Steigende Immobilienpreise bringen immer mehr langjährige Hypothekarnehmende in die Bredouille

Hypotheken

(Adobe Stock)

Stettbach – Was paradox klingt, wird mehr und mehr zur Realität. Steigende Immobilienpreise führen dazu, dass auch vermehrt langjährige Hypothekarnehmende die Tragbarkeitsanforderungen nicht mehr erfüllen können. Die Verdoppelung der Immobilienpreise innert 25 Jahren erfordert heute von den damaligen Käuferinnen und Käufern rund 20% mehr Einkommen. Dies, weil zur Berechnung der Tragbarkeit die Unterhalts- und Nebenkosten mit rund einem Prozent vom Immobilienwert berechnet werden. Steigt der Wert der Immobilie, steigen entsprechend auch die kalkulatorischen Unterhalts- und Nebenkosten und müssen mit zusätzlichem Einkommen gedeckt werden.

Beim Abschluss einer Hypothek prüft der Hypothekargeber gemäss den Richtlinien der Schweizerischen Bankiervereinigung die Bonität des Hypothekarnehmers. Einer der wichtigsten Faktoren dabei ist die Tragbarkeit. Sie besagt, dass die nachhaltigen Ausgaben für ein Eigenheim einen bestimmten Anteil (Prozentsatz) des Einkommens nicht überschreiten sollten – typischerweise rund ein Drittel. Ist dies der Fall, gilt die Immobilie als tragbar. Zur Berechnung der Finanzierungskosten werden die (kalkulatorischen) Hypothekarzinsen, allfällige Amortisationszahlungen sowie Unterhalts- und Nebenkosten addiert. Bei den Unterhalts- und Nebenkosten wird üblicherweise rund ein Prozent des Immobilienwerts eingesetzt, wobei bei neuwertigen Immobilien oder energetisch sanierten Altbauten der Wert auch auf bis zu 0.5% gesenkt werden kann.

Steigen also die Immobilienpreise über die Jahre an, steigen auch die kalkulatorischen Nebenkosten, die zur Berechnung der Tragbarkeit herangezogen werden. Eine Wertverdoppelung der Immobilie bedeutet in der Berechnungslogik eine Verdoppelung der kalkulatorischen Nebenkosten, die durch zusätzliches Einkommen abgedeckt werden müssen. Verschlechtert sich zudem der Zustand der Immobilie während der Besitzdauer, kann der zur Berechnung angewendete Prozentsatz steigen und so die Tragbarkeitsanforderung zusätzlich verschärfen.

Immobilienpreisanstieg erfordert von Eigentümerinnen und Eigentümern rund 20% mehr Einkommen
Eine Auswertung von 500 Immobilien, die im Jahr 2000 in der Deutsch- und Westschweiz gekauft wurden, zeigt, dass sich der durchschnittliche Wert der Immobilien von ursprünglich rund CHF 730’000 auf CHF 1.42 Mio. erhöht hat. Der Wert einer Immobilie mit 5.5 Zimmern und 170m2 Wohnfläche hat sich damit innert 25 Jahren im Durchschnitt verdoppelt. Im Gleichschritt dazu hat sich das Eigenkapital fast vervierfacht, was viele der damaligen Käuferinnen und Käufer heute zu «Beton-Millionären» macht. Die Kehrseite: Vor 25 Jahren war ein Einkommen von CHF 130’000 erforderlich, um eine Immobilie im Wert von CHF 730’000 zu kaufen. Während der gleichen Zeit sind die Nominaleinkommen in der Schweiz durchschnittlich um rund 30% gestiegen (im Referenzbeispiel also auf rund CHF 170’000 vor der Pensionierung). Wer bis heute «nur» die Pflichtamortisation der Hypothek gemacht hat, braucht aufgrund der gestiegenen kalkulatorischen Nebenkosten ein Renteneinkommen von CHF 116’000, was 89% des damaligen Erwerbseinkommens entspricht.

Mit der angestrebten Ersatzquote von mindestens 60% aus AHV und Pensionskasse kommen die Rentner aber nur auf ein Renteneinkommen von rund CHF 102’000 (60% des letzten Einkommens von rund CHF 170’000), womit die Tragbarkeit aufgrund der gestiegenen Nebenkosten häufig nicht mehr gegeben ist.

Starre Regelung wird immer absurder
Wäre der Wert der Immobilie in den letzten 25 Jahren nicht gestiegen, wären heute aufgrund der Pflichtamortisation nur noch CHF 95’000 Einkommen erforderlich, um die Hypothek zu tragen, was für viele realistischer erscheint und mit der durchschnittlichen Lohnentwicklung und dem angestrebten Niveau der Ersatzquote erreicht wird. Die Verdoppelung des Immobilienwerts führt also dazu, dass die Einkommensanforderung an langjährige Eigentümerinnen und Eigentümer um rund 20% resp. im vorliegenden Beispiel CHF 21’000 gestiegen ist und dies, obwohl sie immer noch in derselben Immobilie wohnen, wie vor 25 Jahren. Die Preise für den laufenden Immobilienunterhalt sind im gleichen Zeitraum gemäss dem Landesindex der Konsumentenpreise nur um knapp 40% gestiegen, während die Preise für den Hausrat und die Haushaltsführung sogar um knapp 4% gesunken sind.

«Diese starre Regelung wird mit weiter steigenden Immobilienpreisen immer absurder und bereitet schon heute jeder zweiten Person, die seit Jahrzehnten eine Immobilie an einer attraktiven Lage besitzt und jetzt vor der Pensionierung steht, grosse Probleme», so Lukas Vogt, CEO von MoneyPark. Die Tragbarkeitsanforderungen steigen aufgrund der Wertzunahme der Immobilie viel stärker als die effektiven Unterhalts- und Nebenkosten. «Gerade wenn jemand eine langjährige Beziehung zum Hypothekargeber hatte, wurde in der Vergangenheit oft ein Auge zugedrückt und die Hypothek auch mit teils stark erhöhter Tragbarkeit weitergeführt. Zuletzt hat der Appetit der Anbieter für solche Ausnahmen aber abgenommen», so Lukas Vogt. «Die Anbieter, welche es weiterhin tun, lassen sich die Verlängerung etwas kosten – zum Beispiel in Form eines um 50bps höheren Zinssatzes.»

«Beton-Millionäre» mit zu geringem Renteneinkommen
Das in der Immobilie gebundene Betongold hilft den langjährigen Eigentümerinnen und Eigentümern nicht, um die Tragbarkeitsanforderungen zu erfüllen. Es würde erst dann helfen, wenn sie sich entscheiden würden, die Immobilie zu verkaufen. Doch je älter Eigentümerinnen und Eigentümer sind, desto stärker ist ihr Wunsch, über die Pensionierung hinaus in den eigenen vier Wänden zu bleiben. Über drei Viertel (79%) der 61- bis 65-Jährigen bekennt sich in der Wohntraumstudie 2023 von Helvetia und MoneyPark zu diesem Wunsch. Nur rund zwölf Prozent ziehen in Betracht das Eigenheim zu verkaufen und in eine kleinere Immobilie umzuziehen oder für den letzten Lebensabschnitt zur Miete zu wohnen. «Weitere Lösungsansätze wären der Einbezug von Familienmitgliedern, die Weitergabe des Eigenheims an die nächste Generation mit Wohnrecht bis zum Lebensende, (Vor-)Erbschaften sowie der Verkauf von anderen Wertgegenständen oder das Inbetrachtziehen einer Immobilienrente», so Lukas Vogt. (pd/mc/pg)

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