JLL: Auswirkungen von COVID-19 auf die verschiedenen Segmente im Schweizer Immobilienmarkt

Immobilien

(Photo by JFL on Unsplash)

Zürich – Das Ausmass und die Falltiefe der COVID-19 Ausbreitung und die dadurch ausgelösten Schocks sind wohl noch nicht erreicht und grösstenteils auch noch nicht messbar. Jones Lang LaSalle (JLL) hat sich dennoch mit möglichen Auswirkungen auf den Schweizer Immobilienmarkt auseinandergesetzt, welche sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt abzeichnen.

Investmentmarkt
Ein allfälliger Zinsanstieg ist in weite Ferne gerückt. Der Aktienmarkt hält zwar für risikofreudige Anleger interessante Opportunitäten bereit, ist jedoch aktuell starken Schwankungen ausgesetzt. Wer sich diesen Volatilitäten nicht aussetzen möchte, wird sich bei Immobilienanlagen wohler fühlen, auch langfristig. Es ist deshalb davon auszugehen, dass Immobilienanlagen unverändert attraktiv bleiben.

In der Schweiz wurden bisher kaum Verzögerungen bei Transaktionsprozessen wahrgenommen. Es ist dennoch davon auszugehen, dass sich einzelne Transaktionen in die Länge ziehen werden.

Bei Mietverträgen mit Umsatzbeteiligungen wie oftmals im Detailhandel, bei Hotels und Flex Space Betreibern werden Immobilieneigentümer die Corona-Krise unmittelbar auf der Ertragsseite spüren. Die Liquidität solcher Liegenschaften dürfte aktuell eingeschränkt sein, ausser die Verkäuferschaft ist gewillt, hohe Sicherheiten zu hinterlegen.

Büroflächen
Die ungewissen Aussichten führen dazu, dass sich Büromieter und Nachfrager am Markt zögerlicher verhalten und sich die Entscheidungsfreudigkeit deutlich verringert hat. Aufgrund der verschlechterten Wirtschaftsperspektiven dürften die Mietpreise zunehmend unter Druck geraten und Zugeständnisse gefordert werden. Es ist daher für das laufende Jahr mit einer geringeren Nachfrage und tieferen Abschlussmieten zu rechnen. Besichtigungen von Büroflächen finden während dem Lockdown kaum statt, der Abschluss von neuen Mietverträgen wird hinausgeschoben.

Flex Space und Coworking Anbieter werden ebenso wie Hotels und Business Apartments tiefere Auslastungen verzeichnen, was aufgrund der kurzen/flexiblen Vertragslaufzeiten unmittelbar zu Ertragseinbussen führen wird. Diese noch junge und zuletzt stark gewachsene Nachfragergruppe muss jetzt unverhofft früh ihre Krisenresistenz unter Beweis stellen. Mittelfristig dürften sich zunehmend Firmen von den flexiblen Mietverhältnissen angesprochen fühlen, weil das Konzept in Phasen der Unsicherheit vergleichsweise einfachen Manövrierspielraum ermöglicht. Das Risiko von Krisen wird so auf den Flex Space Betreiber abgewälzt.

Hotels
Hotelimmobilien sind die erste und bisher am stärksten betroffene Assetklasse. Zusätzlich zu massiven Einschränkungen beim Personengrenzverkehr sowie einem kompletten Veranstaltungsverbot auch von Messen und Konferenzen hat sich der Franken gegenüber dem Euro nochmals aufgewertet. Die Auslastungen dürften über mehrere Monate Tiefststände erreichen. Die Umsatzeinbussen werden beträchtlich sein, wodurch auch Zahlungsausfälle zu erwarten sind. Allenfalls können diese durch staatliche Unterstützungsgelder minimiert werden. Positiv stimmen dürfte die Tatsache, dass die Hotellerie zwar auch nach dem Ausbruch der SARS-Pandemie 2002/2003 empfindlich getroffen wurde, sich dann aber relativ schnell wieder davon erholt hatte. Tendenziell dürfte sich die Inlandnachfrage schneller erholen, was den Berggebieten zugute kommen wird. Vom internationalen Tourismus abhängige Stadthotels dürften länger zu leiden haben.

Wohnungsmarkt
Der Wohnungsmarkt verhält sich üblicherweise relativ krisenresistent. Die weiterhin tiefen Zinsen sorgen für eine beständige Nachfrage beim Wohneigentum, zumal das Angebot unverändert knapp ist. Unter den gegebenen Restriktionen sind zwar aktuell weniger Besichtigungen und Handänderungen zu erwarten, unter gelockerten Bedingungen ist jedoch eine Kompensation zu erwarten. Krisenanfälliger sind Zweitwohnungen, dieser Markt wird für die Regeneration mehr Zeit in Anspruch nehmen. Im Mietwohnungsmarkt ausserhalb der Zentren steigt der Druck auf die Preise weiter, Zahlungsausfälle aufgrund der Krise werden die Ausnahme bleiben.

Verkaufsflächen
Das temporär veranlasste Betriebsverbot wird zahlreiche Mieter von Gewerbeflächen in finanzielle Schwierigkeiten bringen. Selbst wenn im besten Fall die Betriebsverbote und Einreisesperren ab dem 20. April aufgehoben werden sollten, dürften über Monate hinaus auf den Tourismus ausgerichtete Detailhändler massive Umsatzeinbrüche erfahren. Diese befinden sich unter anderem an Flughäfen, an Bahnhöfen sowie insbesondere in Luzern und Interlaken. Hart treffen wird es Kleinbetriebe mit hohen Fixkosten (Mietzins, Personal), welche von hohen Passantenfrequenzen abhängig sind. Bei Mietverhältnissen mit variablen Umsatzbeteiligungen werden die Eigentümer den Lockdown unmittelbar mittragen. Zahlreiche Mieter werden in Liquiditätsengpässe geraten. Es wird im gemeinsamen Interesse von Mietern und Eigentümern sein, für diese Krisenphase Lösungen zu finden, welche mittelfristig beiden Parteien dienen, losgelöst von unter normalen Bedingungen rechtlich vereinbarten Verpflichtungen.

Logistik- und Lagerflächen
Während viele Unternehmen in den letzten Jahren erfolgreich auf Lean Production und Outsourcing getrimmt wurden, hat die Ausbreitung der COVID-19 Pandemie die Abhängigkeiten und Verletzbarkeit der globalen Lieferketten aufgezeigt. Da gewisse Logistikketten unterbrochen wurden, ist mit Umsatzeinbussen zu rechnen. Mittelfristig ist von einem höheren Bedarf nach Lagerflächen auszugehen. Einerseits wird der industrielle Sektor das Lager an kritischen Produktionskomponenten tendenziell aufstocken. Andererseits erfährt der Online-Handel einen weiteren Schub, gerade auch im Lebensmittel-Bereich, wodurch neue Versand- und Verteilzentren notwendig werden. Dabei werden sowohl hochmoderne Logistikimmobilien als auch einfache Lagerflächen nachgefragt. (JLL/mc/ps)

Das vollständige Paper kann unter https://www.jll.ch/de/trends-and-insights/research heruntergeladen werden.

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