Urs Baumann, CEO Bellevue Group

Urs Baumann

Urs Baumann, CEO Bellevue Group. (Foto: Bellevue Group)

von Bob Buchheit

Moneycab: Herr Baumann, nach dem Riesenabschreiber im 2011 ist die Bellevue-Gruppe letztes Jahr wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt. Ist jetzt sozusagen klar Schiff?

Urs Baumann: Unsere Zielsetzung für das vergangene Geschäftsjahr war, den Turnaround zu schaffen und in die Gewinnzone zurückzukehren. Dies ist uns trotz eines garstigen Marktumfelds gelungen. Wir konnten mittels gezielter Massnahmen den Ertrag im Asset Management nachhaltig steigern und hatten die Aufwandseite dank rigoroser Kostendisziplin im Griff. Um bei Ihrer Metapher zu blieben: Wenn sich die See etwas beruhigt, dann bin ich optimistisch, dass wir wieder an Fahrt gewinnen.

Die beiden Anlagevehikel BB Biotech und BB Medtech entwickeln sich ja seit Jahren prächtig. Wäre es nicht an der Zeit eine weitere neue grosse Beteiligungsgesellschaft zu lancieren?

BB Biotech entwickelt sich in der Tat sehr erfreulich. Der Sektor befindet sich fundamental in einer starken Verfassung und unser Portfolio-Management-Team macht einen ausgezeichneten Job. Letztes Jahr avancierte die Aktie um 42.7%. Dieses Jahr stehen wir bei einem Plus von 23%. Unser Hauptaugenmerk gilt der Fortführung dieser positiver Entwicklung. Die Lancierung weiterer Beteiligungsgesellschaften ist denn auch nicht geplant.

Wo sehen Sie denn als Asset-Manager in den nächsten paar Jahren die grössten Ertragschancen?

Wir erachten Aktien mittel- und langfristig nach wie vor als attraktivste Anlageklasse und sehen hier mit aktiven Anlagestrategien die grössten Ertragschancen. Dank unserer originären Research- und Anlagekompetenz für Aktien verfügen wir über international anerkannte Expertise für diese Anlageklasse. Attraktive Renditepotenziale sehen wir in Sektoren und Märkten mit strukturellem Wachstum. Dazu zählen wir wie bereits erwähnt den Biotech-, aber auch den Medtech-Sektor. Regional versprechen weiterhin Schwellenländern die höchste Dynamik. Insbesondere Asien dürfte wieder an Momentum gewinnen, wobei auch neu entdeckte Märkte, wie Afrika, ein hohes Wachstumspotenzial versprechen.

«Dass seit geraumer Zeit im Markt nur wenige Transaktionen durchgeführt werden, erschwert die Akquisition natürlich, bringt uns aber nicht vom eingeschlagenen Weg ab.»
Urs Baumann, CEO Bellevue Group

Vor ein paar Jahren hatten sie den Milliarden-Spin-off der Investmentgesellschaft Athris von Jelmoli als Transaktionsmanager betreut. Wie und wo akquirieren Sie in Zukunft derartige Deals?

Unser Corporate Finance ist gut positioniert, um mittelständische Unternehmen bei Kapitalmarkt- und M&A-Transaktionen zu unterstützen. Das Team verfügt über das notwendige Beziehungsnetz, um auch zukünftig an derartige Transaktionen zu gelangen. Dass seit geraumer Zeit im Markt nur wenige Transaktionen durchgeführt werden, erschwert die Akquisition natürlich, bringt uns aber nicht vom eingeschlagenen Weg ab.

Sie habe das genehmigte Kapital um 15 Prozent erhöht. Lassen Sie sich schon mal etwas genauer in die Karten blicken?

Das Geschäftsmodell der Bellevue Group basiert auf den Säulen Brokerage, Corporate Finance und Asset Management. Neben der laufenden Optimierung der bestehenden Tätigkeiten verfolgen wir verschiedene Ideen, das Geschäftsmodell gezielt zu erweitern. Das genehmigte Kapital stellt sicher, dass wir sich bietende Opportunitäten auch gezielt nutzen können.

