US-Investor Loeb setzt Nestlé nach Aktienerwerb unter Druck

US-Investor Daniel Loeb.

Vevey – Der weltgrösste Lebensmittelhersteller Nestlé ist ins Visier des aktivistischen Investors Daniel Loeb geraten. Dieser hat einen grösseren Anteil Aktien gekauft und fordert mit diversen Massnahmen einen Kurswechsel, um die langfristige Unterperformance der Nestlé-Aktien zu beenden. Investoren sehen entsprechend viel Phantasie und kaufen stark zu.

Der vom 55-jährigen Amerikaner geführte Hedgefonds Third Point investierte rund 3,5 Mrd USD in ca. 40 Mio Nestle-Aktien und Optionen, wie aus einem Brief an die Investoren hervorgeht, welcher der Nachrichtenagentur AWP vorliegt. Third Point dürfte damit knapp 1,3% am Westschweizer Unternehmen halten.

Aktivistische Investoren wie Loeb sind dafür bekannt, öffentlich Druck auf die Unternehmensführung auszuüben, mehr Wert für die Aktionäre zu schaffen. Da sie oft andere Anleger hinter sich bringen, können sie dann mit einem relativ geringen Anteil Einfluss auf Entscheidungen nehmen.

Viel Goodwill
Der neue Nestlé-Investor zeigt gegenüber dem seit Anfang Jahr amtierenden neuen CEO Mark Schneider zwar viel Goodwill. Er habe einen beeindruckenden Leistungsausweis bei Fresenius, wo er vor dem Einstieg bei Nestlé ab 2003 als CEO tätig war. Und er dürfte die Fähigkeiten haben, den etwas bedächtigen Konzern mit neuen Initiativen auf Vordermann zu bringen. Schneider müsse aber einen bestimmten und mutigen Aktionsplan formulieren, um die seit längerer Zeit andauernde Unterperformance zu beenden.

Der Hedgefund will gemäss eigenen Angaben eine konstruktive Rolle spielen und das Management ermutigen, den nötigen Wechsel mit mehr Dringlichkeit anzugehen. Er habe auch bereits mit dem Nestlé-Management Kontakt aufgenommen und spricht dabei von «produktiven Konversationen», die weitergehen sollten. Nestlé sei in der Lage, über die nächsten paar Jahre enormen Wert für die Aktionäre zu schaffen, heisst es weiter.

Dies, wenn sich der Konzern auf eine verbesserte Gewinnmarge, Kapitalrückzahlungen an die Aktionäre, eine Bereinigung des Produkteportfolios und die Monetarisierung des L’Oréal-Anteils fokussiere. Im Detail soll Nestlé etwa ein Margenziel von 18-20% bis 2020 formulieren (2016: 15,3%), die Verschuldungsquote erhöhen und damit Aktienrückkäufe tätigen, und den Produkten vermehrt Prioritäten setzen.

Im aktuellen Umfeld könnte zudem der 23%-Anteil an L’Oréal, der mehr als 25 Mrd USD Wert hat, gut abgebaut werden, zumal er nicht von strategischer Bedeutung sei. Auch mit diesen Mitteln könnte Nestlé dann eigene Aktien am Markt zurückkaufen.

Kein spezifischer Kommentar von Nestlé
Nestlé wollte sich zum Einstieg von Third Point bzw. dessen Forderungen nicht konkret äussern. Ein Sprecher meinte gegenüber AWP lediglich, dass man einen offenen Dialog mit allen Aktionären führe. Zudem bleibe Nestlé weiterhin der aktuellen Strategie und der Schaffung von langfristigem Aktionärswert verpflichtet. «Darüber hinaus haben wir keinen spezifischen Kommentar abzugeben», so der Sprecher.

An der Börse sorgte das Ansinnen für Fantasie. Die Nestle-Aktien stiegen phasenweise um fast 5% auf ein neues Allzeithoch und schlossen am Ende 4,3% höher bei 85,65 CHF. Die Volumen waren sehr hoch: Mit 11,8 Mio Aktien wurde etwa doppelt so viel gehandelt wie im Tagesdurchschnitt der letzten Wochen.

«Donnerschlag in Vevey»
Analysten fanden zum Teil markige Worte für den Einstieg. Die Bank Vontobel etwa sprach in einem Kommentar von einem «Donnerschlag in Vevey». Angesichts des Managementwechsels und nun des aggressiven Einstiegs von Third Point werde 2017 mit Sicherheit ein entscheidendes Jahr für den Konzern.

Die Analysten der UBS sehen Raum für ein 10 Mrd-CHF schweres Aktienrückkaufprogramm im Falle des L’Oreal-Verkaufs. Möglich halten die Experten zudem eine Trennung vom kompletten Süsswarengeschäft, und nicht nur wie jetzt angedacht von Teilen.

Unter besonderem Druck
Loebs Hedgefonds Third Point war bisher vor allem für Investitionen in amerikanische und japanische Firmen wie Yahoo oder Sony bekannt. In einem Brief an seine Anleger von Ende April hatte der Investor aber bereits angekündigt, dass er wegen der guten wirtschaftlichen Lage auch nach Investitionsmöglichkeiten in Europa Ausschau halte.

Spätestens seit der gescheiterten Übernahme von Unilever durch Kraft Heinz im März stehen Lebensmittelkonzerne unter besonderem Druck. Denn trotz ihrer Grösse sind sie wegen des verschärften Wettbewerbs nicht mehr vor solchen Versuchen gefeit. Probleme haben sie vor allem, weil Konsumenten zum Teil ihre Vorlieben und Einkaufsgewohnheiten geändert haben und weil viele neue, lokale Unternehmen in den Markt eingedrungen sind. (awp/mc/upd/ps)

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