von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Markert, nach 20 Jahren an verschiedenen Flughäfen der Flughafen Zürich AG leiten Sie seit gut einem halben Jahr die Geschicke des EuroAirports. Was hat Sie zu diesem Wechsel bewogen?
Tobias Markert: Mich hat die einzigartige Rolle des EuroAirport fasziniert – als einziger binationaler Flughafen der Welt inmitten einer trinationalen Region. Nach vielen Jahren internationaler Erfahrung sehe ich hier die Chance, meine Perspektive einzubringen und den Flughafen gemeinsam mit einem engagierten Team so weiterzuentwickeln, dass Mobilität, Nachhaltigkeit und Regionalität im Gleichgewicht stehen.
Sie waren viele Jahre in der Karibik und in Lateinamerika tätig. Inwieweit unterscheidet sich die Bedeutung eines Flughafens wie in Florianópolis (Brasilien) oder Curaçao von der des EuroAirports? Und wo liegen die Gemeinsamkeiten?
In Südamerika gilt ein Flughafen oft als Symbol von Entwicklung und Aufbruch, während in Europa die kritische Betrachtung – etwa bei Lärm- oder Umweltthemen – sehr stark ist. Gemeinsam ist beiden Regionen, dass Flughäfen unverzichtbare Motoren für Wirtschaft, Tourismus und Mobilität sind. Meine Erfahrung hilft mir, Chancen sichtbar zu machen und gleichzeitig die Auswirkungen verantwortungsvoll zu managen.
«In Südamerika gilt ein Flughafen oft als Symbol von Entwicklung und Aufbruch, während in Europa die kritische Betrachtung – etwa bei Lärm- oder Umweltthemen – sehr stark ist.»
Tobias Markert, Direktor EuroAirport
Was hat Sie in den ersten Monaten besonders beschäftigt?
Im Vordergrund standen die Positionierung des Flughafens in der Region, die Themen Lärm- und Umweltschutz sowie das enge Kennenlernen der verschiedenen Stakeholder. Mir war wichtig, rasch den Dialog aufzunehmen und ein gemeinsames Verständnis für die künftige Entwicklung des Flughafens zu schaffen.
Im Mai fand in Basel der ESC statt. War das Mega-Event für den EuroAirport eine Herausforderung oder vielmehr auch eine grosse Werbeplattform?
Der ESC war ein aussergewöhnliches Ereignis, das wir operativ reibungslos begleitet haben. Als nationaler Partner konnte der EuroAirport zugleich seine lokale Verankerung und die enge Verbundenheit mit der Region unterstreichen.
In der Sommerferienperiode 2025 nutzten mehr als 2,4 Millionen Passagiere den EuroAirport – ein neuer Höchstwert und rund 9% mehr als im Vorjahr. In wenigen Wochen wird im Sommer rund ein Viertel der Gesamtzahl Passagiere eines Jahres abgefertigt. Wie gelingt angesichts dieser Zahlen trotzdem ein stabiler Betrieb?
Die Sommermonate sind unsere intensivste Zeit. Wir begegnen den Spitzen mit enger Koordination zwischen Airlines und Partnern sowie der Einführung fester Zeitfenster für Starts und Landungen. Zusätzlich investieren wir in Prozesseffizienz und Servicequalität, um trotz Rekordzahlen einen stabilen Betrieb zu gewährleisten.
Sie haben zuletzt in einem Interview gesagt, der Flughafen sei zu klein, für die Anzahl Passagiere, die abgefertigt werden. Nun wollen Sie 700 Millionen Franken in den Ausbau investieren. Was steht im Fokus des Ausbauprojekts EMT (Evolution Modulaire du Terminal)?
Unser Flughafen ist für die heutige Passagierzahl schlicht zu klein. Mit dem EMT-Projekt wollen wir die Qualität des Passagiererlebnisses deutlich steigern: mehr Platz, klarere Prozesse, moderne Infrastruktur. Dabei geht es nicht um Wachstum um jeden Preis, sondern um ein Gleichgewicht aus Kapazität, Qualität und Nachhaltigkeit.
