Kunstmuseum St. Gallen: Jahresprogramm 2026

Ausstellung «Manosphere», Bruno Zhu. (Foto: Julian Lee-Harather mit Genehmigung von PW-Magazine / Kunstmuseum St. Gallen)

St. Gallen – Das Kunstmuseum St. Gallen freut sich, Ihnen das Jahresprogramm 2026 vorzustellen, das bedeutende Positionen der zeitgenössischen Kunst ebenso wie spannende Dialoge mit der Sammlung in den Mittelpunkt rückt. Auch 2026 setzt das Kunstmuseum St.Gallen auf ein spannungsreiches Zusammenspiel zwischen seinen beiden Standorten: In der Lokremise erwarten das Publikum immersive und sinnliche Ausstellungserlebnisse, die Kunst auf neue Weise erfahrbar machen. Im Haupthaus widmet sich das Kunstmuseum St.Gallen gesellschaftlich relevanten Fragestellungen und präsentiert Ausstellungen, welche neueste Kunstgeschichte schreiben.

Gianni Jetzer, Direktor des Kunstmuseums St.Gallen, zum Jahresprogramm 2026: „Wir haben unser Programm weiter profiliert und inhaltlich geschärft. Im Obergeschoss widmen wir uns mit Urs Frei sowie der Ausstellung Manosphere. Masculinity Today neueren kunstgeschichtlichen Positionen und Fragen zu Männlichkeit im gesellschaftlichen Wandel. Im Untergeschoss setzen wir auf ein junges, horizonterweiterndes Programm – mit der Sammlung der Schweizerischen Post und einer Ausstellung von Ahmad Al Rayyan. Die Lokremise bespielen wir immersiv: mit einer raumgreifenden Installation von Delcy Morelos sowie einer grossformatigen Projektion von Emilija Škarnulytė.“

Nachfolgend eine Übersicht über die einzelnen Ausstellungen und Projekte:

Marie Schuhmann

  1. Januar 2026 bis 3. Januar 2027, Haupthaus, Treppenhaus

Mit ihrer massgeschneiderten Installation Coatings verwandelt die Textilkünstlerin Marie Schumann (*1991) die Haupttreppe des Kunstmuseums St.Gallen in einen neuen Erfahrungsraum. Über ein fragiles Gerüst aus Metallstäben spannt sie Bahnen aus Hightech-Gewebe, die wie Häute den Raum kleiden. Steigend und fallend begleiten die textilen Formen den Weg nach oben, sie öffnen und umschliessen zugleich, wirken als Grenze, Schutz und Bühne. Das Werk lädt dazu ein, die Architektur neu zu entdecken und erfahrbar zu machen, wie Stoff und Körper miteinander in Resonanz treten.

LOK–Performance Day: Elena Dahn

  1. Januar 2026, 13 Uhr, Lokremise

Die LOK wird zur Bühne eines besonderen Experiments: Die argentinische Künstlerin Elena Dahn führt gemeinsam mit Mitgliedern der Tanzkompanie von Konzert und Theater St.Gallen eine Performance rund um die eigens dafür geschaffene Latexinstallationen auf. Deren fragile Häute bilden eine bewegte Landschaft, in der Körper, Raum und Material aufeinandertreffen. Dazu zeigt das Kinok ein von der Künstlerin zusammengestelltes Filmprogramm. Dieses Projekt macht die Lokremise zum lebendigen Ort interdisziplinärer Begegnung von Kunst, Tanz und Film.

Der LOK–Performance Day ist ein gemeinsames Projekt von Konzert und Theater St.Gallen, Kinok, Brasserie LOK und Kunstmuseum St.Gallen, mit Unterstützung der Stiftung Lokremise St.Gallen.

Delcy Morelos

  1. März bis 12. Juli 2026, Lokremise

Vernissage 21. März 2026, 13 Uhr

Die kolumbianische Künstlerin Delcy Morelos (*1967) verwandelt den Ausstellungsraum der Lokremise in eine raumgreifende Installation aus Erde, Lehm, Naturholz, Stroh und Gewürzen. Auf eindringliche Weise vereint sie Naturverbundenheit, indigene Spiritualität und koloniales Erbe. Die ortsspezifische Arbeit ist sinnlich erfahrbar und eröffnet eine Auseinandersetzung mit dem entfremdeten Verhältnis zwischen Mensch und Erde. In ihrem Werk bringt Morelos zeitgenössische Fragestellungen nach Identität und Erinnerung mit einer kritischen Reflexion der Beziehung zur Erde zusammen.

