Artur P. Schmidt: Ist die Fed bankrott?

Von Artur P. Schmidt
artur.schmidt@unternehmercockpit.com


Die aktuelle Weltwirtschaftskrise forciert den möglichen Verfall den Dollar, vor allem da die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) zunehmend ihre konventionelle Munition verschossen hat. Ein Zinssatz von nahezu Null Prozent ist nicht nur die Bankrotterklärung für den US-Dollar als Weltleitwährung, sondern auch für die Fähigkeit von Notenbanken Krisen, die durch Blasen erzeugt wurden, durch die nächst grössere Blase zu ersetzen. Mit dem baldigen Platzen des amerikanischen Bond-Bubbles platzt nicht nur die grösste Mega-Blase der Weltwirtschaftsgeschichte, sondern auch der amerikanische Traum von der Weltherrschaft. Wurde die Deutsche Mark von den Franzosen einst als die deutsche Atombombe gewürdigt, so könnte der Euro zukünftig die entscheidende Waffe werden, um amerikanische Allmachtsträume im Zaum zu halten. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass Europa seinen eigenen Weg aus der Krise findet und den absehbaren amerikanischen Hyperinflationsweg aussen vor lässt.



Abb. 1: Cover des neuesten Bestsellers von Artur P. Schmidt: «Unter Bankstern»
ISBN 978-3-938175-48-4, www.ewk-verlag.de


Bei negativen Zinsen oder einem Zinssatz von Null lohnt es sich sogar, noch weitere Schulden zu machen
Die ökonomischen Strukturen, die sich in den letzten Jahrzehnten in den USA aufgebaut haben, konnten nur überleben, da sich der langfristige Zins immer mehr gegen Null bewegte. Wollte man das weitere Überleben auf diese Art und Weise sicherstellen, müsste der Zins negativ werden, was eigentlich beweisen würde, dass der gegenwärtige Wert des Geld in der Zukunft viel tiefer liegen wird. Dies beweist nur, dass es sich schon heute nicht mehr lohnt, Geld bei einer Bank einzubezahlen, da man zukünftig weniger dafür zurückbekommt. Bei negativen Zinsen oder einem Zinssatz von Null lohnt es sich sogar, noch weitere Schulden zu machen, oder aber Gold und Silber zu kaufen, denn wenn die Inflation zurückkehrt, wird sich das Schuldenproblem durch Zerstörung der Währung von selbst erledigen. Die künstliche Stimulierung einer Schuldenwirtschaft durch Zinsen, die gegen Null tendieren oder sogar negativ werden, kann nicht funktionieren. Zwar mag das Ziel sein, den Dollar im Wert zu allen anderen Währungen fallen zu lassen und so den Export anzukurbeln, jedoch wird das Gelddrucken zum Bailout von maroden Banken das System nicht vor dem Untergang retten, es wird ihn nur hinauszögern und die Heftigkeit eines Währungscrashs nur forcieren.


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Aushöhlung der Fed-Bilanz
Den besten Einblick in das Ausmass der Weltwirtschaftskrise bietet die Bilanz der Fed, die uns auch etwas über den zukünftigen Wert des Dollars verrät. Seit Ausbruch der Krise hat die Fed kontinuierlich die Qualität des Dollars ausgehöhlt. Dies zeigt sich in der Aufblähung der Fed-Bilanz. Wie massiv die Fed den Märkten an zusätzlicher Liquidität zur Verfügung gestellt hat, zeigt sich darin, dass mittlerweile mehr als zwei Drittel der Bilanz (etwa 1.000 Milliarden USD) aus völlig neuen «Verleihmöglichkeiten» besteht, die die Fed erst im Rahmen der Kreditkrise einführte sowie bestehender Instrumente, die die Fed weiter aufgebläht hat. Ob diese je rückgängig gemacht werden können, bleibt aufgrund der Zuspitzung der Weltwirtschaftskrise mehr als fraglich.


