Keine Wiederholung der Krise: Banken müssen im Risikomanagement aktiv werden

Den Umfrageergebnissen zufolge haben 90 Prozent der 400 Führungskräfte aus dem Bankensektor, die Economist Intelligence Unit im Auftrag von KPMG befragt hat, ihr Risikomanagement überprüft oder planen eine solche Überprüfung. Hingegen haben nur 42 Prozent der Studienteilnehmer ihre Risikoprozesse grundlegend angepasst oder planen eine grundlegende Änderung. Dies deutet darauf hin, dass in vielen Banken die Massnahmen möglicherweise nicht so umfangreich sind, wie allgemein wohl angenommen wird ? oder dass man sich der vollen Auswirkungen erst noch bewusst werden muss, heisst es in einem KPMG-Medienaussand.


Den Worten Taten folgen lassen
Daniel Senn, Mitglied der Geschäftsleitung und Head of Audit Financial Services von KPMG Schweiz, kommentiert die Resultate der Studie mit den Worten: «Unter den Banken, die an der Umfrage teilgenommen haben, herrscht kaum Zweifel daran, dass die mangelnde Disziplin im Risikomanagement ein wesentlicher Faktor hinter der Finanzkrise ist. Im Hinblick auf die zu ergreifenden Massnahmen ist man aber weniger direkt und will sich nicht festlegen: Nur in gut vier von zehn teilnehmenden Banken erfolgen die grundlegenden Anpassungen, die eine Krise dieser Grössenordnung notwendig macht.»


Überarbeitung der Risikostrategie zwingend
Positiv zu vermerken ist, dass zumindest die Wurzel des Problems erkannt wurde. Unmittelbar zu Beginn der Krise hielten es viele Teilnehmer für zu einfach, das Renditestreben in einem Umfeld leicht verfügbarer Kredite oder eine Vergütungspolitik, die nicht auf einen nachhaltigen, langfristigen Shareholder-Value ausgerichtet war, verantwortlich zu machen. Dies waren nicht die zentralen Faktoren; sie trugen sicher zur Krise bei, hätten aber mit einem soliden Risikomanagement angegangen und möglicherweise gemindert werden sollen. Ein wichtiger Teil des Heilungsprozesses wird nun darin bestehen, die gesamte Risikostrategie zu überarbeiten und sich nicht nur einzelner Bereiche anzunehmen. Ohne diese komplette Überarbeitung droht die Gefahr, dass sich das Ganze wiederholt.

Fehlendes Risiko-Know-how
Gemäss dem Research von KPMG besteht Handlungsbedarf im Hinblick auf das ungenügende Risiko-Know-how auf Verwaltungsratsebene, die Kommunikation zwischen der Risikoeinheit und dem übrigen Unternehmen sowie den mangelnden Einfluss der Risikoeinheit. Der letzte dieser drei Punkte leitet sich direkt daraus ab, dass nach Auffassung von&76 Prozent der Teilnehmer die Risikoeinheit einfach als Support-Funktion abgetan wird. Allerdings glauben sieben von zehn Teilnehmern, dass die Einheit einflussreicher ist als noch vor zwei Jahren, und eine noch grössere Zahl ist der Meinung, dass das Risikomanagement einen Wettbewerbsvorteil bedeuten kann. Zudem finden viele der Befragten, dass der Einfluss der Chief Risk Officers auf die Schlüsselbereiche der Strategieentwicklung und Kapitalallokation zugenommen hat. Wenn dieser Trend anhält, dürfte der Risikoeinheit künftig nicht mehr der Ruf einer Backoffice- oder Support-Funktion anhaften.

Heikles Thema
Das Thema des Risiko-Know-hows auf Verwaltungsratsebene ist offenbar heikel. Zwar wird ein Manko in diesem Bereich anerkannt, doch erachten nur wenige Teilnehmer diesen Mangel als bedeutenden Faktor in der jüngsten Bankenkrise. Noch ausgeprägter ist das mangelnde Fachwissen unter den nebenamtlichen Verwaltungsräten. Trotzdem scheint es am Willen zu fehlen, hier den Hebel anzusetzen.


Aufbau einer neuen Kommunikationskultur
Was das Kommunikationsproblem angeht, so halten weniger als 20 Prozent eine ungenügende Kommunikation zwischen den Unternehmensbereichen für einen wichtigen Einflussfaktor der Krise. Weitere Fragen wiesen jedoch auf Unzulänglichkeiten hin, wenn es um die Vermittlung der Risikostrategien an die operativen Einheiten geht. Hier besteht Verbesserungspotenzial bei der Zusammenarbeit mit den Geschäftseinheiten sowie mit der internen Revision und dem Revisionsausschuss.

Mitarbeitende in Risikobewirtschaftung einbinden
«Die Studie zeigt, dass die Banken eine solide Kultur aufbauen sollten, welche die Risikokontrolle auf allen Stufen angeht», ist Daniel Senn überzeugt. «Dies bedeutet, dass die Mitarbeitenden ebenfalls in die Risikobewirtschaftung einzubinden sind, aber auch, dass die Mitarbeitenden die Risikobereitschaft ihres Unternehmens kennen müssen. Das moderne Risikomanagement basiert auf drei Säulen: auf den Mitarbeitenden des Unternehmensbereichs an der Basis, auf der für das Risikomanagement verantwortlichen Einheit und auf der internen Revision. Um eine angemessene Kultur zu etablieren, sollte das Senior Management von oben klare Zeichen setzen. So kann es zeigen, dass die Risikobewirtschaftung kein Randbereich ist, der an die Aufsichtsbehörden oder das mittlere Management delegiert werden kann.


Banken sollten sich darauf konzentrieren, die mit wichtigen strategischen Entscheidungen verbundenen Risiken vermehrt in qualitativer Hinsicht zu beurteilen. Denn Bankprodukte sind mittlerweile so komplex, dass quantitative Methoden allein für die Risikobeurteilung in einem volatilen, ungewissen Marktumfeld nicht mehr genügen dürften. Die aktuelle Krise ist die Folge von Fehlbeurteilungen ? sowie des übertriebenen Strebens nach kurzfristigen Gewinnen und des Fehlens einer gesunden Portion Skepsis. Hoffen wir deshalb, dass sich die Beurteilungen verbessern. Ein aktiver Eingriff in den Risikomanagementprozess, um diesen disziplinierter zu gestalten, wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.» (KPMG/mc/pg)

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