EU-Schluss: EZB-Finanzspritze zeigt Wirkung

Paris – Die massive Geldspritze der Europäischen Zentralbank (EZB) hat den EuroStoxx 50  am Donnerstag auf den höchsten Stand seit September 2008 gehievt. Die EZB nimmt mehr als eine Billion Euro in die Hand, um die Wirtschaft im Euroraum anzuschieben. Dazu will sie von März bis September 2016 jeden Monat Staats- und Unternehmensanleihen im Gesamtwert von 60 Milliarden Euro kaufen. Das entspricht insgesamt gut 1,1 Billionen Euro – und damit deutlich mehr, als allgemein erwartet worden war.

Der EuroStoxx 50  stieg um 1,62 Prozent auf 3322,65 Punkte. In der Spitze war der Leitindex der Eurozone bis auf 3332,51 Punkte geklettert, was den höchsten Stand seit mehr als sechs Jahren bedeute. Für den CAC 40  in Paris ging es um 1,52 Prozent auf 4552,80 Punkte nach oben.

In den unter wirtschaftlichen Problemen leidenden Euroländern Spanien und Italien, die mit zu den größten Profiteuren neuer EZB-Geldspritzen zählen, kletterten die wichtigsten Indizes um 1,70 beziehungsweise 2,44 Prozent. In London stieg der FTSE 100 («Footsie») um 1,02 Prozent auf 6796,63 Punkte.

Das Kaufprogramm könnte laut EZB-Präsident Mario Draghi sogar noch länger fortgesetzt werden, sollte das Inflationsziel von knapp unter 2,0 Prozent nicht erreicht werden. Die Währungshüter sorgen sich vor einer gefährlichen Spirale aus Preissenkungen auf breiter Front – und einer schrumpfenden Wirtschaft.

Die Europäische Zentralbank hat damit laut der Privatbank Berenberg mit ihrem Anleihekaufprogramm die meisten Prognosen übertroffen. «EZB-Präsident Mario Draghi hat einmal mehr geliefert,» kommentierte der Experte Christian Schulz. Mit Verweis auf die Entscheidung, dass im Wesentlichen die nationalen Notenbanken für die Risiken des Kaufprogramms haften, schrieb Schulz, dass der EZB-Rat zwar über das Volumen und die Regeln der Anleihekäufe bestimme. «Aber die Entscheidung könnte immer noch als ein kleiner Schritt auf dem rutschigen Abhang in Richtung einer Renationalisierung der Geldpolitik interpretiert werden.»

Mit Blick auf die europäische Branchenübersicht zeigten sich Finanz- und Automobilwerte mit plus 3,16 beziehungsweise 3,09 Prozent am attraktivsten. Papiere aus dem Medizinsektor hingegen waren mit minus 0,10 Prozent der einzige Verlierer. Börsianern zufolge waren die als defensiv geltenden Titel im aktuell von Optimismus geprägten Umfeld nicht gefragt gewesen.

Unter den Einzelwerten ragten vor allem jene hervor, die von Analystenkommentaren bewegt wurden. So stiegen im EuroStoxx die Papiere von Iberdrola um 3,29 Prozent und profitierten von einer Einschätzung von JPMorgan. Die US-Bank hatte den spanischen Versorger auf «Overweight» hochgestuft. Die Aktien des italienischen Versorgers Enel , die von RBC auf «Outperform» hochgestuft worden waren, gewannen 3,35 Prozent.

An der Index-Spitze verteuerten sich die Aktien von Saint Gobain um mehr als fünf Prozent. Die Titel des französischen Baustoffkonzerns profitierten damit besonders deutlich von der Hoffnung auf eine anziehende Konjunktur in Europa.

Nach Umsatzzahlen zum dritten Geschäftsquartal und Aussagen zum Gesamtjahr stiegen die Aktien des britischen Postdienstleisters Royal Mail um rund dreieinhalb Prozent. Am Ende des Pariser CAC 40 hingegen fielen die Aktien von Gemalto um 2,71 Prozent. Die US-Investmentbank Goldman Sachs hatte ihre Kaufempfehlung für den niederländischen Anbieter digitaler Sicherheitssysteme gestrichen. (awp/mc/pg)

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