Ueli Eggenberger, CEO Mövenpick Wein: Innovationsfreude und Neuigkeitskadenz

Von Tanja Hess

Moneycab: Herr Eggenberger, Sie leiten das Unternehmen Mövenpick Wein. Das Unternehmen zählt zu den führenden Importeuren und Anbietern internationaler Qualitätsweine. Das heisst, Sie bieten Ihren Kunden in der Schweiz und Deutschland exklusiv eine Reihe von erstklassigen Tropfen an. Woran orientieren Sie sich beim Einkauf der Produkte?

Ueli Eggenberger:
In der Tat ist der Einkauf die eigentliche Basis unseres Geschäftes. Wir kaufen ausschliesslich vor Ort also direkt beim Produzenten ein. Wir kennen unsere Produzenten; langjährige Beziehungen sind die Regel. So ziehen wir den direkten Besuch der Anbaugebiete hektischen Messebesuchen vor; damit können wir die aktuelle Entwicklung und Stimmung am Produktionsort erleben.

Moneycab: Wo entsteht der Weintrend? Wovon ist ein Trend abhängig und wie weit sind Sie am Trendsetting beteiligt?

Ueli Eggenberger: Wein verkaufen hat sehr viel mit Kommunikation via Medien zu tun, dann aber auch im Gespräch zwischen Kunde und Verkäufer. Es wurde wohl noch nie soviel über Wein geschrieben und diskutiert wie heute. Das Weinwissen entwickelt sich in einem stetig wachsenden Teil der Bevölkerung und natürlich wird dieses Wissen primär von den Medien «geliefert». Trends und Nachfrage entwickeln sich, wenn ein Thema auf breiter Front und immer wieder aufgenommen wird. Ein gutes Beispiel ist Süditalien: Sardinien und Sizilien waren bekannt, wohl als Feriendestination, kaum aber für ihre Weine. Nachdem vor etwa drei Jahren in verschiedenen Publikationen diese Regionen als Weinbaugebiete vorgestellt, und die Weine als in vieler Hinsicht attraktiv beschrieben wurden, entwickelte sich eine gute Nachfrage, die bis heute anhält. In diesem Sinne können Medien einen Trend setzen und verstärken.

Die Frage müsste vielleicht so gestellt werden: Wie kommen die Medien auf das Thema? Da versuchen wir zu helfen und präsentieren interessante News, Fakten und natürlich Weine. In unserer Kommunikation, das heisst in den monatlichen, bewusst informativ gestalteten, Mailings, aber auch via Internet und in unseren Weinkellern, haben wir die Chance, diese Themen zu vertiefen. Dabei wollen wir weniger belehren oder Wissen vermitteln denn verführen: Zur spannenden Entdeckung eines neuen Weines.


«Mit der Globalisierung der Weinwelt geht leider auch eine gewisse Uniformierung einher, und ich bin überzeugt, dass der emanzipierte Kunde je länger je mehr das Echte und Ursprüngliche fordert.»  Ueli Eggenberger, CEO Mövenpick Wein


Moneycab: Was macht Ihr Angebot einzigartig?

Ueli Eggenberger:
Unsere Innovationsfreude, die sich in einer hohen Neuigkeitskadenz äussert, will heissen, dass unser Basis Angebot, das sind gut 1’200 Artikel, stets geschmückt wird mit «neuen Weinen». Diese können aus bis dato kaum bekannten Anbaugebieten kommen. So präsentierten wir zum Beispiel im letzten Jahr eine Selektion an Weinen aus Georgien, oder die Novität bezieht sich auf die Herstellung des Weines, etwa ein Chardonnay aus Chile, der nicht im Holzfass ausgebaut wurde. Schliesslich macht es uns ganz besonders Freude, von einem bekannten, bei uns etablierten Produzenten eine neues Produkt zu lancieren, wie im Frühling den Rosé von Chateau Smith Haut Lafitte aus dem Bordelais.

Moneycab: Mövenpick Wein bietet in Zusammenarbeit mit der Académie du Vin regelmässig Weinseminare an zu allen wichtigen Weingebieten. Gehört die Weinkennerschaft zu den Grundfertigkeiten des zivilisierten Menschen?

Ueli Eggenberger:
Ich glaube schon. Es ist uns ein Anliegen, Weinwissen unterhaltend zu vermitteln.


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Moneycab: Trinkt die Schweiz in zwanzig Jahren immer noch die Tropfen des «European Classics» oder haben im Zuge der gesunden Ernährung, mit leichteren Speisen, die schweren Franzosenweine ausgedient und werden von den Weinen der «New World» abgelöst?

