Raymond Bär: «Wir kommen um Entlassungen nicht herum»


Obwohl sich die konservative Geschäftspolitik der Julius-Bär-Gruppe offenbar auszahlt, will der Konzern weiter sparen. Im Interview erklärt der designierte Verwaltungsratspräsident Raymond J. Bär, warum seine Bank massiv Stellen streichen will.

Von Martin Vetterli


Raymond J. Bär: «Wenn sich die Situation nicht grundsätzlich verändert, wird der Reingewinn dieses Jahr im zweistelligen Bereich zurückgehen.» (keystone)
Moneycab: Der Reingewinn der Julius Bär Holding ist um 19 Prozent zurückgegangen. Sie, Herr Bär, machen trotzdem keinen unglücklichen Eindruck?
Raymond J. Bär: Mit unserem Jahresergebnis bin ich tatsächlich nicht unzufrieden. Wir haben in einem sehr schwierigen Umfeld ein solides Jahresresultat erzielt und stehen damit gut in der Landschaft. Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten mussten wir auch keine Abschreibungen vornehmen.

Fühlen Sie sich heute in Ihrer konservativen Geschäftspolitik bestätigt?
Es zahlt sich jetzt aus, dass wir uns während der Jahre der Übertreibungen nicht von der Euphorie anstecken liessen und auf grosse Akquisitionen verzichtet haben. Um Ihre Frage zu beantworten: Ja, ich sehe unsere traditionell konservative Politik im Rückblick bestätigt.

Trotzdem sind die betreuten Kundenvermögen in zwei Jahren von 142 Milliarden auf 106 Milliarden Franken geschmolzen.
Der Rückgang ist natürlich auch für uns eine Enttäuschung. Er ist aber im Wesentlichen eine Folge der Wertverluste an den Börsen. Hinzu kommt die Dollarschwäche: Weil rund 30 Prozent unserer Kundendepots in Dollar geführt werden, lösten sich dadurch 5 Milliarden Franken an betreuten Kundenvermögen auf.


Fühlen Sie sich heute in Ihrer konservativen Geschäftspolitik bestätigt?
Es zahlt sich jetzt aus, dass wir uns während der Jahre der Übertreibungen nicht von der Euphorie anstecken liessen und auf grosse Akquisitionen verzichtet haben. Um Ihre Frage zu beantworten: Ja, ich sehe unsere traditionell konservative Politik im Rückblick bestätigt.Trotzdem sind die betreuten Kundenvermögen in zwei Jahren von 142 Milliarden auf 106 Milliarden Franken geschmolzen.
Der Rückgang ist natürlich auch für uns eine Enttäuschung. Er ist aber im Wesentlichen eine Folge der Wertverluste an den Börsen. Hinzu kommt die Dollarschwäche: Weil rund 30 Prozent unserer Kundendepots in Dollar geführt werden, lösten sich dadurch 5 Milliarden Franken an betreuten Kundenvermögen auf.


Gleichzeitig ist der Zufluss an Neugeldern fast versiegt. Beunruhigt Sie das nicht?
Dass uns letztes Jahr nur 300 Millionen Franken Neugelder zuflossen, wird sich mit Sicherheit auf unsere künftigen Ergebnisse auswirken. Doch wir sind nicht alleine von dieser Entwicklung betroffen. Es befindet sich ganz einfach nur sehr wenig Neugeld im Markt und der Kampf darum wird hart geführt.Doch ich sehe verschiedene positive Entwicklungen. So eröffnen sich uns in Amerika signifikante Wachstumschancen. Bereits letztes Jahr flossen uns dort Neugelder im Wert von über 1,2 Milliarden Dollar zu. Dank den verstärkten Sales-Aktivitäten erwarten wir in den USA einen substanziellen Neugeldzufluss über die nächsten Jahre. Einen positiven Effekt erhoffen wir uns auch von unserer Private-Banking-Initiative in Italien. Zudem werden wir gezielt Vermögen dazu kaufen.Erhalten Sie jetzt mehr Gelder aus dem Nahen Osten, wo wegen der Irak-Krise aus Amerika abgezogen werden?
Bisher haben wir nichts davon verspürt. Dies wird sich aber durch die Eröffnung unserer Niederlassung in Dubai ändern. Die Situation in Lateinamerika stellt sich anders dar. Dort stellen wir wegen der innenpolitischen Entwicklungen einen gewissen ‹Money-Shift› fest.Der Ausblick für das laufende Jahr fällt trotzdem düster aus. Ihr CEO Walter Knabenhans erklärte am Morgen, der Reingewinn werde mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit deutlich tiefer ausfallen. Wie tief?
Das lässt sich im Moment nur abschätzen. Aber die Entwickung der beiden letzten Monate zeigt klar: Wenn sich die Situation nicht grundsätzlich verändert, wird der Rückgang im zweistelligen Bereich liegen. Deshalb wollen Sie noch verstärkt auf die Sparbremse treten. In der heutigen Situation kommen wir um weitere Massnahmen zur Kostensenkung nicht herum. Aber auch wenn wir die Kosten wie geplant auf das Niveau von 600 Millionen Franken oder leicht darunter senken, wird selbst das die geringeren Erträge noch nicht aufwiegen.Sie künden jetzt das dritte Sparprogramm innerhalb von nur zwei Jahren an. Geht das bei der Bank Bär so weiter?
Ende Jahr ist eine untere Grenze erreicht. Wenn sich die Märkte nicht noch deutlich verschlechtern, werden wir um weitere Massnahmen herumkommen.Zu den bereits 150 Stellen, die Sie bis Mitte Jahr streichen wollen, kommen jetzt noch einmal so viele dazu. Muss Julius Bär jetzt Entlassungen aussprechen?
Wir werden alle Möglichkeiten ausnützen, um den Abbau so sozialverträglich wie möglich zu gestalten. Natürlich versuchen wir, die bis anhin hohe Fluktuationsrate auszunützen. Wir werden aber auch vermehrt Arbeitszeitmodelle anbieten, die es bei uns übrigens bereits heute in grösserem Umfang gibt. Aber leider muss ich sagen: Um Entlassungen werden wir wohl kaum herumkommen.Interview: Martin Vetterli (swisscontent)

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