Die Dividende von zwei Franken ist ja wieder einmal mehr als üppig. Wieso verwöhnt Bellevue seine Aktionäre dermassen? Vor der Ankündigung dieses Dividendenvorschlags und der darauffolgenden Kursavance der Bellevue-Aktie entsprachen das ja mehr als 20% Rendite.

Wir verfügen mit CHF 161 Mio. über eine sehr starke Eigenkapitalbasis, welche die regulatorischen Anforderungen deutlich übertrifft. Vor diesem Hintergrund haben wir entschieden, unsere Dividendenpolitik unverändert fortzuführen. Diese sieht vor, dass wir für unser aktuelles Geschäft nicht benötigte Mittel an unsere Aktionäre auszahlen.

«Diese Lösung zeigt, dass unsere Eigenkapitalbewirtschaftung die Aktionärsinteressen bestmöglich berücksichtigt.»

Aber beisst sich eine Auszahlungsquote von 321 Prozent des Gewinns nicht mit der Schaffung von genehmigtem Kapital?

Nein, im Gegenteil. Diese Lösung zeigt, dass unsere Eigenkapitalbewirtschaftung die Aktionärsinteressen bestmöglich berücksichtigt. Während wir mit der Dividende das nicht benötigte Kapital kurzfristig an die Aktionäre zurückführen, schafft die genehmigte Kapitalerhöhung die Voraussetzung, um sich bietende Akquisitions-Möglichkeiten künftig rasch nutzen zu können. Diese flexible Vorgehensweise ist ganz im Sinne unserer Aktionäre.

Leider flossen Ihnen auch im zurückliegenden Geschäftsjahr Kundengelder ab. Das war zwar auf Ihren Rückzug aus dem Hedgefonds-Geschäft zurückzuführen. Aber für wann erwarten Sie einen kräftigen Neugeldzufluss?

Der Nettoabfluss bei den Kundengeldern war insbesondere durch strukturelle, teils einmalige Veränderungen und die Kapitalreduktion bei BB Biotech bedingt. Unsere Produkte haben letztes Jahr ausgezeichnet performt und die Benchmark mehrzeitlich geschlagen. Auf der Vertriebsebene haben wir unsere Anstrengungen intensiviert und neue Märkte wie UK erschlossen. Dass wir vermehrt auf den Empfehlungslisten namhafter Finanzinstitute erscheinen, stimmt mich positiv. So sind wir mit dem Jahresauftakt bisher zufrieden.

Ist für Ihr Fondsportfolio das Thema Hedgefunds für alle Zeiten vom Tisch?

Die Anforderungen seitens der Investoren haben sich in den letzten Jahren fundmental in eine andere Richtung entwickelt, weshalb wir uns aus dem Hedgefund-Bereich zurückgezogen haben. Daran werden wir auf absehbare Zeit nichts ändern.

Die Kostenquote liegt mit 86,7 Prozent trotz deutlicher Verbesserung immer noch hoch. Wo liegt da der mittelfristige Zielkorridor?

In der gesamten Gruppe haben wir die Personal- und Sachkosten deutlich und nachhaltig gesenkt. Dieser Kostendisziplin sind wir auch weiterhin verpflichtet. Unser Geschäftsmodell verlangt kontinuierliche Investitionen in die Produkt- und Servicequalität. Ein volatiles Marktumfeld wird dabei immer einen unmittelbaren Einfluss auf die kurzfristig zu realisierende Cost-Income-Ratio haben, wie wir das in den letzten Jahren gesehen haben. Wir sind jedoch überzeugt, dass wir über einen gesamten Zyklus hinweg attraktive Gewinne erzielen können.

Die von Ihnen betreuten Börsengänge Rennstall Williams und Luxusimmobilienentwickler Peach Property haben an der Börse nicht eingeschlagen. Welche Lehren ziehen Sie?