Ueli Eggenberger: So schwer sind die Franzosen in aller Regel nicht. Da gibt es gerade aus der neuen Welt einige beinahe dickflüssige Essenzen, die die Franzosen betr. Alkohol- und Säuregehalten um Längen schlagen. Mit der Globalisierung der Weinwelt geht leider auch eine gewisse Uniformierung einher, und ich bin überzeugt, dass der emanzipierte Kunde je länger je mehr das Echte und Ursprüngliche fordert. Und das kann in Sachen Wein aus Europa oder Übersee kommen, muss sich aber via seine Eigenständigkeit profilieren. In diesem Sinne wird die Frage nach dem Ursprung in den Hintergrund rücken.

Moneycab: Wie steht es mit dem «Knowhow Vorsprung» der klassischen Weinproduzenten?

Ueli Eggenberger: Tradition kann hinderlich sein. So genannt «neue Regionen» sind gerade in der Anwendung neuer Technologien im Rebberg und im Keller sehr offen, manchmal auch unbedacht. «Know How» in der Weinproduktion sollte heissen, im Einklang mit der Natur einen sorten- und gebietstypischen Wein zu vinifizieren, der viel Trinkgenuss bietet. So verstanden, ist eine generelle Aussage zum Wissensvorsprung einzelner Länder und Regionen kaum möglich.

Moneycab: Die Traubenernte wird bald eingefahren. Der Sommer ist vorbei, bevor er eigentlich erst richtig begonnen hätte. Weite Teile der Schweiz haben eher wenig Regen abbekommen. Wie stehen die Aussichten auf einen «guten Jahrgang» in der Schweiz und wie verhält es sich mit den Nachbarländern?

Ueli Eggenberger: Entscheidend sind die letzten drei bis vier Wochen vor der Ernte. So ist also noch vieles möglich; die Voraussetzungen, dass auch 2004 in vielen europäischen Gebieten ein Top Jahrgang wird, sind aktuell gegeben. Generell darf man zudem festhalten, dass in den letzten Jahren die qualitativen Unterschiede von Jahr zu Jahr deutlich kleiner geworden sind. Grund dafür sind fortgeschrittene technische Möglichkeiten vor allem in der Weinbereitung.

Moneycab: Letztes Jahr haben Sie den Weinliebhabern die Tropfen der «Zaren & Zigeuner» gezeigt. Welchen Fokus dürfen wir heuer erwarten?

Ueli Eggenberger: Aktuell läuft unser Angebot «Tour d› Europe» mit mehr als 50 Weinen europäischer Provenienz. Neben den etablierten Anbaugebieten sind auch Weine aus weniger bekannten Regionen wie Manduria (Süditalien) mit einem Primitivo, das Alto Adige (mit einem reinsortigen Lagrein) oder Ungarn mit einem phantastischen Cabernet Sauvignon aus Villany (Südungarn) vertreten. Mit diesem Angebot unterstreichen wir unseren Ehrgeiz, neben Bekanntem immer wieder überraschend Neues zu präsentieren. Dabei muss das Neue immer auch unsere Vorstellungen betr. Qualität und Preis erfüllen, einfach um des Neuen willen wird nichts lanciert.

Moneycab: Zum Schluss möchten wir noch einen allgemeinen Tipp von Ihnen? Welche Region sollen wir denn im Auge behalten für die kommenden Jahre?

Ueli Eggenberger:
Ich bin überzeugt, dass sich Spanien auf hohem Niveau noch weiter entwickeln wird. Die natürlichen Voraussetzungen sind in vielen Gebieten geradezu phantastisch. Kapital ist vorhanden und modernste Technik verbindet sich in diesem Land oft in beeindruckender Harmonie mit echter Tradition. Dort wo früher Massenwein industriell produziert wurde, haben heute oft junge Winzer mit viel Pioniergeist das Sagen und ihnen gelingen grossartige Weine. Konkretes Beispiel dafür ist der Rotwein von Avelino Vegas, ein Tempranillo aus Castillo y Leon (Valladolid), der zu einem Preis von weniger als 15 CHF grandiosen Trinkengenuss bietet.




Der Gesprächspartner
Ueli Eggenberger (1959) ist seit 1992 CEO der Mövenpick Wein.
Geboren in Grabs SG, absolvierte Ueli Eggenberger an der Handels-hochschule St. Gallen ein Betriebswirtschaftsstudium mit dem Vertiefungsgebiet Fremdenverkehr und belegte während seines Studiums und im Anschluss daran verschiedene Praktika im Bereich Gastronomie, Hotellerie und Tourismus.
Seine berufliche Laufbahn begann Ueli Eggenberger beim Schweizerischen Hotelierverein. 1985 kam er als Assistent des Generaldirektors Finanzen und Konzerndienste zu Mövenpick und übernahm 1988 die Leitung Marketing Services in der konzerneigenen Werbeagentur. 1990 wurde er zum Verkaufsleiter der Caves Mövenpick SA ernannt.
Ueli Eggenberger ist verheiratet. Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit sportlichen Aktivitäten in der Natur.

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