Der Lebensmittelmarkt von morgen: kleiner, sozialer und emotionaler

Detailhandel

(Foto: Eisenhans - Fotolia.com)

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Zürich – Der Lebensmitteleinzelhandel wird sich bis 2025 stark wandeln. Die Alterung der Bevölkerung, steigende Energiepreise sowie veränderte Bedürfnisse bezüglich Vernetzung, Gesundheit und Flexibilität zwingen zu neuen Logistik- und Verkaufsmodellen. KPMG und das GDI Gottlieb Duttweiler Institute haben gemeinsam Thesen für die zukünftige Entwicklung sowie Zukunftsszenarien entworfen.

Bereits heute werden Non-Food-Artikel und standardisierte Lebensmittel wie beispielsweise Mineralwasser vermehrt online bestellt. Damit droht die Angebotspalette in den Läden immer kleiner zu werden. Solche Triebkräfte sorgen dafür, dass Kernkompetenzen des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) – etwa Produktauswahl oder Logistik – ausgelagert oder komplett umstrukturiert werden. Vor diesem Hintergrund haben KPMG und das GDI Gottlieb Duttweiler Institute gemeinsam die Triebkräfte für die weitere Entwicklung des Lebensmittelmarkts analysiert und darauf basierend zehn Thesen sowie vier Zukunftsszenarien entworfen.

Folgen gesellschaftlicher und demografischer Entwicklungen auf den Konsum
Bis ins Jahr 2025 wird der Anteil der Bevölkerung der über 65-jährigen in der Schweiz weiter ansteigen. Gleichzeitig lässt sich eine Auflösung traditioneller Tagesstrukturen feststellen: Immer weniger Personen sind in klar strukturierte und regelmässige Tagesabläufe integriert. Dank Smartphones und Applikationen (Apps) wird eine vorausschauende Planung für die Nutzer immer unwichtiger. Als Folge wächst einerseits das Bedürfnis nach Läden, die spontan und in kurzer Gehdistanz erreichbar sind. Andererseits steigt die Bedeutung von Convenience Food und Fast Food. Parallel dazu wünschen sich die Konsumenten aber eine nachhaltig produzierte und gesunde Ernährung, welche sich eher an Bewährtem und Verlässlichem orientiert als an rein funktionaler Bedürfnisbefriedigung.

Technologie und Mobilität als Treiber
Der LEH und auch die Konsumenten sind wegen der konstant hohen Ölpreise dazu übergegangen, ihre auf günstigem Treibstoff fussende Mobilität einzuschränken. Eine optimierte Hauslieferung, Kleinfilialen und neue Abholformate sind energieeffiziente Lösungen. Solche Angebote werden durch technologische Entwicklungen zusätzlich begünstigt. Die Verbreitung des Internets –zunehmen auch mit mobilen Geräten – erlaubt es den Konsumenten, ihre Bestellungen spontan und überall aufzugeben. Egal, ob die Produkte nach Hause geliefert oder in einer lokalen beziehungsweise mobilen Filiale abgeholt werden, die Verfügbarkeit und Logistik des LEH werden durch das Internet nachhaltig verändert und durch neue Bezahlmethoden (RFID- und NFC-Chips) weiter revolutioniert.

Kleiner, kommunikativer und flexibler Als Resultat dieses Wandels wird der LEH im Jahre 2025 anders aussehen und funktionieren als heute:

