Kunsthaus Zürich: Monets Garten


Das Zürcher Kunsthaus zeigt in der gross angelegten Bilderschau mit gut 70 Bildern eine eindrückliche Ausstellung zu den Gartenbildern Monets. Der Impressionismus ist der Farberscheinung verpflichtet. Monet malt sie «par coeur».

Von Tanja Hess

Claude Monet (1840–1926) hatte seit Beginn seiner künstlerischen Tätigkeit ein intensives Verhältnis zur gestalteten Natur, und ein grosser Teil seiner Werke geht auf unmittelbare Anregungen aus den Gärten zurück, die in seinem Leben eine Rolle spielten: In den 1860iger Jahren war es sein Hausgarten in Sèvres; in den siebziger Jahren der Garten zweier Häuser in Argenteuil, gefolgt von einem Anwesen in Vétheuil.

Giverny ist der Inbegriff der Freiluftmalerei des Impressionismus
Monets bekanntester Garten war der weitläufige, über einen Hektar grosse Park in Giverny. Mehr als drei Jahrzehnte lieferte dieser bis heute berühmte Garten die Ideen und Motive zu Hunderten von Einzelwerken und Serien, darunter die berühmten Seerosen-Bilder. Giverny wurde ab 1900 zur Pilgerstätte für Bewunderer, Sammler und Kunsthändler, und viele rechneten das Atelier unter freiem Himmel zu Monets Kunstwerken.

Die Ausstellung untersucht die ästhetische Funktion für die Entwicklung und Entfaltung seines Gesamtwerkes und die organisatorischen und wirtschaftlichen Hintergründe dieses impressionistischen Naturreichs. Es war nicht nur Inspirationsfeld, sondern lieferte die Erklärung für seine Arbeitsweise und moderne Maltechnik. Wir werfen einen Blick auf die künstlerischen Produktionsbedingungen des Impressionismus, die Wechselbeziehungen eines Künstlers mit seinem Publikum und den internationalen Kunstmarkt der Zeit.

Im grossen Ausstellungssaal des Kunsthauses sind 70 Gemälde von den frühen impressionistischen Werken der 1870er Jahre bis zu den monumentalen «Grandes Décorations», den späten Seerosen-Bildern ausgestellt — Hauptwerke aus europäischen und amerikanischen Museen sowie selten gezeigte Meisterwerke aus Schweizer Privatsammlungen.


«Es ist die sublimierte Dialektik von Aufsicht und Eintauchen, welche die Faszination der Seerosenbilder ausmacht.» 



Die Sehnsucht nach Ewigkeit
Seit geraumer Zeit schon bilden sich Trauben von Menschen vor den Seerosenbildern Monets. Es stellt sich die Frage, was denn die Museumsbesucher finden in den Bildern. Sind es die grossen Flächen, die es den Betrachtern erlauben wirklich in die Tiefe der Farbe einzutauchen, oder ist es weit mehr?
In der hektischen Zeit von Adsl und mehr wird der Betrachter eine Verlangsamung erfahren. Die Bilder brauchen Aufmerksamkeit und Ruhe, die man ihnen aber gerne entgegenbringt. Quasi alleine von der Farbe inszeniert lässt sich der Betrachter verlangsamen, etwas, was er sonst keineswegs gerne mit sich geschehen lässt. Die taktile Qualität der Oberfläche fasziniert durch die Virtuosität des Pinsels. Der Verzicht auf minutiöse Details zu Gunsten von grosszügiger Fläche lässt das Bild oszilieren zwischen Oberfläche und Farbtiefe.
Die Malerei Monets gibt in diesem Sinne etwas, was der Betrachter vermisst in seinem Leben: Ruhe. Genau diese Ruhe lässt sich dann in einem sinnlichen Farbrausch geniessen, auskosten. Damit erfüllt sich die Sehnsucht, die der Kunst inhärent ist: Die Sehnsucht nach Ewigkeit.


Der Seerosenteich, 1899, Öl auf Leinwand, 89 x 92 cm.
Die Japanische Brücke
Über den Seerosenteich lässt Monet im Jahr 1895 in einfacher Konstruktion eine niedrige Holzbrücke mit einem Spalier zimmern, deren gleichmässiger, sanfter Schwung einen flachen Kreissegmentbogen wiedergibt. Sucht man nach einem Vorbild für die Brücke, so wird man in japanischen Farbholzschnitten leicht fündig. Monet ist zwar ein Liebhaber und Sammler fernöstlicher Druckgrafik, doch hat er nicht die Absicht einen «japanischen Garten» anzulegen. Die «Pont japonais» wird jedoch zum bekanntesten aller Motive aus dem Garten von Giverny. Ab 1920, als er immer die gleichen Motive malt, wird sie ein zentrales Motiv.

