Vincent van Gogh: Blühender Kastanienzweig








Weitere Bilder van Goghs in der Sammlung Bührle.

Möglichst bedacht nur die Schönheit der Farben zu zeigen, lässt er Motiv und Hintergrund flirren. Die Provence, das «französische Japan», hatte van Goghs Hoffnungen nicht erfüllt. Sie hatte ihm Enttäuschungen und Krankheit gebracht. Seit Februar 1890 bewegen den Maler in Saint-Rémy Pläne, nach dem heimatlicheren Norden zurückzukehren, wohl ahnend, dass es seine letzte Station sein wird. Der stets hilfsbereite Bruder Theo empfiehlt ihn an Dr. Paul Gachet, den Arzt und Freund der Maler in Auvers-sur-Oise. Nach einem kurzen Aufenthalt in Paris trifft er am 21. Mai dort ein. Der kleine ländliche Ort mit seinen geduckten, damals noch strohgedeckten Häusern, die sich an den Hängen des Oisetals hinziehen, heimelt ihn an. Er kann dort malend anknüpfen, wo vor ihm Pissarro und Cézanne gearbeitet hatten. Vom Süden kommend, erlebt er hier den Frühling noch einmal.


 
Vincent van Gogh: Blühender Kastanienzweig, 1890, Öl auf Leinwand, 73 x 92 cm

Die Kastanienbäume an der Strasse stehen gerade in Blüte. Er malt die alten Bäume mit ihren prangenden Blütenkerzen, und er bricht die Zweige, um sie in einer nur angedeuteten Vase zusammen mit Rhododendron zu malen: die schweren Blütenstände neigen sich zum Hangen, und in dem Formwechsel mit den fingrig ausgreifenden Blättern überziehen sie flächenhaft das grosse liegende Rechteck des Bildes. Das Erlebnis japanischer Kunst ist auch in diesem Bilde spürbar, zumal der Künstler, alles Gegenständliche vermeidend, die Blütenzweige auf einen blaugrünen, vibrierend strukturierten Grund setzt.


Das Bild gelangt in den Besitz von Dr. Paul Gachet, der van Gogh bis in die letzten Tage seines Lebens betreut, aber das Schlimmste nicht verhüten kann.



Biografisches:

Zuerst Kunsthändler in Brüssel, London, Paris. Scheitert am Studium der Theologie und wird Laienprediger im belgischen Kohlengebiet. Seit 1880 als Autodidakt Maler und Zeichner. 1882/83 im Haag. Dezember 1883 bis November 1885 ins Elternhaus in Nuenen. 1885 kurze Zeit Studium an der Antwerpener Akademie. 1886 bis Februar 1888 in Paris. Schüler im Atelier Cormon. Einfluss der Impressionisten. Bekanntschaft mit Toulouse-Lautrec, Seurat, Signac, Gauguin, Bernard. 1888 in Arles, hierauf in Saint-Rémy: Internierung in einer Heilanstalt. Mai 1890 in Paris; Übersiedlung nach Auvers in die Klinik von Dr. Gach
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