Schweiz und EU einigen sich beim Austausch von Bankdaten

Jacques de Watteville

Jacques de Watteville, Chefunterhändler der Schweiz mit der EU.

Jacques de Watteville, Staatssekretär für internationale Finanzfragen (SIF) im EFD.

Brüssel – Die Schweiz und die EU haben sich über den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen geeinigt: Staatssekretär Jacques de Watteville und sein Verhandlungspartner bei der EU-Kommission, Heinz Zourek, haben am Donnerstag in Brüssel das Abkommen paraphiert.

«Das ist ein wichtiger Tag heute», sagte de Watteville, nachdem er seine Unterschrift unter die Dokumente gesetzt hat. Und auch EU-Generaldirektor Zourek gab sich erfreut: «Ich bin sehr dankbar, dass wir eine Antwort auf eine politische und technische schwierige Frage gefunden haben.» Überraschend gesellte sich EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici zu den beiden Unterhändlern dazu. «Ich freue mich mit ihnen über den Abschluss der Verhandlungen», sagte er und bezeichnete das Abkommen als historisch.

Damit gelte der automatische Informationsaustausch künftig nicht nur unter den EU-Mitgliedstaaten «sondern auch mit anderen Ländern, die im Finanzbereich eine wichtige Rolle spielen – wie etwa die Schweiz», sagte der EU-Steuerkommissar weiter. «Diese ist ein wichtiger Moment – symbolisch, politisch, wirtschaftlich.»

Abkommen noch nicht in Kraft
Das neue Abkommen wird das seit 2005 geltende Zinsbesteuerungsabkommen mit der EU ersetzen und gilt für alle 28 EU-Mitgliedstaaten. Bevor es jedoch definitiv unterzeichnet werden und in Kraft treten kann, müssen die 28 EU-Staaten noch grünes Licht geben. Auf Schweizer Seite braucht es die Zustimmung des Parlaments. Zudem unterliegt das Abkommen dem fakultativen Referendum. Der gesetzgeberische Prozess erlaubt somit die Einführung des automatischen Informationsaustausches frühestens 2017/2018. Das bedeutet, Schweizer Finanzinstitute könnten ab 2017 Daten sammeln, die sie dann ab 2018 austauschen würden.

OECD-Standard
Das Abkommen mit der EU basiert auf dem von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) entwickelten globalen Standard zum automatischen Informationsaustausch, an dessen Definition auch die Schweiz beteiligt war.

Ist das Abkommen mit der EU dereinst in Kraft, müssen die Schweizer Banken Finanzdaten von natürlichen und juristischen Personen, die in einem EU-Land steuerpflichtig sind, den Schweizer Steuerbehörden melden. Diese wiederum liefern die Informationen weiter an die Steuerbehörden des entsprechenden EU-Landes. Die gleichen Verpflichtungen haben auch die 28 EU-Staaten gegenüber der Schweiz. Gemäss OECD-Standard müssen Konto- und Steueridentifikationsnummer sowie Namen, Adresse und Geburtsdatum, alle Einkommensarten und den Saldo des Kontos weiter gegeben werden. Die Daten dürfen nur zum dafür vereinbarten Zweck verwendet werden.

Vergangenheitsbewältigung
Mit der Zusage zum automatischen Informationsaustausch wollte die Schweiz die Frage der unversteuerten Altgelder auf Schweizer Bankkonten geregelt wissen. Mit der EU-Kommission, welche die Verhandlungen mit der Schweiz führte, konnte diese Frage jedoch nicht geklärt werden, denn dafür sind die einzelnen Mitgliedstaaten zuständig. Die Schweiz muss das Problem also bilateral angehen.

«Wir haben aber die Mitgliedstaaten darauf hingewiesen, dass es in ihrem Interesse ist, dass dies in einem organisierten und geplante Rahmen geschieht», sagte Zourek. Denn wären die Regularisierungsangebote der Staaten zu grossen Ungunsten der Steuersünder, bestünde die Gefahr, dass diese ihr Geld in ein Land transferierten, das keinen automatischen Informationsaustausch kennt.

Bis anhin konnte sich die Schweiz mit Deutschland und Italien einigen. Mit Frankreich führt man noch Gespräche. Die Regularisierung der Altlasten mit den Nachbarstaaten und den wichtigsten EU-Mitgliedstaaten könne aber «als weitgehend gelöst betrachtet werden», schreibt der Bund in einem Faktenblatt.

Gespräche über Finanzdienstleistungsabkommen
Ausserdem verknüpfte die Schweiz indirekt den automatischen Informationsaustausch mit einem verbesserten Marktzugang für grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen. Salopp formuliert stellte sie sich auf den Standpunkt: Was bringt ein automatischer Informationsaustausch von Bankdaten, wenn die Schweiz kaum mehr ausländischen Bankkunden hat? Denn in der letzten Zeit hatte die EU Regelungen eingeführt, die den Schweizer Finanzdienstleistern den Zugang zum EU-Markt erschweren können.

So führte de Watteville und EU-Generaldirektor Jonathan Faull am Mittwoch erste exploratorische Gespräche über ein Finanzdienstleistungsabkommen. Bei den Gesprächen geht es darum herauszufinden, ob und unter welchen Bedingungen man Verhandlungen aufnehmen möchte. Auch mit einzelnen EU-Mitgliedstaaten führt die Schweiz Gespräche. (awp/mc/pg)

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