Wie wirkt Blau und Grün in direkter Nachbarschaft
Die Serie hat sich von einer künstlerischen Strategie zu einem Prinzip entwickelt, mit dem Monet ein einziges Experimentierfeld erkundet, die Effekte der Farbe auf der Leinwand, mit dem er letztlich auch einem der Grundprinzipen des Impressionismus bis zum Schluss treu bleibt. Das Faszinosum der spätesten Bilder ist die Freiheit, mit der er nun arbeitet. Die Farbe scheint sich gleichsam von der natürlichen Form zu lösen und ein Eigenleben zu führen, und nur vage erinnern die wirbelnden Formationen an die Vegetation, die sie hervorbrachten. Zugleich zeugt die Menge der Bilder von einer erstaunlichen Schaffenskraft und körperlichen Ausdauer des bald Achtzigjährigen.

Einmal ist die japanische Brücke ganz auf Grüntöne gestimmt, dann erscheint sie in glühendem Orange, Rostrot und Violett. Der Vergleich zeigt, wie er damals mittels der Farbperspektive eine tiefenräumliche Wirkung erzielt und die Komposition durch den Kreissegmentbogen rhythmisiert.

«par coeur»
Aus dieser anfänglich perspektivischen Staffelung werden flächige Zonen, wobei die mittlere durch die farblich kompaktere Brücke, das Wasser und der Himmel so ähnlich behandelt werden, dass kaum Unterschiede zu sehen sind. Die Formen sind wolkig aufgelöst, die horizontalen und vertikalen Partien der früheren Bilder sind nun kreisförmige Pinselbewegungen, die sich zu Farbinseln verdichten und so die Komposition zu den Ecken hin stabilisieren. Monet malt diese Werke «par coeur», im Atelier. (kh/mc/th)


Der Seerosenteich Seerosen, 1897-1899, Nymphéas, Öl auf Leinwand, 130 x 152 cm, Privatbesitz
«Der Seerosenteich» (1899) belegt eindrucksvoll, mit welcher Hingabe Monet sich den Licht- und Farbstimmungen verschiedener Tageszeiten vom immer gleichen Standpunkt aus widmet. Eine charakteristische Kombination aus verschiedenen Elementen macht den besonderen Effekt dieser Komposition aus: der dreifache, flache Kreissegmentbogen; die horizontal in unregelmässigen Flächen ausgebreiteten Seerosenkolonien; die Vertikalen, die aus den Ästen einer nicht im Bild zu sehenden Trauerweide gebildet werden, lassen die im nächsten Kapitel gezeigten Spiegelungen erahnen.
Spiegelungen 
Das malerische Motiv
 Teich mit Seerosen, 1907, Etang avec nymphéas, Öl auf Leinwand, 107 x 73 cm.

Der Reiz vieler Seerosengemälde entsteht durch das Einfügen eines neuen Motivs, die grossflächigen Spiegelungen des Himmels und der Bäume auf der Wasseroberfläche, die den inselartigen Seerosenkolonien eine zusätzliche kompositorische Spannung verleihen. Sie ist noch gesteigert bei der Gruppe der hochformatigen Seerosen-Bilder von 1907 und 1908, die aufschlussreich sind hinsichtlich der Standorte, die Monet wählt. Je nach Motiv nimmt er einen bestimmten Platz ein und erwartet eine bestimmte Lichtstimmung, um die Spiegelung des Himmels auf der Wasseroberfläche festzuhalten. In unmittelbarer Nähe des Teiches stehen zwei Trauerweiden mittlerer Grösse, deren Triebe fast den Boden und die Wasseroberfläche berühren.

Sein Hauptaugenmerk gilt den farbigen Reflexen auf der Wasseroberfläche. Auffallend ist die opalisierende Farbigkeit, die durch wenige dünne Schichten verdünnter Farbe zustande kommt, wobei Monet den Wechsel von Partien mit horizontaler oder vertikaler Pinselführung beibehält.

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