Abb. 2: Die Aushöhlung der Fed-Bilanz;
Quelle:
http://www.econbrowser.com/archives/2008/10/balance_sheet_o.html

Verschuldungsinnovationen
Sollte die Fed die so genannte Term Auction Facility auf wie angekündigt 900 Milliarden USD ausbauen, dann dürfte die schon jetzt aufgeblähte Bilanz der Fed völlig aus dem Ruder laufen. Zwar besitzt die Fed ohne Zweifel die Fähigkeit Geld zu drucken, jedoch wissen wir seit der Weimarer Republik, wohin dies führen wird. Hat die Fed bis zum Ausbruch der Krise Geld dadurch geschöpft, dass sie Staatsanleihen von den Banken aufkaufte und diese auf der Aktivseite der Bilanz buchte, so wurden mit der Zuspitzung der Krise immer neue Ausleihmöglichkeiten generiert, die den Nachteil haben, dass diese nur elektronische Kredite darstellen, die Banken nutzen können, um bei Bedarf cash von der Notenbank zu erhalten. Von den 800 Milliarden an Staatsanleihen ist nicht mehr viel übrig geblieben. Diese mussten veräussert werden, um den Banken zusätzliche Liquidität zur Verfügung zu stellen. Jedoch wurde die Liquidität nicht durch eine Vermehrung der umlaufenden Dollars erreicht, sondern durch Bilanzaufblähung durch neuartige Verleihmöglichkeiten, eine besondere Form der Bilanzmanipulation. Um diese zu unterstützen mussten die kurzfristigen Zinsen für die Ausleihung an Banken möglichst auf Null reduziert werden. Dass andere Marktsegmente, insbesondere die risikosensitiven, viel höhere Zinsen fordern, zeigt, dass sich hier eine toxische Mischung aufbaut, die das gesamte US-Finanzsystem zum Kollaps bringen kann. Gelang es noch bis September 2008 die Bilanzsumme weitgehend stabil zu halten, so ist diese in den Folgemonaten um mehr als 50% nach oben geschossen. Die Fed hat weniger riskante Staatsanleihen in ihrer Bilanz mit Hochrisikoanlagen substituiert. Dies zeigt, dass das Notenbanksystem einen Phasenübergang vollzogen hat hin zu einem Junk Bond-System, welches, wenn die riskanten Ausleihungen nicht zurückgeführt werden, unausweichlich zu einem völligen Kollaps des Dollar führen wird. Dies wird jedoch so lange nicht geschehen, so lange die Banken das zusätzlich geschaffene Geld horten und dieses nicht in Form von cash in die Wirtschaft weitergeben.


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Buchhaltungstricks und Aushöhlungsstrategien
Der Fed ist es bisher gelungen, virtuelles Geld zu kreieren, ohne hierfür den Bargeldumlauf oder die Sicherheitseinlagen erhöhen zu müssen. Es bleibt zu fragen, wie lange dieser Buchhaltungstrick funktioniert und wie lange es gelingen wird, einen massiven Anstieg der Inflation nach Abklingen der Deflation (der zuvor aufgeblähten Vermögenswerte in der US-Ökonomie) zu verhindern. Alle neuartigen Fed-Instrumente wurden mit dem Ziel eingeführt, die Verwerfungen am Finanzmarkt zu reduzieren, es hat jedoch den Anschein, das das Gold bisher am besten wusste, was es von all diesen Massnahmen zu halten hat. Es steht kurz vor dem Ausbruch über den bisherigen Höchststand und könnte in den nächsten Jahren auf über 3000 USD ansteigen. Der Grund hierfür liegt in der Aushöhlung der Qualität des Dollars, der auch wenn physisch bisher nicht aufgebläht, virtuell zu einer riesigen Seifenblase avanciert ist. Das Paradoxe an dieser Situation ist, dass die Fed die aufgeblähte Bilanz sogar dafür nutzen könnte, um durch den Verkauf ausländischer Devisenreserven Dollars zurückzukaufen und so den Wert der Währung zu verteidigen. Doch worin liegt hier der Denkfehler? Hatte die Fed bis September 2008 nur die Zusammensetzung ihrer Bilanz geändert, ist diese in den letzten Monaten völlig aufgebläht worden, um die Risiken der Banken in die Bilanz der Fed zu übernehmen. Es ist ein für eine Notenbank einmaliger Akt der Destabilisierung, wenn diese gute Vermögenswerte verkauft und dafür schlechte Vermögenswerte der Banken übernimmt. Diese seit der Lehman-Pleite verfolgte Strategie führte zu unkonventionellen Massnahmen, die jedoch alle nicht dazu führten, dass sich die Kreditmärkte bisher wieder normalisierten. Bernanke scheint jetzt auf das so genannte «Quantitative easing» (quantitative Entlastung) zu setzen, bei der eine Zentralbank bei Zinsen nahe dem Nullniveau fortgesetzt und Vermögenswerte von Banken aufkauft, um so Reserven in das Bankensystem zu pumpen. Das Resultat dieser Massnahmen ist jedoch nichts anderes als eine Schwächung der Währung.


