Georges Ambühl, Grand Hotel Bellevue Gstaad: Politisch hat der Tourismus viel zu wenig Unterstützung

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Ambühl, vom Palace «herunter» ins Bellevue, was hat Sie zu diesem Schritt veranlasst, wie konnte Sie Herr Straumann als Hoteldirektor gewinnen?

Georges Ambühl:
Ich habe 18 Jahre fürs Palace gearbeitet, wovon die letzten 11 als Vize-Direktor. Thomas Straumann kannte ich schon länger persönlich. Als er mich gefragt hatte, ob ich mit ihm dieses Projekt realisieren würde, habe ich natürlich begeistert zugesagt.

Sie waren von Beginn weg bei der Realisation des «Hoteltraumes» von Thomas Straumann dabei. Bei der Ausgestaltung wurde an nichts gespart. Ist der Traum perfekt gelungen, oder gibt es Dinge, die Sie aus heutiger Sicht anders machen würden?

Ich hatte den Schwerpunkt etwas zu stark auf den Bereich Food&Beverage gelegt. Als Jahresbetrieb und mit nur 35 Zimmern war die Auslastung der Restaurants nicht wie erwartet. Ab nächstem Winter werden wir jedoch 22 weitere Zimmer und Suiten im Angebot haben, welche wir benötigen um auch den Restaurations-Umsatz entsprechend zu erhöhen.

Thomas Straumann ist nicht nur ein grosszügiger Investor sondern er hat sich mit dem Bellevue auch einen Traum erfüllt. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Herrn Straumann?

Thomas Straumann ist ein sehr angenehmer, unternehmerisch denkender Patron. Wir arbeiten sehr eng zusammen, aber im operativen Bereich lässt er mir grösstenteils freie Hand.

Das Bellevue wurde gleich im ersten Jahr mit Auszeichnungen und medialer Aufmerksamkeit überschüttet? Was werden Sie tun, damit Sie die Position an der Spitze der Schweizer Luxushotellerie halten können?

Ich habe diese Auszeichnungen immer als Ansporn genommen. Sie waren für uns eine grosse Starthilfe und mit den bis jetzt gewonnenen Erkenntnissen und innovativen Ideen werden wir uns weiterhin verbessern.

Das Bellevue ist ein Teil von Gstaad, Sie selbst sind mit Gstaad sehr verbunden. Wie haben die Gstaader das neue Bellevue aufgenommen?

Sehr positiv. Das Bellevue ist auch eines der ältesten und traditionsreichsten Hotels von Gstaad. Vor allem auch, weil Thomas Straumann sehr beliebt ist und weil wir klar kommuniziert haben, dass das Bellevue auch ein Treffpunkt für Einheimische werden soll.

Um grössere Kongresse oder Events beherbergen zu können, müssten Sie die Infrastruktur um ein Kongresszentrum erweitern. Daran müssten sowohl Gstaad als auch einige der Hotels interessiert sein. Wie sehen Ihre Ideen dazu aus, gibt es schon konkrete Pläne zur Erstellung einer solchen Infrastruktur?

Auf dem Areal der ehemaligen Curlinghalle (im Besitz der AG) laufen diverse Projekte betreffend eines Kongresszentrums. Diese werden innerhalb des Verwaltungsrates diskutiert und geprüft. Entsprechend ist eine enge Zusammenarbeit mit den Tourismusverantwortlichen, der Gemeinde wie auch den anderen Hotels erforderlich.

Jedes neue Luxushotel muss einzigartig sein, seine eigene «Seele», ein unverwechselbares Gesicht finden. Was ist die Seele des Bellevue?

Die Seele findet sich in der Philosophie des Bellevue. Wir versuchen, jedem Gast ein «Home-away-home-Gefühl» zu vermitteln, welches wir nicht nur mit der Infrastruktur des Hotels, sondern vor allem mit der Aufmerksamkeit wie auch der Herzlichkeit der Mitarbeiter ermöglichen.


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In Gstaad stehen Sie im Wettbewerb mit dem Palace, Gstaad steht in Konkurrenz zu St. Moritz. Wo sehen Sie Ihre wichtigsten Mitbewerber um die Gunst Ihrer Gäste und welche Vorteile hat das Bellevue in diesem Wettkampf?

