Das ist die IT-Strategie der Visana

Visana-CIO Christoph Lanz (Foto) ist im Zwiespalt. Eigentlich würde er nicht nur der IT-Organisation sondern auch dem Visana-Management gerne eine «Projekt-Verschnaufpause» gönnen. Andererseits will er den Projektzug am Laufen halten und den Vorteil einer existierenden und funktionierenden Projektorganisation nützen. Also steht bereits das nächste IT-Projekt, nämlich die Migration des neuen Kernsystems, Syrius SE, auf die modernere Variante Syrius ASE von Adcubum am Horizont. Noch gibt es aber keinen offiziellen Zeitplan und kein Budget, denn Lanz möchte zuerst die Erfahrungen von Swica mit der Einführung der Kernversicherungslösung abwarten.
 
Das langsame Sterben der proprietären Lösungen
2004 begann Visana damit, «Inter-V», eine Grossrechner-Lösung, und «VDirect», eine uralte, usprünglich auf DBase basierende Eigenentwicklung, abzulösen. In einem ersten Schritt wurden Syrius SE sowie eine ganze Reihe von Umsystemen für das Privatkunden- und das Kollektiv-Versicherungsgeschäft eingeführt.


Nach drei Jahren Projektdauer gingen die neuen Systeme praktisch plangemäss auf einen Schlag im Juli 2007 live.
 
Im zweiten Schritt wurden das Haft- und Sachversicherungsgeschäft auf Syrius SE und die Umsysteme migriert. Das Going-Live erfolgte im Januar 2009. Im Januar 2011 dann soll das Unfallversicherungsgeschäft auf die ganz neue Plattform Syrius ASE migriert werden. Erst später (siehe oben) wird die ganze Krankenkasse dann auf einer einheitlichen Plattform – nämlich Syrius ASE – laufen.
 
Wieviel Geld Visana für die Ablösung der alten proprietären Systeme ausgab, wollte man uns nicht sagen. Bekannt ist hingegen, dass Visana jährlich ungefähr 22 Millionen Franken für den Betrieb der Informatik aufwendet.
 
Umsysteme und eine SOA-Schicht
Syrius SE ist zwar das Kernsystem bei Visana, doch gibt es eine ganze Reihe von Umsystemen, die für das Funktionieren der Krankenkasse unverzichtbar sind. Sichtlich stolz ist Christoph Lanz auf die Eigenentwicklung Visana LP (Leistungsportal). Diese «Spitzenlösung» (Lanz) erlaubt die automatische Erfassung und Verarbeitung von elektronisch empfangenen Rechnungen der Leistungserbringer (Spitäler, Labore, Ärzte). Das System überprüft die Rechnungen und übergibt sie an Syrius, welches seinerseits die relevanten Daten an die Buchhaltungslösung (SAP) zur Bezahlung weitergibt. Menschliches Zutun ist nur nötig, wenn das System auf eine Unregelmässigkeit stösst. Zwar ist man bei Visana stolz auf die Eigenentwicklung, doch ist Lanz durchaus bereit, in Zukunft auch diese abzulösen, falls es eine Standardlösung gibt, die eine vergleichbare Funktionalität und Wirtschaftlichkeit aufweist.
 
Für die Datenanalyse und Auswertungen arbeitet Visana einerseits mit dem Cognos Data Warehouse, andererseits für bestimmte Anwendungsgebiete mit SAS. Weiter gibt es ein elektronisches Archiv (von FileNet / IBM), ein Inkasso-System sowie ein schlankes CRM von der Zürcher Vision Consulting.
 
Die Internet-Portale «My Visana», «Visana Web» und «Business Integra», in denen verschiedenen Kundenkategorien Self-Service-Elemente geboten werden, kommunizieren mit dem Kernsystem über Web-Services. Mit «Business Integra» können Grosskunden direkt Geschäftsprozesse mit Visana verknüpfen und zum Beispiel in die Bearbeitung von Schadenfällen eingreifen. Für den gleichen Zweck, aber für kleinere Firmenkunden, kommt Sunet Online von BBT zum Einsatz.
 
Skepsis gegenüber Outsourcing
Der «Hardware-Zoo», auf dem die komplexen Systeme von Visana laufen, ist recht eindrücklich. So betreiben Lanz und seine Leute immerhin 50 Sparc-Server unter Solaris, 50 Intel-Linux-Server und auch noch über 100 Server unter Microsoft Windows. Das Storage-Area-Network fasst ca. 150 Terabyte Daten und die Krankenkasse hat über 1500 PCs, 330 Drucker und auch noch zwei Taperoboter für die Datensicherung.
 
Glaubte man den Versprechungen der Outsourcer, so wäre ein solcher «Zoo» günstiger zu betreiben, wenn er ausgelagert würde. Lanz widerspricht: «Wir betreiben unsere IT aus Kostengründen selbst. Wir haben heute massiv mehr ‹Blech› im Einsatz aber trotzdem nur drei oder vier Mitarbeitende mehr.» Einzig das Drucken des Massenoutputs wie Abrechnungen und Rechnungen hat Visana zu einem Dienstleister ausgelagert.
 
Auch die grossen Software-Migrationsprojekte hat Visana mit der Unterstützung eines erfahrenen externen Projektleiters selbst durchgezogen. Lanz: «Wenn man eine Generalunternehmung einbezieht, richten sich die Energien rasch nur noch auf die Absicherung. Wir konnten uns mit unserer Projektorganisation hingegen auf die Lösungen konzentrieren.»
 
Windows-Migration? Lieber nicht
Die PCs der grossen Krankenkasse laufen unter Windows XP und mit Office 2003 als Bürosoftware. Sie sollen so lange wie möglich in dieser Konfiguration betrieben werden. Lanz: «Die PCs und die Software sind bezahlt. Jeder Tag, an dem wir mit den bestehenden PCs arbeiten, ist ein guter Tag.» (inside-it.ch/mc)

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