Abb. 3: Aushöhlung der Fed-Reserven zugunsten der Banken
Quelle:
http://www.econbrowser.com/archives/2008/10/balance_sheet_o.html

Wunderwaffe Bilanzverlängerung

Auf der Aktivseite einer Notenbank findet man die Sicherheiten, die von den Geschäftsbanken für die Überlassung von Geld bei der Notenbank hinterlegt werden. Der dramatische Prozess der Verlängerung der Notenbankbilanz begann im Herbst 2008. Ab dem 17. August 2008 weitete sich die Kreditdauer der Diskontkredite von Übernacht auf 30 Tage aus. Immer mehr hochwertige Staatsanleihen wurden gegen Deckung von minderwertigen Ramschanleihen verliehen. Dadurch wurden die Geschäftsbanken mit US-Staatsanleihen ausgestattet, welche diese ihrerseits als Sicherheiten für Finanzierungen hinterlegen konnten. Damit wurde das Risiko von den Geschäftsbanken an die Notenbank ausgelagert, ohne dass das Risiko jedoch abgenommen hätte. Die Fed verkaufte nicht nur Staatsanleihen, sondern sie verlieh sie auch in Form der TSLF zunehmen ab März 2008. Noch augenscheinlicher wird das Ausmass, wenn man bedenkt, dass sich der Anteil der Staatsanleihen an der Bilanzsumme von 90 Prozent vor der Krise auf nun unter 20 Prozent verringerte. Die Pleite von Lehman Brothers verschärfte das Tempo, mit dem die Zentralbank die Staatsanleihen verlieh. Da die verfügbaren Vermögenswerte der Federal Reserve bald ihre Grenze erreichten, konnte durch eine Bilanzverschlechterung das Problem nicht mehr gelöst werden. Der Bestand der hochwertigen und liquiden Aktiva ist entweder konstant geblieben (Gold) oder extrem zurückgegangen (U.S. Staatsanleihen). Bei gleich bleibender Bilanzsumme sind die reduzierten liquiden U.S. Staatsanleihen durch Anstieg in anderen qualitativ minderwertigeren, d.h. vor allem illiquideren Komponenten, ausgeglichen worden. Eine weitere Unterstützung des Bankensystems war deshalb nur noch durch eine Bilanzverlängerung möglich, die vor allem ab dem Herbst 2008 forciert wurde. In den drei Monaten vom 04. September bis 12. November stieg die Bilanzsumme um mehr als 100 Prozent. Vor der Bilanzverlängerung kompensierte die Fed die Aufnahme von minderwertigen Krediten in die Bilanz durch den Verkauf von Staatsanleihen. Zudem verlieh sie in der Term Securities Lending Facility Staatsanleihen. Als es keine Staatsanleihen mehr zum Verkaufen gab, musste die Bilanzverlängerung als letzte Wunderwaffe gewählt werden. Am 25.11.2008 gab es für die Geldpolitik der Federal Reserve einen weiteren Meilenstein. An diesem Tag machte Ben Bernanke die Ankündigung von neuen unkonventionellen geldpolitischen Massnahmen. Anstatt Banken Kredite bei Hinterlegung von Sicherheit zu geben, wurden Kredite nun direkt gekauft. Es wurde angekündigt zunächst für 500 Milliarden USD hypothekengesicherte Wertpapiere (Mortgage backed securities), welche von Fannie Mae, Freddie Mac und Ginnie Mae ausgegeben wurden, zu erwerben. Die Federal Reserve trägt nun das volle Kreditrisiko, wodurch ein Kreditausfall nun unmittelbar auf das Eigenkapital der Federal Reserve durchschlägt.