Das Umfeld war in den vergangenen Jahren generell schwierig für IPOs. Das zeigen nicht nur die vielen abgesagten Börsengänge wie etwa Evonik, Osram oder die Formel 1-Organisation, sondern auch so prominente IPOs wie Facebook, welche die Erwartungen nicht zu erfüllen vermochten. Was die beiden angesprochenen IPOs angeht, so hat sich Williams zufriedenstellend entwickelt. Die Aktie hatte den Ausgabekurs zwischenzeitlich übertroffen und liegt derzeit nur knapp darunter. Peach Property konnte die Erwartungen bisher nicht erfüllen. Wir sind aber weiterhin vom Unternehmen überzeugt und glauben an das Geschäftsmodell. Leider wird wenig von einem anderen Börsengang berichtet, der an der SIX in den letzten Jahren stattfand und an dem wir massgeblich beteiligt waren: Burkhalter. Dort hat sich der Kurs seit IPO inzwischen fast verdreifacht.

«Die tiefe Bewertung blieb mir bei meinem Einstieg von rund einem Jahr natürlich nicht verborgen und sehe ich als grosse Chance.»

Der Börsenwert der Bellevue Group ist immer noch sehr niedrig im Vergleich zum Buchwert und zum Eigenkapital. Sie halten persönlich rund 5% der Aktien. Wie sehr schmerzt Sie die tiefe Bewertung?

Die tiefe Bewertung blieb mir bei meinem Einstieg von rund einem Jahr natürlich nicht verborgen und sehe ich als grosse Chance. Die Bellevue Group präsentiert sich heute in einer guten Fassung, um von einer nachhaltigen Markterholung und den Veränderungen in der Finanzindustrie zu profitieren. Wir verfügen über eine sehr gesunde Kapitalisierung und müssen keine Altlasten entsorgen. Unser Geschäftsmodell ist klar und nur mit überschaubaren Risiken verbunden. Nun gilt es, das grosse Potential der Bellevue Group zu nutzen sowie Kunden und Aktionäre gleichermassen von unseren Stärken zu überzeugen. Dass dies uns zunehmend gelingt, zeigt auch die Entwicklung des Börsenkurses seit der Veröffentlichung unserer 2012 Zahlen.

Zur Person:
Der Schweizer (geb. 1967) Urs Daniel Baumann ist seit 1. März 2012 Chief Executive Officer (CEO) der Bellevue Group. Er verfügt über 14 Jahre internationale Führungserfahrung als Gruppen-CEO, Geschäftsführer und Managing Director von renommierten globalen, regionalen sowie Schweizer Finanzinstituten. Zusätzlich blickt er auf eine über fünfjährige Berufserfahrung als Manager und Berater bei einem der global führenden Strategieberatungsunternehmen zurück. Urs Daniel Baumann hat an der Universität St. Gallen (HSG) Wirtschaftswissenschaften studiert und besitzt ein MBA der Universität von Chicago. Vorherige Berufserfahrung bei Lindorff Group in Oslo (2007 – 2010 Group CEO), Barclays Bank PLC in London (2006 – 2007 Managing Director Central & Eastern Europa – Barclaycard), Swisscard in Horgen (1998 – 2005 CEO), McKinsey & Company in Zürich (1993 – 1998 Engagement Manager) und Comtec Baumann & Bieri in St. Gallen (1988 – 1992 geschäftsführender Partner und Eigentümer).

Zusätzlich ist Urs Daniel Baumann Gründer und Mitglied des Verwaltungsrates der Baumann Gruppe in Zürich, die u.a. in mittelständische Unternehmen investiert und deren Weiterentwicklung unterstützt.  

Zum Unternehmen:
Die Bellevue Group ist eine unabhängige Schweizer Finanzboutique, die an der SIX Swiss Exchange kotiert ist. Gegründet 1993, spezialisiert sich das Unternehmen mit seinen rund 100 Mitarbeitenden auf die Geschäftsfelder Brokerage, Corporate Finance und Asset Management. Zur Bellevue Group gehören die beiden Gesellschaften Bank am Bellevue und Bellevue Asset Management. Die Bank verfügt über erstklassige Kenntnisse des Schweizer Aktien- und Kapitalmarktes und bietet unabhängige Research-Empfehlungen sowie tragfähige Lösungen für Kapitalmarkttransaktionen an. Das Asset Management fokussiert sich auf ausgewählte aktive Aktienanlagestrategien in Wachstumsmärkten, im Bereich Gesundheit sowie in weiteren Spezialthemen wie eigentümergeführte Unternehmen.  

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