«Unser Flughafen ist für die heutige Passagierzahl schlicht zu klein. Mit dem EMT-Projekt wollen wir die Qualität des Passagiererlebnisses deutlich steigern.»
Das Ausbauprojekt startet 2027 mit einem 14.000 m²-Neubau an der öffentlich zugänglichen Ostfassade des Terminals. Welche Verbesserungen werden damit möglich?
Das neue Gebäude schafft zusätzlichen Raum und entlastet das bestehende Terminal: Wir bündeln die Sicherheitskontrollen, optimieren die Wegführung und schaffen Platz für mehr Aufenthaltsqualität, Gastronomie und Services. Für die Passagiere bedeutet das vor allem mehr Komfort und kürzere Wartezeiten.
Sie sind gezwungen, schrittweise vorzugehen und Prioritäten zu setzen. Gehören dazu auch die sehr beengten Platzverhältnisse in den südlichen Gates, wo hauptsächlich EasyJet-Flüge abgefertigt werden und die Passagiere regelmässig auf dem Boden sitzend auf den Einstieg warten müssen?
Ja, die Situation im Bereich der Südgates entspricht nicht dem Qualitätsniveau, das wir anstreben. Wir planen deshalb, die Aufenthaltsflächen gezielt zu erweitern und zu modernisieren, um mehr Raum und Komfort zu schaffen.
Inwieweit ist das Ausbauprojekt EMT für die Einstellung des Betriebs der Leicht- und Freizeitaviatik spätestens Ende 2026 verantwortlich?
Betriebswirtschaftliche und planerische Gründe haben zu dem Entscheid geführt, dass der EuroAirport der Leicht- und Freizeitaviatik die Infrastruktur nur noch bis Ende 2026 zur Verfügung stellt. Gleichzeitig benötigt der Flughafen die Zone für strategisch wichtige Entwicklungen: Der Platz am Flughafen wird knapp – bestehende Flächen müssen künftig noch gezielter für den kommerziellen Luftverkehr genutzt werden. Im Rahmen des Terminalanbaus (EMT Landside) ist vorgesehen, die Fläche für logistische und bauliche Abwicklungen zu nutzen.
«Der Platz am Flughafen wird knapp – bestehende Flächen müssen künftig noch gezielter für den kommerziellen Luftverkehr genutzt werden.»
Ausbau bedeutet zwangsläufig mehr Flugverkehr, was für den Flughafen zwar erfreulich ist, gleichzeitig aber die Diskussionen um Fluglärm, vor allem Nachtfluglärm, und Umweltbelastung befeuert. Wie bewegen Sie sich zwischen diesen Polen?
Wir setzen konsequent auf qualitatives statt rein quantitatives Wachstum. Dazu gehören Lenkungsabgaben, die Starts in den Tag verlagern, Anreize für leisere Flugzeuge und unser Ziel „Net Zero“ für unsere eigenen Infrastrukturen bis spätestens 2030. Gleichzeitig wollen wir den Nutzen des Flughafens sichtbarer machen und zeigen, dass Mobilität und Lebensqualität vereinbar sind.
Im kommenden Frühling wird die Hauptpiste saniert und während 35 Tagen gesperrt. Nur über die 1700 Meter lange Nebenpiste werden Starts und Landungen möglich sein. EasyJet wird mit einem reduzierten Angebot weiterfliegen. Wie sieht es mit den anderen Airlines am EuroAirport aus?
Die Sanierung der Hauptpiste ist ein komplexes Projekt, auf das wir uns intensiv vorbereiten. Während der 36 Tage wird die Nebenpiste ein Teil des Betriebs aufrechterhalten. EasyJet hat bereits ein reduziertes Angebot angekündigt, mit den anderen Airlines stehen wir im engen Austausch – mit dem Ziel, die Einschränkungen für Passagiere und Anwohner so gering wie möglich zu halten.