Urs Frei

  1. April bis 13. September 2026, Haupthaus, Obergeschoss

Vernissage 24. April 2026, 18.30 Uhr

Das Kunstmuseum St.Gallen präsentiert eine umfassende Retrospektive des Schweizer Künstlers Urs Frei (1958–2023), der in den 1990er-Jahren internationale Erfolge feierte. Seine radikalen Werke aus alltäglichen Bau- und Verpackungsmaterialien wie Holz, Metall, Karton und Kunststoff bewegen sich zwischen Malerei, Skulptur und Objekt. Das Œuvre von Urs Frei steht in einer Entwicklungslinie von Künstler*innen, die mit armen, provisorischen Materialien arbeiten – einer Haltung, die heute bei vielen jungen internationalen Positionen ein bemerkenswertes Revival erlebt.

Arthur Beyer

  1. Mai bis 18. Oktober 2026, Haupthaus, Kabinett

Vernissage 22. Mai 2026, 18.30 Uhr

Diese Kabinett-Ausstellung widmet sich dem Werk des St.Galler Künstlers Arthur Beyer (1904–1982), der zeitlebens als Maler und Grafiker tätig war. In den 1960er- und 1970er-Jahren entwickelte er eine eigenständige Bildsprache, in der er alltägliche Motive wie Bahnhöfe und Brücken, Strassenzüge und Häuserfronten einer formalen Vereinfachung unterzog. Seine flächigen Gemälde von gebauten Landschaften erscheinen anonymisiert und typisiert, entfalten jedoch zugleich eine bemerkenswerte analytische Kraft. In seiner Malerei nimmt Beyer postmoderne Stadtlandschaften vorweg, in denen das Gebaute selbst zur Hauptfigur und zugleich zum Symbol für die Umwelt wird.

Heimatflimmern

  1. Juni bis 18. Oktober 2026, Haupthaus, Untergeschoss

Vernissage 26. Juni 2026, 18.30 Uhr

In der Ausstellung Heimatflimmern tritt die Kunstsammlung der Schweizerischen Post in einen Dialog mit den Sammlungsbeständen des Kunstmuseums St.Gallen. Die Frage, was «Heimat» heute bedeutet, beleuchtet die Kooperationsausstellung aus der Perspektive zeitgenössischer Positionen und ausgewählter historischer Werke. Traditionelle Heimatvorstellungen werden hinterfragt und neue Blickwinkel auf eine global vernetzte, von technologischen Transformationen, Migration und Klimawandel geprägte Welt eröffnet. Der vielschichtige Ausstellungsrundgang macht Heimat als sozialen, kulturellen und emotionalen Raum erfahrbar – jenseits geografischer Grenzen.

Sammlungsfieber

Dauerausstellung, Haupthaus, Erdgeschoss

Die 2023 eröffnete Ausstellung Sammlungsfieber erhält nun eine Auffrischung: Einzelne Kapitel werden neu gehängt und bestehende Themen vertieft. Damit reagiert das Kunstmuseum St.Gallen auf den lebendigen Charakter seiner Sammlung und lädt zu einer erneuten Begegnung mit bekannten wie auch neu entdeckten Werken ein. Im Zentrum stehen weiterhin die Besonderheiten des Hauses – die 800-jährige Textilgeschichte als kultureller Hintergrund, die Rolle privater Sammlungen und der Einfluss des Kunsthandels. Entlang der Textilepochen entfaltet sich so eine über fünf Jahrhunderte reichende Präsentation, die neue Perspektiven eröffnet.

Emilija Škarnulytė

  1. August bis 8. November 2026, Lokremise

Vernissage 21. August 2026, 18.30 Uhr

In der Lokremise präsentiert Emilija Škarnulytė ihre monumentale Filminstallation Point of Arrow (2024). Die litauische Künstlerin ist bekannt für Arbeiten, die zwischen Dokumentation und spekulativer Fiktion oszillieren und geologische Tiefenzeit, Politik und Kosmos verbinden. In der weiträumigen Halle entfaltet sich ein immersiver Filmraum, der Bild, Ton und Architektur zu einer körperlichen Erfahrung verdichtet. Škarnulytė zeigt Landschaften und Strukturen, die zwischen Vergangenheit und Zukunft schweben, und macht sichtbar, wie menschliche Spuren Teil eines grösseren, posthumanen Geflechts werden.

