Alpiq wieder in ruhigeren Gewässern

Aare-Flusskraftwerk Ruppoldingen bei Boningen SO. (Bild: Alpiq)

Olten – Nach den massiven Turbulenzen an den Energiemärkten ist bei den Schweizer Stromversorgern mittlerweile wieder etwas Ruhe eingekehrt. Alpiq war im vergangenen Jahr deutlich weniger von Bewertungseffekten bei der Absicherung der Stromproduktion belastet, sodass der Energiekonzern in die Gewinnzone zurückgekehrt ist.

Eine drohende Strom- und Gasmangellage liess im vergangenen Jahr die Marktpreise explodieren. Der Krieg in der Ukraine und der Teilausfall russischer Gaslieferungen nach Europa, lange Ausfälle zahlreicher französischer Atomkraftwerke, eine lange Trockenperiode mit wenig Niederschlägen – all das sorgte für Unsicherheit und trieb die Preise in die Höhe.

Mit den extrem gestiegenen Energiepreisen explodierte zwar einerseits der Umsatz von Alpiq: Der Nettoumsatz der Gruppe verdoppelte sich 2022 auf 14,6 Milliarden Franken nach 7,2 Milliarden im Jahr zuvor. Während die Einnahmen gewaltig in die Höhe schossen, hatte der rasche Anstieg der Strompreise jedoch einen grossen negativen Einfluss auf die Bewertung der Absicherungsgeschäfte für die Stromproduktion. Die Belastung belief sich netto immer noch auf 250 Millionen. 2021 waren es allerdings über 500 Millionen gewesen.

Immer noch hohe Preise
Die europäischen Preise für Strom stiegen im Sommer 2022 zeitweise auf über 1000 Euro die Megawattstunde an – von Preisen um die 50 Euro noch im Jahr zuvor. Seit August würden die Preise jedoch wieder sinken, kommentierte Alpiq-Chefin Antje Kanngiesser am Donnerstag an der Bilanzmedienkonferenz die Beruhigung an den Märkten. «Sie bewegen sich jedoch weiterhin auf deutlich höherem Niveau als in den Vorjahren.»

Grundsätzlich wurde in der Vergangenheit – das war vor der jetzigen Energiekrise Usus innerhalb der Branche – ein Grossteil der Stromproduktion mehrere Jahre im Voraus zu einem bestimmten Preis verkauft und dadurch abgesichert. Zum Stichtag, im Fall von Alpiq der 31. Dezember, müssen diese Absicherungsgeschäfte allerdings zum Marktwert bewertet werden. Steigen die Marktpreise für Strom zum Stichtag auf ein Vielfaches an, ergibt sich eine hohe negative Diskrepanz zwischen Absicherung und der marktabhängigen Bewertung.

Wenn der Strom dann aber später tatsächlich wie geplant ausgeliefert werden kann und das Geschäft erfüllt wird, dann wird der nicht realisierte Verlust wieder neutralisiert. «Es handelt sich um einen temporären Effekt ohne Einfluss aufs operative Geschäft», betonte Alpiq denn auch am Donnerstag.

Operativ deutlich besser
Neben dem negativen buchhalterischen Effekt fiel auch die schlechte Performance der AKW-Fonds infolge des schwachen Börsenjahrs stark negativ ins Gesicht (-276 Mio auf Vorsteuerebene). Unter dem Strich blieb dem Schweizer Energieversorger 2022 in der Folge auf Stufe Betriebsergebnis (EBITDA) lediglich ein Plus von 346 Millionen Franken (VJ -77 Mio Fr.) und ein Reingewinn von 111 Millionen (-271 Mio).

Rein operativ lief es aber rund: Der um die Sondereffekte bereinigte EBITDA erreichte indes 473 Millionen Franken, was einem Anstieg um mehr als die Hälfte entspricht (+52%).

Auch mit Blick auf die Liquidität ist die Situation wieder um einiges entspannter: Mit rund 1,5 Milliarden per Ende Dezember 2022 habe Alpiq die Liquidität im Vergleich zum Vorjahr stark erhöht. Und dabei sei ein bedeutender Anteil aus der operativen Geschäftstätigkeit erwirtschaftet worden: Der operative Cashflow war mit 734 Millionen 2022 wieder positiv.

Mehr Transparenz
Für den Stromhandel müssen Energieunternehmen an der europäischen Energiebörse Sicherheiten hinterlegen. Weil die Marktpreise im vergangenen Jahr extrem gestiegen sind, haben sich die erforderlichen Sicherheiten allerdings vervielfacht. Das sorgte bei grossen Stromproduzenten wie Axpo oder Alpiq für einen viel höheren Liquiditätsbedarf als normalerweise.

Wegen möglicher Liquiditätsengpässe stellte der Bund dann Anfang September einen Rettungsschirm von bis zu 4 Milliarden Franken für systemkritische Energieunternehmen bereit. Die Konzerne haben zwar bisher kein Geld abgerufen, der Energiehandel der Stromkonzerne geriet daraufhin aber unter Beschuss. Im Zentrum der Kritik stand, dass nicht klar ersichtlich sei, wieviel die Versorger tatsächlich zur Optimierung des Stromverkaufs handelten und wieviel rein spekulativer Eigenhandel ist.

Neu will Alpiq den spekulativen Eigenhandel getrennt von demjenigen Handel ausweisen, der nötig ist, um die eigene Stromproduktion zu bewirtschaften und den Stromverkauf abzusichern. «Die neue Struktur macht die Wertschöpfung innerhalb von Alpiq transparenter», sagte Finanzchef Luca Baroni am Donnerstag. (awp/mc/ps)

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