Cassis-de-Dijon-Prinzip: Nationalrat stimmt der einseitigen Übernahme zu

Bedenken erweckten im Nationalrat die einseitige Akzeptierung des Prinzips, die Sorge um billige Nahrungsmittelimporte und die Diskriminierung inländischer Produzenten.


Kampf gegen «Hochpreisinsel Schweiz»
Die Annahme des in der EU geltenden Prinzips gehört zum Kampf gegen die «Hochpreisinsel Schweiz». Mit einer Revision des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse (THG) sollen Behinderungen des Warenverkehrs abgebaut werden, die mit 2 Milliarden Franken zu Buche schlagen dürften. Allerdings werden 19 Ausnahmen statuiert.


Nichteintretensantrag abgelehnt
Mit 98 zu 77 Stimmen lehnte der Nationalrat einen gemeinsamen Nichteintretensantrag von Hans Kaufmann (SVP/ZH) und Louis Schelbert (Grüne/LU) ab. Importe von Billig-Lebensmitteln, die schweizerischen Vorschriften zum Gesundheits-, Umwelt- und Konsumentenschutz nicht genügten, seien eine «Schnapsidee», sagte Kaufmann.


«Frage der Vernunft»
Dass die Schweiz das Prinzip einseitig übernehme, sei eine Frage der Vernunft, sagte Kommissionssprecher Georges Theiler (FDP/LU). Es sei illusorisch, dass die 27 EU-Mitgliedländer die technischen Vorschriften des Kleinstaates Schweiz übernehmen würden. Die Schweiz bleibe souverän und müsse sich nicht vor «fremden Vögten» ducken, sagte Christophe Darbellay (CVP/VS). Sie könne die Ausnahmen vom Prinzip selber bestimmen. Sprecher von Rechts und Links warnten dennoch vor einer Nivellierung der Standards nach unten.


Importe von in der Höhe von 173 Mrd. Franken aus der EU
Wirtschaftsministerin Doris Leuthard wartete mit Zahlen auf. Die Schweiz importiere für 139 Milliarden Franken Produkte aus der EU. 73 Milliarden seien von schweizerischen, zum Teil unsinnigen Sondervorschriften betroffen. Die Übernahme des Cassis-de-Dijon-Prinzips reduziere dies um 9 Prozent. In der gegenwärtigen Wirtschaftslage sei ihr jede Milliarde sehr willkommen, sagte Leuthard. Die EU sei ja keine Bananenrepublik. Das Schutzniveau für Produkte aus der EU sei auf gleichem oder gar höherem Niveau als in der Schweiz. Die Schweiz zur «Lebensmittelinsel» machen zu wollen, sei realitätsfremd.


Sonderreglung für Lebensmittel
Beim Import von Lebensmitteln folgte der Nationalrat dem Antrag seiner Kommission, wonach für Lebensmittel eine Sonderregelung gelten soll. Nahrungsmittel brauchen eine vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) vorgängig erteilte Bewilligung, um Zugang zum schweizerischen Markt zu erhalten. Mit 115 zu 51 Stimmen befürwortete der Nationalrat diskussionslos auch das Produktesicherheitsgesetz, das zusammen mit dem THG behandelt wurde. Das Gesetz soll gewährleisten, dass die in- und ausländischen Produkte das gleiche Sicherheitsniveau einhalten. (awp/mc/pg/21)

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