Zehn Thesen zur Zukunft des LEH

  1. Online wird nicht Marktstandart: Der Online-Anteil im Schweizer Food-Markt wird moderat bleiben. Die Bedürfnisse nach Verfügbarkeit und Spontaneität überwiegen.
  2. Nischenlösungen haben Umbruchpotential: Der Wunsch nach «sicheren» und authentischen Nahrungsmitteln steigt. Biolieferdienste und die Produktion direkt im Laden sind erfolgsversprechende Lösungen
  3. Einkauf um die Ecke gewinnt weiter an Bedeutung: Lebensmittel in der Nähe des Wohn- und Arbeitsorts und zu (fast) jeder Zeit einkaufen zu können, wird noch wichtiger.
  4. Kommunikationskompetenz birgt Chancen: Läden können mit neuer Ladengestaltung und zusätzlichen Dienstleistungen neue Kommunikationsplattformen schaffen.
  5. Mehr Schnittstellen zur Gastronomie: Im Handel wird das Sortiment zum Direktverzehr ausgebaut , umgekehrt bieten Gastronomen ausgewählte Lebensmittel zum an.
  6. Hypermarkt steht vor langsamem Abstieg: Online-Kanäle, immer teurere Mobilität und der Trend zu urbanem Wohnen sprechen gegen grosse Einkaufszentren auf der grünen Wiese.
  7. Multifunktionale Ladenkonzepte bieten sozialen Mehrwert: Je nach Tageszeit unterschiedlich nutzbare Ladenflächen werden sukzessive an Bedeutung gewinnen.
  8. Kunden- und Mitarbeitergesundheit sind Erfolgsfaktoren: Für den LEH wird es wichtig werden, das Thema Gesundheit über das Angebot «gesunder» Produkte hinaus konzeptionell auszuweiten.
  9. Emotionalität ist wichtiger als Effizienzoptimierung: Emotion ist der stärkste Wettbewerbsvorteil im Effizienzwettbewerb. Erlebnisse und Kontakte entsprechen den Bedürfnissen der Kunden.
  10. Individualisierung des Genusses mit Flaghip-Stores: Während standardisierte Produkte in die Online-Welt abwanden, werden in den Läden Flächen für Spezialitäten-Shops mit Naturprodukten frei.

Szenarien zur Zukunft
Das Bild des LEH im Jahr 2025 wird im Wesentlichen von zwei Entwicklungen bestimmt: den Logistikkosten und der Werthaltung der Konsumenten. Aus der Kombination dieser beiden Parameter in ihren unterschiedlichen Ausprägungen ergeben sich vier Grundformen für den Lebensmitteleinzelhandel der Zukunft:

Vier Szenarien zur Zukunft des LEH (geordnet nach geschätzter Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens)

  1. Small Mart: Lokale Läden («Tante Emma Läden») mit hoher sozialer und emotionaler Komponente, die zentral liegen und leicht zu erreichen sind.
  2. Smart Mart: Technologisch gut vernetze Kunden nehmen ihre individualisierten Produkte an Einkaufs- oder Abholstellen selber in Empfang.
  3. All Mart: Grosse Läden, die bei niedrigen Logistikkosten ein umfangreiches und verändertes Sortiment anbieten, welches konsequent auf Emotionalität ausgerichtet ist.
  4. Call Mart: Online-basierte Ladenkonzepte, die aufgrund niedriger Logistikkosten Kunden mit einem hohen Anspruch an Funktionalität flexibel beliefern.

Gute Chancen für kleine Geschäfte und Convenience-Shops
Im aktuellen LEH stehen vor allem grossflächige Supermärkte aufgrund ihrer dezentralen Lage und funktionalen Ausrichtung vor schwierigen Herausforderungen. Auch Discounter dürften es wegen ihrer Funktion schwer haben, sich in einem der vier erfolgsversprechenden Szenarien wieder zu finden. Besser sehen die Perspektiven für kleinflächige Geschäfte und Convenience-Shops aus, die sowohl emotional wie auch funktional überzeugen können und nicht durch hohe Logistikkosten bedroht sind. Ebenfalls gute Perspektiven hat der Online-Handel, welcher durch sehr flexible Angebote den Bedürfnissen vieler Konsumenten gerecht wird. Kehrseite sind hier hohe Logistikkosten und eine durch mangelnde soziale Kontakte bedingte geringe Emotionalisierung. (KPMG/mc/pg)

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