SVP gegen Abkommen mit Deutschland und Grossbritannien

Adrian Amstutz

SVP-Fraktionspräsident Adrian Amstutz.

Bern – Die SVP-Fraktion lehnt die Steuerabkommen mit Deutschland und Grossbritannien ab. Dies hat sie am Mittwoch einstimmig beschlossen. Die Fraktion ist der Meinung, dass der Bundesrat Deutschland und dem Vereinigten Königreich bei den kürzlich ausgehandelten Ergänzungsprotokollen «viel zu weit entgegengekommen» ist, wie sie am Mittwoch mitteilte.

Die Abkommen schwächten in den vorliegenden Form den Schweizer Finanzplatz, weichten die Privatsphäre der Kunden zusätzlich auf, brächten das Geschäft mit Kunden aus diesen Ländern faktisch zum Verschwinden und kosteten damit Arbeitsplätze. Zwar ist für die SVP das Modell der Abgeltungssteuer ein möglicher Weg zur Regularisierung unversteuerter ausländischer Gelder auf Schweizer Banken. «Die SVP ist jedoch nicht bereit, Abkommen um jeden Preis abzuschliessen.»

Konzessionen
Beim Ergänzungsprotokoll zum Steuerabkommen mit Deutschland machte die Schweiz Konzessionen bei der Regularisierung der bereits in der Schweiz angelegten deutschen Schwarzgelder, den sogenannten Altlasten. Hier sollen je nach Alter der Konten und je nach Vermögensveränderungen Steuersätze von 21 bis 41% erhoben werden. Im ursprünglichen Abkommen waren Sätze von 19 bis 34% vorgesehen. Zudem werden neu auch Erbschaften dem Abkommen unterstellt: Wenn die Erben die Erbschaft geheim halten wollen, müssen sie das Erbe zu 50% versteuern.

Hart errungener Kompromiss
Hart blieb die Schweiz jedoch beim Satz für die Abgeltungssteuer für künftige Kapitalerträge deutscher Bankkunden in der Schweiz. Er beträgt nach wie vor 26,375%. Wer diesen Steuersatz bezahlt, kann seine Gelder in der Schweiz belassen, ohne diese gegenüber dem Fiskus offenlegen zu müssen. Aufgrund der Meistbegünstigungsklausel wurden die Steuersätze im Steuerabkommen mit Grossbritannien an diejenigen angepasst, welche mit Deutschland ausgehandelt worden waren.

Zustimmung des Parlaments wahrscheinlich
Für die SVP weisen die Abkommen «prohibitiv hohe Steuersätze auf» und bei den Erbschaften wirkten sie, also ob diese konfisziert würden. Zudem fürchtet die SVP Kontrollen von ausländischen Behörden in der Schweiz. Zweifel äusserte die Fraktion auch beim Umgang mit gestohlenen Datenträgern. Gemäss deutschen Politikern dürfen solche weiterhin benutzt werden, gemäss Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf nicht. Nicht zuletzt argumentiert die SVP mit hohen Umsetzungskosten und einer fehlenden Garantie der Gegenseitigkeit. Geplant ist, dass die Zusatzprotokolle zu den Steuerabkommen in der Sommersession im Parlament diskutiert und verabschiedet werden, damit sie per Anfang 2013 in Kraft treten können.

SP will Beratungen verschieben
Die SP-Fraktion ist mit diesem Vorgehen nicht einverstanden, und fordert, dass die Beratung auf die Herbstsession verschoben wird. Die SP will zuerst die bundesrätliche Weissgeldstrategie kennen. Die Steuerabkommen lägen nur auf SP-Linie, wenn sie ergänzend zum automatischen Informationsaustausch und nicht als dessen Alternative angewendet würden, hiess es Ende April. Dennoch scheint im Parlament ein Ja zu den Steuerabkommen wahrscheinlich. CVP, FDP, BDP und Grüne haben ihre Zustimmung signalisiert. In Deutschland hingegen bleiben die Fronten verhärtet. Insbesondere die SPD wehrt sich gegen das Abkommen; es droht in der Länderkammer des deutschen Parlaments zu scheitern.

Volksabstimmung möglich
Es ist jedoch durchaus möglich, dass in der Schweiz das Volk das letzte Wort hat. Der Vorstand der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) kann gegen das Steuerabkommen der Schweiz mit Deutschland das Referendum ergreifen, wenn er will. Die AUNS-Basis hat ihm dafür Ende April in Bern grünes Licht gegeben. (awp/mc/ps)

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