Abb. 4: Mehr als 500 Milliarden USD Abschreibungsbedarf?
Quelle:
http://www.econbrowser.com/archives/2008/10/balance_sheet_o.html


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Der schöne Schein und weitere Zeitbomben
Seit Ausbruch der Krise haben Notenbanken, Regierungen und Banken versucht, das Ausmass der Krise zu vertuschen. Die Wahrung des Scheins, hier könnte man fast auch den Geldschein meinen, sollte das Stürmen der Bankschalter verhindern. Es sollte den Bürgern vorgegaukelt werden, dass eigentlich bankrotte Institute noch genügend Liquidität und Eigenkapital besitzen. So wurde der Wertberichtigungsbedarf der eigenen Aktiva in homöopathischen Dosen auf die zukünftigen Quartale verlagert. Daneben haben Banken mittels Scheingeschäften Scheingewinne getätigt, um so den Anlegern vorzugaukeln, dass sich die Qualität der Anlagen nicht verschlechtert hätte. Und zu aller letzt soll jetzt auch noch der Schein erweckt werden, dass der Staat mittels erhöhter Schuldenaufnahme und durch Konjunkturpakete das sinkende Schiff noch retten könnte. Doch bisher haben das Gesundreden, Staatsgarantien und Konjunkturpakete nichts bewirken können. Es wird den Bürgern in Bälde klar werden, dass die vorgegaukelte Scheinsicherheit zum Preis eines massiven Dollardruckens erkauft werden wird. Das immer mehr ausufernde Haushaltsdefizit und die Pensionsgelder-Zeitbombe könnten gemäss einer Studie von Gokhale and Smetters in eine 66 Billionen USD Steuerlücke führen, die die USA in den Staatsbankrott führen wird. Das langfristige Steuerloch aus der Differenz aller zukünftigen Staatsausgaben und aller zukünftigen Einnahmen hat gigantische Ausmasse und dürfte mit den Babyboomern, die jetzt ins Rentenalter kommen, noch grösser werden. Aktuell gibt es etwa 77 Millionen Babyboomer, die in den nächsten 20 Jahren aus dem Berufsleben ausschneiden und die schwere Depression der US-Ökonomie weiter verlängern werden. Es dürfte deshalb nicht mehr allzu lange dauern, bis ein Abverkauf amerikanischer Staatsanleihen einsetzen wird, der zwar kurzfristig einen Run auf den US-Dollar auslösen könnte, mittelfristig jedoch zu dessen Crash und einem massiven Anstieg der Inflation, wahrscheinlich sogar Hyperinflation, führen wird.


