Videointerview: Das Bankgeheimnis bleibt gewahrt


Spätestens im kommenden Winter wird das Thema EU in der Schweiz wieder ganz oben auf der politischen Agenda stehen. Dann nämlich wird das Parlament über das zweite Paket der bilateralen Verträge (Bilaterale II) debattieren. emagazine befragte den EU-Experten Manuel Rybach zu den Auswirkungen der Dossiers auf den Schweizer Finanzplatz.


Von Andreas Thomann


EU-Experte Manuel Rybach, Credit Suisse Public Affairs.
Moneycab: Wie beurteilen Sie das Verhandlungsergebnis der bilateralen Verträge aus Schweizer Sicht?
Manuel Rybach: Wir begrüssen die Einigung, welche die Schweiz mit der EU erzielt hat. Mit den Bilateralen II liegt ein befriedigendes Gesamtergebnis vor. Die Verträge vertiefen den bewährten bilateralen europapolitischen Weg, welche die Schweiz seit einigen Jahren geht. Und sie regeln und verstärken die Zusammenarbeit der Schweiz mit der EU, unserem wichtigsten Wirtschaftspartner.

Wie stark setzen die Bilateralen II dem Bankgeheimnis zu?
In allen für den Finanzbereich wichtigen Dossiers, nämlich dem Zinsbesteuerungsabkommen, dem Betrugsabkommen und Schengen-Dublin, bleibt das Bankgeheimnis gewahrt. Man kann somit sagen, dass der Finanzplatz Schweiz durch die Bilateralen II nicht geschwächt wird. Es ist allerdings darauf zu achten, dass gewisse innerstaatliche Begleitmassnahmen – also Anpassungen des Schweizer Rechts – noch folgen werden. Und selbstverständlich gilt es, die Umsetzung der Verträge genau zu beobachten.

Wie wird sich die Zinsbeteuerung auf das Schweizer Bankgeschäft auswirken?
Mit dem Zinsbesteuerungsabkommen ist die Schweiz der EU einen grossen Schritt entgegengekommen. Die Banken werden bei dessen Implementierung mit beträchtlichem Mehraufwand konfrontiert sein. Im Gegenzug hat allerdings die EU auf den automatischen Informationsaustausch verzichtet – dieser wäre für die Schweiz inakzeptabel gewesen. Damit anerkennt sie die Zahlstellensteuer als gleichwertiges Instrument

Die politische Debatte dreht sich im Moment vor allem um «Schengen/Dublin». Inwiefern betrifft dieses Dossier auch die Finanzbranche?
Im Dossier Schengen/Dublin geht es in erster Linie um sicherheitspolitische und asylpolitische Fragen – zu denken ist hier in erster Linie an den Abbau der Grenzkontrollen. Da es aber auch um Rechtshilfe- und Steuerfragen geht, ist auch der Schweizer Finanzplatz tangiert.

Konnte die Schweiz das Bankgeheimnis im Rahmen des Schengen-Dossiers absichern?
Ja. Was die direkten Steuern anbelangt – und um die geht es beim Schengen-Dossier –, bleibt das Bankgeheimnis geschützt. Den Schweizer Unterhändlern ist es gelungen, eine sogenannte «Opting-Out-Klausel»auszubedingen. Das bedeutet: Sollte die EU beschliessen, dass im Schengen-Vertrag die Rechtshilfe auch auf direkte Steuern ausgedehnt werden soll, dann kann die Schweiz diese Änderung ablehnen, ohne dass sie die Mitgliedschaft in Schengen verliert.

Wie sieht der konkrete Fahrplan für die Bilateralen II aus?
Die verschiedenen Abkommen der Bilateralen II sind nach wie vor nicht unterzeichnet. Die Unterzeichnung ist allerdings eine Formsache und im Frühherbst zu erwarten. Ab diesem Herbst werden sich auch die eidgenössischen Räte diesem Thema annehmen. Zuerst wird in den Kommissionen beraten, in der Wintersession dann auch im Plenum. Zumindest bei Schengen rechnet man mit einem Referendum. Die Referendumsfrist wird Ende März 2005 ablaufen, so dass eine Volksabstimmung vermutlich im Juni oder September 2005 stattfinden könnte.

Video: Michele Luderer, Redaktion emagazine


 Videointerview
Andreas Thomann im Gespräch mit den EU-Experten Manuel Rybach zu den Auswirkungen der Bilateralen II auf den Schweizer Finanzplatz.
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