Steuerstreit Schweiz – EU: Schweizer goutieren Druck nicht

Bei 75,5% der Befragten kommt der Druck der EU schlecht an. Nur 18,7% beurteilen das Vorgehen der EU als richtig. Dies zeigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Isopublic, die die «SonntagsZeitung» (SoZ, Ausgabe 18.2.) in Auftrag gegeben hat. 5,8% der 1002 befragten 15- bis 74-Jährigen haben dazu keine Meinung.


Privilegien als falsch verurteilt


Inhaltlich fährt eine Mehrheit der Befragten allerdings auf Brüsseler Kurs: 63,2% halten es grundsätzlich für falsch, dass verschiedene Kantone Holdinggesellschaften und andere Unternehmen steuerlich begünstigen. 28,5% der Befragten befürworten solche Privilegien.

Druck aus Brüssel nachgeben


In der Frage, ob die Schweiz im Steuerstreit ihre Stellung behaupten kann, zeigen sich die Schweizerinnen und Schweizer skeptisch: Bloss knapp die Hälfte, nämlich 48,5%, glaubt, dass dies auch langfristig der Fall sein wird. Für 40,5% wird die Schweiz schlussendlich dem Druck aus Brüssel nachgeben müssen.

Steuervorteile als staatliche Subvention kritisiert


Der Steuerstreit sorgt schon lange für Schlagzeilen. Am vergangenen Dienstag hatte die EU-Kommission die Steuervorteile für Holdinggesellschaften als staatliche Subvention kritisiert. Aus ihrer Sicht verletzen sie das Freihandelsabkommen von 1972. Brüssel will deswegen mit der Schweiz an den Verhandlungstisch sitzen.

Keine vertragliche Regelung – keine Verstosse


Bundesrat Hans-Rudolf Merz wies den Vorwurf prompt zurück: Die Schweiz und die EU hätten keine vertragliche Regelung, um die Unternehmensbesteuerung anzugleichen. Deshalb könne die Besteuerung von Holdings und anderen Gesellschaftstypen in den Kantonen auch nicht gegen Abmachungen verstossen.

Es gebe «schlicht nichts zu verhandeln»

Am Wochenende bekräftigte der Finanzminister diese Haltung in Interviews mit der «Samstagsrundschau» von Schweizer Radio DRS und der «SonntagsZeitung». Es gebe «schlicht nichts zu verhandeln». Die Schweiz halte sich an internationale Regeln; zudem profitierten auch gewisse EU-Staaten von ähnlichen steuerlichen Mitteln.

Gesprächsverweigerung vermeiden


Derweil will der EU-Botschafter in der Schweiz, Thomas Reiterer, im Steuerstreit vermitteln. Er sieht seine Aufgabe darin mitzuhelfen, «dass man sich auf ein Gespräch zubewegt», sagte er in einem am Samstag in der Berner Tageszeitung «Der Bund» (Ausgabe 17.2.) erschienenen Interview. Gesprächsverweigerung sei nicht üblich unter «Partnern und Freunden», sagte Reiterer. Die EU drohe nicht: «Wir wollen nichts aufzwingen.» Die EU wolle «keine Eskalation». Dies habe ihm EU- Aussenkommissarin Benita Ferrero Waldner «deutlich gesagt», sagte der Österreicher.

Mehrheit lehnt EU-Beitritt ab

Der Steuerstreit mit der EU hat gemäss der Isopublic-Umfrage offenbar auch Auswirkungen auf das Verhältnis der Schweizer Bevölkerung zur EU. Einen Beitritt der Schweiz zur EU lehnen 50% der Befragten ab. 43% würden ihn begrüssen.

Mehrheit lehnt weitere Zahlungen ab


Nachdem sich im vergangenen Jahr noch 53,4% der Stimmbürger für die Kohäsionsmilliarde ausgesprochen hatten, befürworten heute nur noch 41,3% der Befragten zusätzliche Hilfsgelder für die neuen EU-Beitrittsländer Bulgarien und Rumänien. 50,9% der Befragten lehnen weitere Zahlungen ab. Nach EU-Angaben geht es dabei um einen zusätzlichen Betrag von rund 300 Mio CHF. Über einen allfälligen Rahmenkredit müsste das Parlament entscheiden. Das Referendum kann dazu jedoch nicht ergriffen werden. (awp/mc/ab)
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