Die Macht der langen Zyklen
Warum ist der jetzige Abschwung so brutal in seiner Wirkung? Dies liegt daran, dass wir uns längst in einem so genannten «Kondratieff-Winter» befinden, der letzten Periode eines 45 bis 60 Jahre währenden Konjunkturzyklus, der in seiner Endphase zu einer Weimarer bzw. Simbabweschen Hyperinflation führen kann. In dieser gelten folgende drei wesentlichen Grundregeln: 1. Druckt Geld!, 2. Druckt mehr Geld! und 3. Druckt noch mehr Geld! Anstatt Geld in die maroden Banken zu pumpen, sollten diese untergehen. Denn Verstaatlichung ist nicht die Lösung für die aktuelle Krise, sie ist das eigentliche Problem und es trägt den Namen Bailout. Die Überreaktion der Wirtschafts- und Finanzpolitik führt nicht aus der Hölle der Verschuldung heraus. Die de-facto-Verstaatlichung der Hypothekenfirmen Freddy Mac und Fannie Mae war die grösste Verstaatlichungsaktion in der Geschichte der Weltwirtschaft. Dieser Aktionismus wird erkauft zu Lasten der zukünftigen Handlungsfähigkeit des Staates. Auf Kosten der kommenden Generationen wurde jahrzehntelang eine Umverteilungspolitik zu Gunsten der Reichen durchgeführt, die zu revolutionären Umwälzungen führen muss. So übersteigt der Barwert der heute schon Rentnern und anderen Gruppen für die Zukunft zugesagten Staatsausgaben den Barwert der Staatseinnahmen bei gegenwärtigen Steuersätzen bereits um nahezu 70 Billionen USD. Dies lässt keinen anderen Schluss zu, als dass die USA im Grunde genommen bankrott sind. Die meisten Bundesstaaten der USA werden bis Ende 2009/Anfang 2010 erhebliche Finanzierungsprobleme bekommen und viele könnten dann zahlungsunfähig sein. Besonders schlimm ist die Situation in den Bundesstaaten Kalifornien und Arizona. Hier dürften Steuererhöhungen unausweichlich bleiben, um die zunehmenden Defizite zu finanzieren, was jedoch den Konsum weiter abwürgen dürfte. Besonders pikant an der Situation ist, dass diejenigen Banken, die in diesen Bundesstaaten durch einen Bailout gerettet wurden, jetzt den Bundesstaaten und ihren Finanzagenturen kein Geld mehr leihen. Bleibt somit nur noch ein Bailout der Bundesstaaten durch die Fed. Wir stellen uns besser nicht vor, wie gross die Bilanz der Fed dann werden würde. Jedoch reden wir dann hier nicht mehr von Milliarden sondern einer Bilanz in zwei- bis dreistelliger Billionenhöhe. Vielleicht haben es viele noch nicht begriffen, aber die aktuelle Weltwirtschaftskrise ist die schlimmste seit Menschengedenken, viel schlimmer als diejenige der Grossen Depression der 30er Jahre.


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Monetäre Zwangsernährung
Das das traditionelle Instrumentarium der Notenbanken wie Zinssenkungen und Mindestreservehaltung für eine Verwerfung mit dem Ausmass einer Weltwirtschaftskrise nicht ausreichen, mussten neue Massnahmen erfunden werden. Das Problem der damit geschaffenen Liquidität war jedoch, dass die maroden Banken diese nicht zu günstigen Preisen an die Wirtschaft weitergeben, da die Risikoprämien für diese zu gross geworden waren. Bei einem Zinssatz von Null steckt die Wirtschaft wie im Japan der 90er Jahre in einer «Liquiditätsfalle», die John Maynard Keynes bereits in den 1930er Jahren beschrieb. In einem solchen Umfeld ist es nicht möglich, über geldpolitische Eingriffe positive reale Effekte zu bewirken, das heisst, dass die Möglichkeiten der Notenbanken durch Zinssenkungen die Wirtschaft zu stimulieren an Grenzen stösst. Ist die Liquiditätsfalle von längerer Dauer, so sind ausufernde Budgetdefizite die Folge, was ohne Anhebung der Steuern eine ausufernde Erhöhung der Staatsverschuldung bedeuten würde. Während man in den 1970er und 1980ern bei der Beurteilung der Geldpolitik in erster Linie auf Geldmengeinstrumente achtete, kam es in den 1990ern unter Alan Greeenspan zu einem Wechsel hin zu den Notenbankzinsen als wesentlicher Steuerungsgrösse der Wirtschaft. Wenn aber die Geldmenge keine Rolle mehr spielt und auch der Zinssenkungsspielraum wegfällt, dann bleibt den Notenbanken nur noch eine Massnahme: die Erweiterung der Fed-Bilanz. Mit einem an das US-Pentagon erinnernden Buchstabensalat hat Ben Bernanke die Krise in Angriff genommen. Die Akronyme «TAF», «TSLF», «MMIFF», «AMLF», «PDCF» und «CPFF» erinnern mehr an Star Wars-Wunderwaffen als an ökonomische Medizin. Je mehr einzelne Marktbereiche implodierten, desto speziellere Massnahmen wurden notwendig, um den Kollaps der jeweiligen Marktssegmente entgegenzuwirken. Als sogar die Geldmärkte zu kollabieren drohten, musste man das Undenkbare denken und selbst diese im Rahmen des MMIFF stützen. Die Fed setzt dabei auf eine Art monetäre Zwangsernährung der Wirtschaft, bei der sie auf dem Finanzmarkt Wertpapiere aller Art am Markt aufkauft. Weil sie mit Dollar bezahlt, entsteht automatisch neues Geld. Diese unkonventionelle Geldpolitik, auch «quantitative Lockerung» genannt, soll genügend Liquidität für den Markt bereitstellen. Zwar hat dies in Japan zu einer Milderung der deflationären Effekte geführt, jedoch ist Japan ein Exportüberschussland, während Amerika in dieser Hinsicht immer grössere Minussalden hervorgebracht hat. Als Notenbank nimmt sich die Fed das Recht, so viel Geld zu schaffen, wie nötig ist, um marode Wertpapiere aufzukaufen. So hat die Fed seit Anfang 2008 mit solchen Aktionen ihre Bilanzsumme von 900 Milliarden Dollar bereits auf 2.200 Milliarden aufgepumpt und plant mittlerweile sogar den Ankauf von US-Staatsanleihen. Was damit jedoch letztlich getan wird, ist nichts anderes als die Staatsschulden über die Notenpresse zu finanzieren und in einen Zustand der Hyperinflation zu überführen.