El Gato Muerto

Ab Ende September 2026, Haupthaus

El Gato Muerto ist eine intime, japanisch inspirierte Dive-Bar von Barbara Signer und Michael Bodenmann – seit Kurzem Teil der Sammlung, nachdem sie an vielen temporären Orten nächtliche Lebensfreude verbreitete. Mit weniger als zwölf Plätzen bildet die künstlerische Installation eine verborgene Zelle im Haus: nah, konzentriert, beinahe konspirativ. Das ideale Barerlebnis bedeutet hier Abtauchen – Licht, Material und Gespräch verschieben die Wahrnehmung und öffnen einen Raum zwischen Kunstwerk und Alltag. Häufig sind die Künstler*innen selbst anwesend; sie schenken aus, hören zu und inszenieren ihre eigene Version einer «sozialen Plastik» (Joseph Beuys).

Manosphere. Masculinity Today

  1. Oktober 2026 bis 28. Februar 2027, Haupthaus, Obergeschoss

Vernissage, 2. Oktober 2026, 18.30 Uhr

Was bedeutet es heute, ein Mann zu sein? Mit dem Aufkommen der sogenannten «Manosphere» – einem Netzwerk von Online-Räumen, in denen eine misogyne Männlichkeit propagiert wird – ist diese Frage dringlich geworden. Beflügelt durch den Trumpismus hat sie den Mainstream erreicht. Die Ausstellung nimmt die «Manosphere» zum Ausgangspunkt, liest sie jedoch gegen den Strich: Wenn Männlichkeit selbst als «Sphäre» gedacht wird, wie sähe sie aus? Gezeigt werden Bilder, Ideen und Narrative, die Männlichkeit als Machtdemonstration ebenso wie als alltägliche Realität sichtbar machen – reizvoll, bedrohlich und verwirrend.

Ahmad Al Rayyan

  1. November 2026 bis 21. März 2027, Haupthaus, Untergeschoss

Vernissage 6. November 2026, 18.30 Uhr

Ahmad Al Rayyan thematisiert in seinen Arbeiten Erfahrungen von Zwangsmigration, Exil und Bürokratie. Seine Gemälde entstehen im Siebdruckverfahren aus vielfach überlagerten, geometrischen Mustern, die an arabische Ornamentik erinnern. Bei näherer Betrachtung offenbaren sie individuelle Merkmale von Dokumenten, etwa von Zugfahrkarten – alltägliche Objekte, die Gegensätze wie Freiheit und Einschränkung, Mobilität und Stillstand sichtbar machen. Al Rayyans Werke verweisen auf Erlebnisse als Staatenloser: auf die durch Konflikte erzwungene Vertreibung aus dem Herkunftsland und das anschliessende Aufnahmeverfahren im Schweizer Rechtssystem.

Verena Merz

  1. November 2026 bis 21. März 2027

Vernissage 6. November 2025, 18.30 Uhr, Haupthaus, Kabinett

Im Werk von Verena Merz (1959–1990) treffen fabelhafte Tierwesen auf abstrakte Formen und Motive des zeitgenössischen Alltags. Mit poetischer Kraft und häufig zivilisationskritischem Blick verband die in Paris ausgebildete St.Galler Künstlerin Mythologie und Gegenwart in ihren Gemälden, Mischtechniken und grossformatigen Zeichnungen. Ihre Arbeiten zeugen von einem tiefen Interesse an Ethnologie, am «Urzustand» des Daseins und an der Verbindung von Text und Bild. Die zweite Kabinett-Ausstellung des Jahres würdigt dieses facettenreiche Werk – ein bedeutendes Œuvre, das sie trotz ihres frühen Todes hinterliess.

Die Stiftung Kunstmuseum St.Gallen wird vom Kunstverein St.Gallen, der Stadt St.Gallen und der Ortsbürgergemeinde St.Gallen getragen. Massgeblich finanziell unterstützt wird das Kunstmuseum St.Gallen durch die Stadt St.Gallen. Des Weiteren engagieren sich der Kanton St.Gallen, der Lotteriefonds des Kantons St.Gallen, das Bundesamt für Kultur (BAK), der Kunstverein St.Gallen und die Ortsbürgergemeinde St.Gallen finanziell. Das Kunstmuseum St.Gallen dankt den Sponsoren SENN Resources AG, Helvetia Versicherung und Einstein St.Gallen für Ihr grosszügiges Engagement. (Kunstmuseum St.Gallen/mc/ps)

Exit mobile version