Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Neulich an der Fleischtheke

Buchautor und Moneycab-Kolumnist Robert Jakob.

Von Robert Jakob

Seit meine drei Kids Vegetarier sind, wurde ich halb freiwillig auch einer. Das hätten sie zumindest gerne: Nein, ich würde mich eher, wenn überhaupt, als Flexitarier bezeichnen, ein übler Genussmensch, der sich gerne verführen lässt. Neulich lachte mich ein Stück Black Angus an. Ich hatte bereits zwei Vegitage hinter mir. Das Steak machte einen guten Eindruck, wie es da so hing – rot und zart. Als wollte es sagen: „Nimm mich doch mit! Du willst es doch auch!“ Es war ausserdem in „Aktion“.

Dann schaute ich mir die Verpackung genauer an. „Kann mit hormonellen und/oder nichthormonellen Leistungsförderern, wie Antibiotika, erzeugt worden sein“. Das stand da in Grösse 8 Punkte (Petit) – selbst mit guten Augen ganz schwer lesbar. Das nicht ausschliessende „oder“ bedeutete mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass beides drin war.

Hormone? Müssen jetzt die Tiere auch noch gedopt (vgl. Wirtschaftslupe vom 10.12.2019) werden? Clenbuterol und Ractopamin bringen nicht nur Sprinter schneller über die Aschenbahn, sondern die Mastrinder auch rascher in Chicagos Schlachthöfe.

Und Antibiotika? Hat es nicht schon genug multiresistente Keime, die just durch den Einsatz dieser Medikamente in der Tierzucht heraufbeschworen werden? Gerade in Krankenhäusern werden Bakterien, die durch übertriebenen Antibiotika-Einsatz resistent geworden sind, immer mehr zur lebensgefährlichen Bedrohung für den Menschen.

Tragen wir Verantwortung!
In der Schweiz ist, genau wie in der Europäischen Union, die Verwendung von leistungsfördernden Hormonen verboten, nicht aber der Handel des so produzierten Fleisches. Weil man sich hierzulande vor einer WTO-Klage und Erpressungsversuchen der USA fürchtet, bleiben Import und Verkauf erlaubt. Der Bundesrat hat dazu wie folgt Stellung bezogen: „Würde die Schweiz ebenfalls ein Importverbot erlassen, dürfte dies bedeuten, dass sich die Schweiz mit jährlichen Strafzöllen in der Höhe von mindestens 30 Millionen Franken konfrontiert sähe.“ Wie viel Fleisch von mit Hormonen behandelten Tieren heute in die Schweiz importiert wird, ist nicht genau bekannt. Aber das mit Leistungsförderern produzierte Fleisch aus den Vereinigten Staaten kommt günstiger als unbehandeltes. Vor allem für die Hersteller. Neben Grossfarmern profitiert vor allem die amerikanische Pharmaindustrie. Deutsche Weinbauern und Lebkuchenbäcker, französische und italienische Käseproduzenten werden von Trump mit Zöllen bekämpft, damit er die „besseren“ amerikanischen Handelsgüter aufzwingen kann. Sein Spiel geht nur auf, wenn sich alle Europäer erpressen lassen.

Ich werde mir von meinen Kindern nicht hin- und wieder den Spass an einem Steak verbieten lassen. Ich werde aber sicherlich ein Black Angus Steak aus dem armen Paraguay oder noch besser vom heimischen Bauern meines Vertrauens jedem US-amerikanischen Hormonbooster vorziehen. Schon allein, weil ich nicht will, dass die Erpresser gewinnen. Denn im sich verschärfenden Handelskrieg steht die Zukunft meiner Kids auf dem Spiel, gesundheitlich und wirtschaftlich.


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Zum Autor:
Robert Jakob ist promovierter Naturwissenschaftler und Buchautor und arbeitete sowohl in der Grundlagenforschung als auch für Verlage, Versicherungen und Banken. Seit Jahrzehnten ist der Wissenschaftler und Kommunikationsspezialist ein ausgewiesener Kenner der Finanzszene. Er leitete nicht nur die Redaktion des Swiss Equity Magazins (einem Tochterunternehmen der NZZ), sondern dortselbst auch das Team der Aktienanalysten.

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