Lange bevor Italien mehr Besucher als Einwohner zählte, bereiste Goethe das Land. Von Florenz bis Pompeji war seine Bucketlist der von Gen-Z-Touristen überraschend ähnlich. Seine Eindrücke auch?
Italien und die Touristen – das ist #grandeamore. Im vergangenen Jahr verbuchte das Land erstmals mehr Museumsbesucher als Einwohner. Sehenswürdigkeiten wie das Kolosseum in Rom oder die Sixtinische Kapelle wurden schon durch Johann Wolfgang von Goethes »Italienische Reise« zu Sehnsuchtsorten der Deutschen.
Wagen wir einen Vergleich: So empfand der Schriftsteller die aktuell fünf beliebtesten Reiseziele Italiens – und so äussern sich Besucherinnen und Besucher heute.
Posieren statt sinnieren am Kolosseum
«Ja, ich bin endlich in dieser Hauptstadt der Welt angelangt!»: Mit diesen Worten beschreibt Goethe seine Ankunft in Rom am 1. November 1786. Die Stadt war das Ziel der Italienreise, die der Dichter und Geheimrat inkognito als Johann Philipp Möller antrat. Während seiner Monate in Rom besuchte Goethe auch das Kolosseum. «Abends kamen wir ans Coliseo, da es schon dämmrig war«, heisst es in einem Eintrag seiner »Italienischen Reise». «Wenn man das ansieht, scheint wieder alles andre klein, es ist so groß, dass man das Bild nicht in der Seele behalten kann.»
So ehrfürchtig wie der Dichter zeigt sich die Gen Z selten: In jedem Fall eignet sich die italienische Touristenattraktion Nummer eins (14,7 Millionen zahlende Touristen) jedoch für das #picoftheday. Rund um das antike Bauwerk werden fleissig Selfies vom persönlichen «Rom-Moment mit dem Kolosseum» gepostet – peinlich genaue Ortsangaben inklusive: Der geneigte Instagram-Nutzer erfährt etwa, dass die besten Schnappschüsse mit Kolosseum-Kulisse direkt vor der ersten öffentlichen Toilette im Forum Romanum entstehen. Ob Goethe über diesen Ort auch gesagt hätte: «Alle Träume meiner Jugend seh’ ich nun lebendig»?