Weltbank: Europas Schuldenkrise gefährdet Weltwirtschaft

Das wäre die zweite Rezession innerhalb von zwei Jahren. Es handele sich bei dieser Prognose um ein «Worst-case-Szenario», dessen Eintritt wegen des Rettungspaketes für die Eurozone weniger wahrscheinlich sei, sagte Chefvolkswirt Justin Lin anlässlich der Vorstellung des ökonomischen Ausblickes der Weltbank. Die bis zu 750 Milliarden Euro umfassende Hilfe für strauchelnde Euro-Staaten erweise sich als erfolgreich, sagte Andrew Burns, der führende Verfasser der Studie. Sorgen bereite der Weltbank allerdings das weiterhin mangelnde Vertrauen der Märkte in die Eurozone.


Globales Wachstum von bis zu 3,3 Prozent erwartet
Entwickelt sich Europas Wirtschaft wie erwartet stabil, sieht das Institut für 2010 und 2011 ein weltweites Wachstum von jeweils 2,9 bis 3,3 Prozent voraus. 2009 schrumpfte die Weltwirtschaft um noch 2,1 Prozent. Das Wachstum der Industrienationen sei wieder deutlich langsamer als das der Entwicklungsländer, die zwischen 5,7 und 6,2 Prozent jährlich zulegen würden. Sie wüchsen nur um 4,4 Prozent, wenn in Europa der als am schlimmsten vorhersehbare Fall eintrete. Bisher seien die Auswirkungen der Schuldenkrise in Europa kaum in anderen Weltteilen zu spüren gewesen, heisst es weiter. Allerdings hätten sich für nicht-europäische Staaten, die hoch verschuldet sind, die Kreditkosten massiv verschärft, weil die Märkte stärkeren Wert auf eine solide haushaltsführung legten. Vor allem Länder wie Argentinien oder Venezuela hätten das zu spüren bekommen.


Weltbank-Ökonom hält Staatspleite in Europa für möglich
Die Weltbank rechnet mit der Möglichkeit, dass ein europäischer Staat seinen Bankrott erklärt. «In der gegenwärtigen Situation ist alles möglich», sagte Weltbank-Ökonom Andrew Burns gegenüber der «Welt» (Donnerstagausgabe). ?Die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass solch ein Ereignis eintritt?, sagt Burns. «Aber trotzdem müssen wir solch eine Situation durchspielen, um darauf vorbereitet zu sein.» Als mögliche Kandidaten gelten bei der Weltbank die hoch verschuldeten Eurozonen-Länder Griechenland, Italien, Irland, Spanien und Portugal.


Zu hohe Schuldenberge
«Die vereinbarten Hilfen und die Pakete genügen, um die betroffenen Länder in den kommenden Jahren mit Liquidität zu versorgen», sagte Burns. «Ein Bankrott oder eine Umschuldung sind deshalb nicht notwendig. Aber die Höhe der Schulden ist so hoch, dass man sich möglicherweise für einen anderen Weg als eine Restrukturierung der Schulden entscheidet.» Offenbar hält der Ökonom es für möglich, dass Regierungen sich bewusst für einen Staatsbankrott entscheiden.


Offene Kredite in Billionenhöhe
Solch ein Zusammenbruch könnte nach Ansicht der Weltbanker Banken in anderen europäischen Ländern ins Schwanken bringen und eine schwere weltweite Krise auslösen: Allein Banken in Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland und den Niederlanden halten Kreditforderungen gegenüber den fünf hoch verschuldeten Euro-Ländern im Gesamtwert von 1 ,4 Billionen Euro in ihren Büchern. In vielen Ländern übersteigen diese Forderungen das Kapital der Banken. Sollte es zu solch einer «unwahrscheinlichen» Krise kommen, erwarten die Weltbanker, dass die globale Wirtschaft 2011 um 3,1 Prozent schrumpft und 2012 noch einmal um 4,1 Prozent. (awp/mc/ps/01)

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