Interessant ist, dass die Hälfte unserer Gäste noch nie im Saanenland war und das Bellevue einerseits designmässig wie auch mit seinem einzigartigen Spa einen neuen Markt eröffnet hat. Zudem ist das Bellevue auch ganzjährig geöffnet und ein eher atypisches 5*-Hotel ohne Dress-Codes. Mit Wireless-LAN und Notebook auf jedem Zimmer sprechen wir vor allem auch eine jüngere Kundschaft an.

Knapp zwei Jahre nach dem Neustart haben Sie schon eine beachtliche Stammkundschaft. Wie hoch ist die Auslastung in Ihrem Hotel und ab welcher Grösse schreiben Sie schwarze Zahlen?

Die Auslastung liegt bereits im zweiten Jahr bei 60%. Unser Ziel ist ganz klar ein ausgeglichenes Betriebsergebnis, welches bei einer Belegung von ca. 80% erreicht wird.

Wie sieht der typische Gast im Bellevue aus. Woher kommt er, was sucht er im Bellevue?


Es gibt keinen typischen Gast. Das Schwergewicht liegt auf dem Spa, eher für ruhesuchende Personen und Geniesser einer aussergewöhnlichen Küche, welche das Ambiente des Bellevue schätzen. Momentan sind die Wochenenden sehr stark ausgelasten ? mit Gästen jeden Alters, mit und ohne Familie. Das Marketing wurde bis jetzt stark Schweiz-orientiert getätigt, was uns viele kurzfristige Reservationen einbringt. Seit einem Jahr sind wir Mitglied bei der Kette Relais & Châteaux, von der Seite erreichen uns auch immer mehr Reservationen.

Die Bundesbeiträge für Schweiz Tourismus sind zurzeit in Diskussion wegen einer möglichen Kürzung.
Wie wichtig sind die Beiträge aus Ihrer Sicht und wie beurteilen Sie die Resultate von Schweiz Tourismus?


Dies wäre klar am falschen Ort gespart. Politisch findet der Tourismus in unserem Land viel zu wenig Unterstützung. Schweiz-Tourismus unternimmt bereits grosse Anstrengungen, jedoch müssten zentrale Marketingaktivitäten unbedingt mehr gefördert werden.

Kreativität, Qualität und Innovation sind in der Hotellerie immer wichtiger. Welche Ziele haben Sie mit dem Bellevue noch und welche konkreten Schritte zur Umsetzung stehen in der kommenden Zeit an?

Mit der Qualität der Einrichtung haben wir neue Massstäbe gesetzt. Wir setzen alles daran, unseren Gästen einen harmonischen Aufenthalt, perfekt eingebettet in eine angenehme Atmosphäre, zu ermöglichen. Der Gast wird mit kleinen Highlights immer wieder aufs Neue überrascht.

Sie haben zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus?

Nach einer sehr intensiven Aufbauphase in den letzten Jahren wünsche ich mir mehr Zeit für die Familie und weiterhin soviel Freude am Bellevue und seinen Mitarbeitern.






Der Gesprächspartner
Georges Ambühl, geboren in Bern, kennt das Saanenland seit 30 Jahren. Mit seiner Ehefrau Béatrice lebt er seit 18 Jahren in Gstaad und hat 2 Söhne. Nach einer fundierten Ausbildung im Hotelfach und Aufenthalten im Ausland war er seit 1983, die letzten 12 Jahre als Vizedirektor, im Palace Hotel in Gstaad tätig.

Schon immer hegte er den Wunsch, ein Hotel nach seinen Vorstellungen und Ideen aufzubauen und zu führen. Seit Jahren fand er, dass das Grand Hotel Bellevue in Gstaad aus seinem «Dornröschen-Schlaf» aufgeweckt werden müsse.

Als ihm nun Thomas Straumann vorschlug, das Grand Hotel Bellevue zusammen wieder «in Schwung» zu bringen, sagte er begeistert zu. Als Direktor wird er in Zukunft versuchen, das neue Konzept des Hauses zu verwirklichen und den Gästen näher zu bringen. Dieses beinhaltet nicht nur eine moderne, qualitativ hochstehende Infrastruktur, sondern auch ein ganz spezielles Wellness-Angebot für Körper und Geist. Ebenso werden besondere Schwerpunkte auf die kulturellen und kulinarischen Aspekte gelegt.

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