Gibt es Alternativen zur Bilanzverlängerung?
Besser wäre es gewesen die von der Finanzkrise betroffenen Haushalte direkt zu unterstützen. Diese Form einer «Kredit-Luftbrücke» würde die vom Bankensystem zu tragenden Kreditrisiken mindern und damit zu einer Erholung an den Finanzmärkten beitragen. Die bisher am weitest reichenden Vorschläge dieser Art stammen von den Politikern Barney Frank und Christopher Dodd, Vorsitzende des House Financial Service Committee bzw. des Senate Banking Committee, und beinhalten eine Verminderung der Zins- und Tilgungszahlungen für von der Zwangsvollstreckung bedrohte Hausbesitzer. Im Mittelpunkt dieses Ansatzes steht die Federal Housing Administration (FHA), die zugunsten dieser Hypotheken Garantien aussprechen und damit eine Umschuldung zu einem von der FHA zugelassenen Kreditinstitut erleichtern soll. Im Gegenzug müssten die bisherigen Gläubiger, also in der Regel die Besitzer eines MBS oder einer anderen Form von Verbriefung, auf einen ausreichend grossen Teil ihrer Forderungen verzichten, um die Chance auf eine vollständige Rückzahlung des verbleibenden Kredits drastisch zu erhöhen. Durch ein derartiges Bailout würden Finanzunternehmen, die in den vergangenen Jahren in verbriefte Wohnungsbaudarlehen investiert haben, in einem deutlich höheren Ausmass an den Kosten der Krisenbewältigung beteiligt werden. Sie hätten aber zugleich die Möglichkeit, diese illiquiden Kredite aus ihren Bilanzen verschwinden zu lassen und somit die Höhe ihrer Verluste zu limitieren. Ein wesentlicher Vorteil des Vorschlags von Frank und Dodd ist, dass der Einsatz von Steuermitteln zugunsten in eine finanzielle Schieflage geratener Hausbesitzer viel eher auf politische Zustimmung stossen würde als ein Bailout international tätiger Investmentbanken. Da die Legitimation der Fed, ihre Bilanz permanent zu verlängern, im Grund genommen nicht gegeben ist, ist das Finanzministerium gefordert, die Solvenzrisiken im Bankensystem zu bekämpfen. Dies wird jedoch zwangsläufig auf Steuererhöhungen hinauslaufen, will man die Staatsverschuldung nicht völlig aus dem Ruder laufen lassen.


