Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt ist am Freitag im Anschluss an die mit Spannung erwartete Rede des US-Notenbankchefs Jerome Powell gehörig unter Druck gekommen. Der Leitindex SMI lag bis zu Beginn der Powell-Rede, die er am viel beachteten Notenbanktreffen in Jackson Hole am späten Nachmittag hielt, nur leicht im Minus. In der Folge rutschte das Börsenbarometer mit Blick auf die zunehmenden Zinssorgen deutlicher ab und konnte die Marke von 11’000 Punkten nicht verteidigen. Vor allem Zykliker kamen unter Druck, während das Schwergewicht Novartis dem SMI etwas Halt gab.
Kurz vor dem Wochenende heizte Fed-Chef die Zinssorgen und die damit verbundenen Rezessionsängste unter den Anlegern an. In seiner Rede machte Powell klar, dass die Fed entschlossen gegen die nach wie vor sehr hohe Inflation in den USA vorgehen werde. «Die Wiederherstellung der Preisstabilität wird wahrscheinlich die Fortsetzung einer restriktiven Geldpolitik für einige Zeit notwendig machen», sagte er. Powell habe in seiner Rede eine klare Absage an all jene gerichtet, welche auf eine frühzeitige Lockerung der geldpolitischen Zügel gehofft hätten, kommentierte ein Händler. Die Sorge der Anleger wächst nun, dass die Fed auch ein Abgleiten in eine Rezession in Kauf nimmt, um der Inflation Herr zu werden.
Am Ende büsste der SMI 1,10 Prozent auf 10’942,16 Punkte ein. Gestartet war der Index noch im Plus. Auf die ganze Woche gerechnet verblieb derweil ein Rückgang von 1,9 Prozent. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, verlor am Freitag 1,42 Prozent auf 1673,08 und der breite SPI 1,22 Prozent auf 14’109,90 Stellen. Im SLI standen den 28 Verlierern nur noch zwei Gewinner gegenüber.
Unter den Aussagen Powells litten besonders Techaktien und sonstige konjunktursensitive Papiere. So gaben etwa die Titel des Computerzubehörherstellers Logitech (-3,2%) in der letzten Stunde des Handels stark nach. Negative Aussagen des PC-Riesen Dell zum Kundenverhalten belasteten zusätzlich. Aus dem Techsektor erlitten auch VAT (-3,3%) oder AMS-Osram (-3,6%) grosse Kurseinbussen.
Darüber hinaus verloren Zykliker wie der Schmuck- und Uhrenkonzern Richemont (-3,2%), die Bauchemiegruppe Sika oder der Hörgerätespezialist Sonova (beide -2,9%) an der Börse klar an Terrain. Seit Sonova Mitte August eine Gewinnwarnung ausgesprochen hatte, hat die Aktie über einen Fünftel ihres Werts verloren. Die grössten Verluste im SLI gingen auf das Konto des Dentalspezialisten Straumann (-3,8%).
Über den gesamten Tag hinweg erwies sich Nestlé für den Gesamtmarkt als Klotz am Bein. Die Aktien des Nahrungsmittelkonzerns büssten am Ende 1,2 Prozent ein. Am Donnerstag waren die Titel noch eine gute Stütze für das Bluechips-Barometer. Auch die Roche-Bons (-0,9%) konnten sich der Abwärtsbewegung nicht entziehen. Dagegen rückten Novartis um 0,2 Prozent vor, nachdem die Titel am Donnerstag mit den News zur geplanten Sandoz-Abspaltung noch beinahe ein Prozent verloren hatten.
Einigermassen gut schnitten Versicherer wie Swiss Life (-0,6%) oder Swiss Re (-0,8%) ab. Die Aktien der Zurich-Versicherung rückten gar leicht um 0,1 Prozent vor. In einem Analystenkommentar sei die Hoffnung auf höhere Dividenden geschürt worden, meinten Händler.
Im breiten Markt fielen Hiag (+0,4%) und Edisun (+3,2%) positiv auf. Sowohl die Immobilienfirma wie auch der Solastromproduzent erzielten im ersten Halbjahr Rekordergebnisse. Molecular Partners gewannen 0,3 Prozent. Die Biotech-Firma hatte dank einer Zahlung des Partners Novartis im ersten Halbjahr einen Gewinn geschrieben.
SFS schlossen mit Zahlenvorlage nach anfänglichen Kursgewinnen um 3,1 Prozent tiefer. Der Metallverarbeiter ist dank der Übernahme der deutschen Hoffmann und aufgrund einer guten Nachfrage stark gewachsen. Allerdings ist der Gewinn wegen höherer Kosten tiefer ausgefallen. Die äusserst volatilen Aktien der Onlineapotheke Zur Rose kletterten um 2,2 Prozent in die Höhe. Auftrieb gaben die Äusserungen vom deutschen Gesundheitsminister zum E-Rezept. Demnach soll die Einführung elektronischer Rezepte vorangetrieben werden. (awp/mc/pg)