Kommentar: Schweizerischen Nationalbank SNB mit echter Volksbeteiligung?

Die vom Gründungsgesetzgeber gewollte Volksbeteiligung ist mit der geringen Aktienanzahl nur für wenige Aktionäre möglich und wäre in der jetzigen Vertrauenskrise so besonders nötig.

Von Hardy Eckhard Krüger, Vermögensverwalter

Das Vertrauen der Bevölkerung in die Finanzwirtschaft und Politik ist zur Zeit angeschlagen. Doch das Volk könnte mit gestalten. Diese Möglichkeit hat der Gründungsgesetzgeber der Schweizerischen Nationalbank 1907 ausdrücklich geschaffen. Er hat nahezu die Hälfte der Aktien den Privataktionären gewidmet. Doch die Anzahl der Aktien und der Privataktionäre ist verschwindend gering. Liesse sich der Wille des Gründungsgesetzgebers vollstrecken? Ja. 

Die Aktienanzahl wird erhöht, und das Volk wird von den Medien über die ihm 1907 nahezu zur Hälfte zugeteilte Notenbank informiert. Heute gibt es ca 50’000 Aktien für private Aktionäre. Derer sind es ca.   2’500. Diese sind nicht das Volk, und ca. 50’000 Aktien reichen nicht für die Volksbeteiligung. Durch Kapitalmassnahmen, wie bspw. einen Aktiensplit, liesse sich die Anzahl der Aktien erhöhen.

Gründung und aktueller Stand

1897 gab es den ersten Gründungsversuch einer Notenbank in der Schweiz, als reine Staatsbank. Das war nicht mehrheitsfähig. Ein weiterer Gründungsversuch als reine Privatbank scheiterte ebenfalls. 1907, nach zehn Jahren Gründungsringen folgte die Mischbank aus Staatsbank und Privatbank, ein typisch schweizerischer Kompromiss: 60’000 Aktien für Kantone, Kantonalbanken und Gemeinden. 40’000 Aktien für private Aktionäre. Heute sind es jeweils 50’000 Aktien.

Die Aktien sind bis heute börsennotiert in Zürich. Aus der armen Schweiz von damals wurde eine reiche, und mit ihr und dem guten Management der Notenbank eine reiche Nationalbank: Sie hat per Ende 2022 ein Eigenkapital i.H.v. ca 70 Mrd CHF. Auf 100’000 Aktien entfällt somit ein innerer Wert von CHF 700’000 pro Aktie. Dieser ist für die Aktionäre nicht verwertbar, gleichwohl ist es der innere Wert jeder einzelnen Aktie. Dieser wird auch so in den Kantonsbilanzen ausgewiesen.

Beispielsweise weist der zweitgrösste Aktionär, der Kanton Zürich, den Eigenkapitalanteil seiner heute wie damals 5’200 Aktien mit ca. 10 Mrd CHF Eigenkapitalanteil aus, in seinem Finanzbericht per Ende 2021 (S. 149).

Der Gründungsgesetzgeber wollte ausdrücklich die Volksbeteiligung. Vereitelt wird diese insbesondere durch die Ausreden tonangebender Medien und der nur 50’000 Aktien für das ganze Volk. Nur ein chancengleicher Kapitalmarkt ermöglicht der Allgemeinheit, ihre Verbundenheit mit der SNB zum Ausdruck zu bringen, beispielsweise durch eine grössere Aktienanzahl. Zu schade, die Nationalbank heute nur ca. 2’500 Aktionären zu überlassen, zumal es nach der Gründung bereits ca. 10’000 Aktionäre gab. Vielleicht eine Aufgabe für das neu besetzte Finanzdepartement?

Mit dieser kapitalmässigen Teilhabe kann die Allgemeinheit ihre basisdemokratische Befähigung prüfen, gesellschaftliche Belange von nationaler Tragweite mit zu gestalten. Zudem führt die direkte Einbindung der Bevölkerung in finanzwirtschaftlich-politische Entscheidungen von ihrer Kontrahentenposition weg, hin zu ihrer Integration, ganz im Sinne des damaligen Gesetzgebers, der zehn Jahre Gründungsringen für die nahezu hälftige Beteiligung des Volkes an der SNB aufbrachte. 

Wie also kann sich die Gesamtbevölkerung an der SNB beteiligen?

Über die Börse: Derzeit sind nur ca. 50’000 Aktien zu erwerben. Die Meistbietenden erhalten die Aktien. Die Bevölkerung in ihrer Gesamtheit kann sich gegenwärtig also NICHT an ihrer Nationalbank beteiligen. Und die wenigen verbleibenden Käufer könnten dies nur zu erheblich stark steigenden Preisen. Dies aufgrund der nur geringen Anzahl an Aktien, dem hohen Eigenkapitalwert der Nationalbank und folglich dem hohen inneren Wert jeder einzelnen Aktie. In Zürich treffen die Nachfrage nach Aktien sowie das Angebot von Aktien aufeinander. Das findet in einem sogenannten Orderbuch an der SIX statt: Über den Preis und die Stückzahl werden beide Seiten zusammengeführt und münden in ein Wertpapiergeschäft. Grundsätzlich gilt: Eine steigende Nachfrage führt zu steigenden Preisen, ein grösseres Angebot zu fallenden. Demnach ist eine Volksbeteiligung unmöglich mit nur 50.000 Aktien realisierbar. Träfen nämlich die Kauforders der gewollten Volksbeteiligung auf dieses weiterhin sehr begrenzte Angebot an Aktien, würde gemäss Regelwerk der Börsenkurs solange und soweit steigen, bis ein neuer Gleichgewichtspreis zwischen den wenigen angebotenen Aktien und den Meistbietenden erreicht ist, und alle anderen das Interesse an einem Kauf verlieren.

Über eine höhere Aktienanzahl: Die wirkliche Volksbeteiligung lässt sich nur mit einer grösseren Aktienanzahl verwirklichen. Diese ist über sogenannte Kapitalmassnahmen zu erreichen. Damit stünde einer höheren Nachfrage nach Aktien auch ein grösseres Angebot an Aktien gegenüber. Die Teilhabe der Bevölkerung an der Nationalbank ist vom Gesetzgeber gewollt, und auch möglich. 2’500 Aktionäre sind schliesslich NICHT das Volk. Nicht die Nachfrage nach Aktien muss reduziert werden, sondern das Angebot an Aktien muss erhöht werden.

Am Freitag, den 28.04.23, findet die Generalversammlung der SNB in Bern statt. Die Teilnahme ist möglich mit mindestens einer im Aktienbuch eingetragenen Aktie.Dort besteht grundsätzlich die Möglichkeit zu einem Wortbeitrag. Vielleicht gibt es auch Gedanken über eine Volksinitiative zur Vollstreckung der vom Gründungsgesetzgeber gewollten Volksbeteiligung.


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