichsweise moderaten Preisniveau an Attraktivität gewonnen. Für Mittelstandsfamilien oder Arbeitnehmende mit hohem «Home Office»-Anteil ist hier ein Einfamilienhaus noch im Bereich des Erschwinglichen, auch wenn die Preise ebenfalls zugelegt haben.

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