US-Schluss: Anleger verlieren auf letzten Metern den Mut

Boerse

New York – Vor dem Wochenende hat die Anleger an der Wall Street auf den letzten Metern etwas der Mut verlassen. Der Leitindex Dow Jones Industrial gab einen Teil seiner Gewinne ab und schloss 0,39 Prozent fester bei 28’606,31 Punkten. Damit schmolz sein Wochenplus auf mickrige 0,07 Prozent zusammen. Der marktbreite S&P 500 rettete einen Tagesgewinn von 0,01 Prozent auf 3483,81 Punkte ins Ziel, während der technologielastige Nasdaq 100 noch ins Minus rutschte und letztlich 0,39 Prozent auf 11’852,17 Zähler verlor.

Als Triebfeder der lange freundlicheren Marktentwicklung hatten Beobachter vor allem gute Einzelhandelsumsätze ausgemacht. Diese waren im September mehr als doppelt so stark gestiegen wie erwartet. Die Konsumausgaben sind ein wichtiger Motor der US-Wirtschaft. Zudem hellte sich das von der Universität Michigan erhobene Verbrauchervertrauen im Oktober stärker als erwartet auf. Dagegen blieben Daten zur Industrieproduktion und -auslastung im September hinter den Prognosen von Ökonomen zurück.

Boeing-Titel zählten mit einem Plus von knapp zwei Prozent zu den grössten Gewinnern im Dow. Der Krisenjet 737 Max des Flugzeugbauers soll aus Sicht der europäischen Luftfahrtbehörde EASA noch in diesem Jahr wieder abheben dürfen. Damit könnte das seit März 2019 geltende Startverbot für Boeings meistgefragten Flugzeugtyp nach mehr als anderthalb Jahren aufgehoben werden. Luftfahrtbehörden aus aller Welt hatten dem Boeing-Jet nach zwei Abstürzen mit 346 Toten vergangenes Jahr die Zulassung entzogen.

Für die Aktien von Pfizer ging es um fast vier Prozent hoch. Der Pharmakonzern kündigte an, im November eine Notfallgenehmigung für seinen Covid-19-Impfstoff beantragen zu wollen.

Besitzer der zuletzt gebeutelten Navistar-Papiere konnten sich am Ende über eine deutliche Kurserholung von knapp 23 Prozent auf 43,52 US-Dollar freuen. Die VW -Nutzfahrzeugholding Traton gab dem Drängen auf einen etwas höheren Übernahmepreis für den US-Truckhersteller auf den letzten Metern nach. Man habe sich auf die Übernahme der restlichen Navistar-Anteile für 44,50 US-Dollar je Aktie geeinigt, teilten VW und Traton mit. Das Angebot stand zuvor bei 43 Dollar.

Dass Hertz Global Holdings von Finanzinvestoren eine Geldspritze von 1,65 Milliarden US-Dollar erhielt, um sich im laufenden Insolvenzverfahren neu aufzustellen, bescherte der Muttergesellschaft des Autovermieters Hertz ein Kursfeuerwerk. Am Ende stand ein Plus von knapp 143 Prozent auf 2,50 Dollar zu Buche. Von den mehr als 20 Dollar, die die Aktien noch im März vor dem Ausbruch der Corona-Krise gekostet hatten, sind sie aber meilenweit entfernt – ganz zu schweigen von den Rekordständen über 50 Dollar aus dem Jahr 2016.

Derweil sackten die Aktien von Schlumberger um knapp neun Prozent ab. Der Ölfelddienstleister enttäuschte die Anleger mit seiner Umsatzentwicklung im abgelaufenen Quartal. Beim Informationstechnikunternehmen Hewlett Packard Enterprise mussten die Aktionäre trotz eines angehobenen Gewinnausblicks ein Kursminus von gut vier Prozent verkraften.

Anteilsscheine von Gilead Sciences verbilligten sich um anderthalb Prozent. Mehrere in weltweiten Testreihen überprüfte, potenzielle Corona-Medikamente haben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wenig oder keinen Nutzen gezeigt. Dazu zähle auch das Gilead-Medikament Remdesivir, das US-Präsident Donald Trump nach seiner Infektion mit dem Virus Sars-CoV-2 erhielt. Das Arzneimittel ist in Europa ebenfalls zur Therapie von Covid-19 zugelassen.

Beim angeschlagenen Elektro-Nutzfahrzeughersteller Nikola stand letztlich ein Kurverlust von rund 16 Prozent zu Buche. Unternehmenschef Mark Russell stiess mit Aussagen in einem Interview, wonach Nikola auch ohne die angestrebte strategische Partnerschaft mit General Motors (GM) bestehen könne, auf wenig Begeisterung.

Der zuletzt schwächelnde Euro stieg wieder über 1,17 Dollar und war in New York zuletzt 1,1715 Dollar wert. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs auf 1,1741 (Donnerstag: 1,1698) Dollar festgesetzt; der Dollar hatte damit 0,8517 (0,8549) Euro gekostet.

US-Anleihen standen angesichts der trotz Corona wieder zunehmenden Risikobereitschaft etwas unter Druck: Der Terminkontrakt für zehnjährige Treasuries (T-Note-Future) sank um 0,06 Prozent auf 139,01 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Anleihen stieg auf 0,75 Prozent. (awp/mc/ps)

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