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Welcome to Simbabwe!
Während naive Banker im Jahr 2007 noch von 200 Milliarden US-Dollar an weltweiten Abschreibungen ausgingen, könnten diese aufgrund der Derivatisierung aller Ökonomien locker die 10 Billionen USD-Grenze überschreiten. Damit wäre das gesamte Weltfinanzsystem faktisch bankrott und das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn bisher kennen, wäre schon eingeleitet. Amerika als Gralshüter des Kapitalismus hat ausgedient, da längst vor der Zuspitzung der Krise viele kapitalistischen Grundsätze durch sozialistische Massnahmen ad absurdum geführt wurden. Der bisherige Höhepunkt des amerikanischen Zentralkomitees, bestehend aus Fed und Finanzministerium, war der Bailout der Banken. Mittlerweile ist die Eigenkapitalquote der Fed unter 2% gefallen und hat sich in bedenklicherweise dem Nullniveau nähert. Gleichzeitig hat sich der Hebel (Leverage) der Fed auf mehr als 50 erhöht mit der Tendenz steigend. Bei einer normalen Bank bedeutet dies, dass sich eine Bank (siehe UBS) dem Konkurs annähert. Wird nun nur ein kleiner Prozentsatz der sehr unsicheren Notenbankbilanzaktiva ausfallen, so ist sehr schnell ein negatives Eigenkapital erreicht und der Staat bzw. der Steuerzahler werden einschreiten müssen. Bei einer Eigenkapitalquote von 2% hat ein Wertverlust der aufgekauften Papiere von 2% bereits zur Folge, dass die Fed kein Eigenkapital mehr besitzt. Setzt man einen realistischen Wertverlust von 20% an, und hier ist der mögliche Abschreibungsbedarf von Freddy Mac und Fannie Mae (hier wurden Garantien für etwa 5.000 Milliarden USD gegeben) noch gar nicht eingerechnet, so wäre die Fed bankrott. Auf die Einlagen der an der Fed beteiligten Banken als zweite Alternative kann man aufgrund deren desaströser Kapitalausstattung wohl kaum hoffen. Einziger Rettungsanker scheinen noch die Gold-Reserven (aktuell zu etwa 42 USD bewertet) zu sein, deren 8.134 Tonnen bei einem Goldpreis von 940 USD etwa 270 Milliarden USD wert sind. Zwar würde der Verkauf aller Goldreserven die Eigenkapitalquote der Fed auf wieder über 10% anheben, jedoch wird dies nichts an der Tatsache ändern, dass man die Weltwirtschaftskrise nur höhere Steuern oder das massive Drucken neuen Geldes und damit einer Abwertung des US-Dollar wird bewältigen können. Willkommen in Simbabwe! Geht die Bilanzverlängerung im aktuellen Tempo weiter, würden auch mögliche Goldverkäufe nur ein Tropfen auf einen heissen Stein sein. Da ein sofortiger Verkauf den Goldpreis fallen lassen würde, ist die Grösse dieser Stillen Reserven deutlich tiefer anzusetzen. Wer in Zukunft Prognosen über die Weltwirtschaft machen will, wird seinen Schwerpunkt deshalb von einer Zinsanalyse hin zu einer Bilanzanalyse der Notenbanken verschieben müssen. Zwar helfen kreative Buchhaltungsmassnahmen die Fed kurzfristig vor der Insolvenz zu bewahren, jedoch ist ein Ende dieses finanziellen Grossexperiments abzusehen: der Welt-Bankrott. Denn der Donnerschlag der versteckten Geldentwertung ist der Münchhausensche Lügenansatz zur Rettung des Weltfinanzsystems. Der ehrlichere Ansatz wäre, dass weltweit alle Gläubiger auf 20% ihrer Schulden verzichten. Anschliessend müssten ein harter Sparkurs gefahren werden und ein Neuverschuldungsverbot, denn anders ist das System nicht am Leben zu erhalten. Der vielleicht zukünftig unausweichliche Ansatz wäre, eine neue Weltwährung mit einer unabhängigen Währungsbehörde nach dem Vorbild der Deutschen Bundesbank einzuführen, in die sukzessive alle Länder aufgenommen würden, die die neu zu definierenden Stabilitätskriterien erfüllen. Es liegt auf der Hand, dass die Aufnahme der USA in diesen elitären Club erst dann erfolgen kann, wenn diese strenge Auflagen erfüllt. Es muss sichergestellt werden, dass sich ein derartiger Finanzbetrug, wie in die USA vollzogen hat, nie wieder ereignen kann und dieser zukünftig durch wirksames Risk-Management verhindert wird.





