Museum Rietberg Zürich: Angkor – Göttliches Erbe Kambodschas

Die Ausstellung zeigt 140 vornehmlich aus dem 7. bis 13. Jahrhundert stammende Werke – unter ihnen monumentale Bildwerke aus Sandstein und Bronze. Hauptleihgeber ist das Nationalmuseum der heutigen Hauptstadt Phnom Penh. In der Sprache des kambodschanischen Volks der Khmer bedeutet Angkor «königliche Stadt» und Wat «Tempel».








Göttliche Monarchie
Die Khmer verdankten ihren Wohlstand dem Handel und der Landwirtschaft. Durch ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem erzielten sie jährlich bis zu drei Reisernten. An der Spitze der Gesellschaft stand der König. In der Angkor-Periode (9. – 13. Jahrhundert) gaben sich die Könige einen Götter-Status. Ihr Machtbewusstsein, aber auch ihre tiefe Spiritualität manifestierte sich in einer kolossalen Bautätigkeit. Bis heute zeigt sich in den Sakralbauten aus Sandstein die ganze technische Versiertheit und künstlerische Perfektion dieser Hochkultur. Die Tempelanlagen folgten einer kosmologischen Konzeption: Die Erde ist ein von Gebirgsketten umgebenes Viereck. Jenseits dieses Gürtels dehnen sich unendlich weit die mythischen Ozeane aus. In der Mitte des Vierecks steht die Weltachse, der Berg Meru, der Sitz der Götter.

Die frühesten überlieferten Werke der Khmer aus dem 6. bis 8. Jahrhundert stehen in der Tradition der indischen Kunst. Dargestellt sind sowohl buddhistische wie auch hinduistische Heilsgestalten. Sie zeigen bereits einen eigenen, unverkennbaren Stil. Die mit hoher künstlerischer Sensibilität aus Stein gehauenen Göttinnen und Götter dieser frühen so genannten Prä-Angkor-Zeit bilden den fulminanten Auftakt der Ausstellung.


Den Schwerpunkt der Ausstellung bilden die grandiosen Stein- und Bronzefiguren, die einst in den Tempeln verehrt wurden. Sie stammen aus der Angkor-Periode, die im 9. Jahrhundert begann, als das Machtzentrum in die Nähe des Grossen Sees, den Tonle Sap, verlegt wurde. Das Reich von Angkor erstreckte sich über weite Gebiete Thailands und Vietnams und wurde zur beherrschenden Macht Südostasiens.

Unter der Herrschaft des Königs Jayavarman VII. (1181-1220) gewann der Buddhismus gegenüber dem Hinduismus an Einfluss. Die vom König in Auftrag gegebenen Tempelbauten sind den Idealen von Mitgefühl und Weisheit verpflichtet. Dies ist an den imposanten Gesichtertürmen des Bayon-Tempels zu erkennen. Das verinnerlichte Lächeln auf den ausdrucksvollen Gesichtern, das berühmte «Lächeln Angkors», ist zum Inbegriff der späten Angkor-Zeit geworden. Wie kein anderes Werk vermag der Porträtkopf des Königs Jayavarman VII., das Titelstück der Ausstellung, diese weltentrückte innere Ruhe und Harmonie zum Ausdruck zu bringen.


Nach dem Tod dieses bedeutenden Königs setzte eine Stagnation ein und im 15. Jahrhundert wurde Angkor von den Khmer Königen ganz verlassen. Die Ausstellung zeigt zum Schluss, wie der Buddhismus bis in die heutige Zeit weiterlebt. Angkor ist bis heute das Symbol der nationalen Identität Kambodschas.


Erst seit sich Kambodscha in Folge der Pariser Friedensabkommen Anfang der 1990er Jahre politisch zu stabilisieren begann, wurden die grossartigen Tempelstätten für Reisende wieder zugänglich. Seither ist die Kultur des Khmer-Reiches erneut in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit gerückt. Die Tempel mit ihren kunstvollen Steinmetzarbeiten, den lebendigen erzählenden Reliefs und den äusserst eleganten Skulpturen haben seit ihrem Bekanntwerden in der Mitte des 19. Jahrhunderts das Publikum in Europa in Staunen versetzt. Der Name Angkor steht für geheimnisvolle und weitläufige Tempelanlagen im Dschungel Kambodschas. (mr/mc/th)

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