Glossar:
CPFF (Commercial Paper Funding Facility): Diese ermöglicht der Fed den direkten Kauf von kurzfristigen Unternehmensanleihen (Commercial Papers).



AMLF (Asset-Backed Commercial Paper Money Market Mutual Fund): Dieses Programm ist in der Fed-Bilanz unter «Other Loans» enthalten. Hierbei werden auch «Asset Backed Commercial Papers» als Sicherheit akzeptiert, um den Markt für Geldmarktfonds liquide zu halten.


MMIFF (Money Market Investor Funding Facility (MMIFF): Dieses Instrument hat die Aufgabe Liqudität für Investoren in die US-Geldmärkte zur Verfügung zu stellen.


TAF (Term Auction Facility): Refinanzierungsgeschäft für Geschäftsbanken, um diesen zu helfen, ihre Liquiditätsschwierigkeiten zu überwinden.


TARP (Troubled Assets Relief Program): 700 Milliarden USD-Plan der US-Regierung zum Rückkauf von notleidenden, in Zusammenhang mit der Immobilienkrise stehenden Assets. TARP stellt eine mindestens ebenso schwere Zäsur dar wie das Ende des Goldstandards. Da es zu einer Fehlallokation von Ressourcen führt, dürfte es sich kaum als Allheilmittel für die Finanzkrise erweisen.


TSLF (Term Securities Lending Facility): Durch die Term Securities Lending
Facility wird eine Ausleihung von bis zu USD 200 Mrd. mit einer Laufzeit von 28 Tagen (anstatt bisher overnight) gegen eine Besicherung mit so genannten guten Wertpapieren, wobei hier ausdrücklich auch Anleihen der halbstaatlichen großen Anleihenemittenten wie Fannie Mae und Freddie Mac (Agency Debt) zugelassen sind, ermöglicht.





Artur P. Schmidt
Der Wirtschaftskybernetiker Dr.-Ing. Artur P. Schmidt wurde in Stuttgart geboren. Er besuchte im Stadtteil Zuffenhausen das Ferdinand-Porsche-Gymnasium und machte dort das Abitur. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Berlin schloss er im Alter von 27 Jahren mit  der Bestnote im Fachgebiet Raketentechnik ab, so dass ihm von Prof. H.H. Koelle die Promotion angetragen wurde. Im Alter von 30 Jahren erhielt Artur P. Schmidt den Doktortitel für ein kybernetisches Marktanalyse-Verfahren am Beispiel der Strategischen Planung von Airbus Industries. Nach einer Beratungstätigkeit bei Anderson Consulting sowie als Leiter der Strategischen Analyse der Ruhrgas AG war Dr. Schmidt Stipendiant der Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre und letzter Schüler von Prof. Hans Ulrich, dem Begründer des St. Galler Management-Ansatzes. Während dieser Zeit begann Dr. Schmidt seine publizistische Laufbahn, aus denen Bestseller wie «Endo-Management» und «Der Wissensnavigator» sowie Wirtschaftsbücher wie «Wohlstand_fuer_alle.com» oder «Crashonomics» hervorgingen. Sein neuestes Buch, welches im EWK-Verlag (www.ewk-verlag.de ) erschienen ist, heisst  «Unter Bankstern».


Heute ist Artur P. Schmidt Herausgeber des Online-News-Portals www.wissensnavigator.com sowie der Finanz-Portale www.bankingcockpit.com , www.wallstreetcockpit.com , www.futurescockpit.com und www.optioncockpit.com sowie Geschäftsführer der Tradercockpit GmbH ( www.cockpit.li ). Dr. Schmidt ist ein gefragter Keynote-Speaker sowie Kolumnist für zahlreiche Finanzpublikationen.

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