«Why Lead»- Nicole Heimann im Gespräch mit Madeleine Stöckli, Ex-CEO der B. Braun Medical AG

Madeleine Stöckli (Bild: SRF)

Als CEO der B. Braun Medical AG gehörte Madeleine Stöckli zu den wenigen Frauen an der Spitze eines Unternehmens. Wie wichtig Authentizität für sie ist und was sie insbesondere weiblichen Führungskräften rät, erzählt sie im Gespräch mit Nicole Heimann.

Ihre Geschichte begann in St. Gallen, dem damaligen Zentrum der Textilindustrie. Besonders geprägt habe sie ihr Grossvater, erinnert sich Madeleine Stöckli. Streng aber auch grossmütig sei er gewesen und habe das familieneigene Textilunternehmen als «Patron der alten Schule» geführt. Stöckli erfuhr früh, was es heisst, unternehmerisch zu denken. Daneben förderte die familiäre Situation eine weitere Kompetenz: Als ältestes von drei Geschwistern lernte sie bereits als Kind, Verantwortung zu übernehmen.

Naturwissenschaften als Grundstein für die Karriere

Eine genaue Vorstellung von ihrer beruflichen Zukunft habe sie nicht gehabt. Die Textilbranche war rückläufig und der Einstieg in das elterliche Unternehmen keine Option. Auch das Hotelfach, für das sie zeitweise schwärmte, wurde verworfen. Schlussendlich entschied sich die junge Frau für die Naturwissenschaften und legte damit den Grundstein für ihre spätere Karriere beim Sempacher Medizinalproduktehersteller B. Braun Medical. Rund 20 Jahre arbeitete die studierte Pharmazeutin und Ökologin hier in den unterschiedlichsten Funktionen, bevor sie im Juli 2016 den Posten als CEO übernahm. Die Verantwortung war gross. Der deutsche Familienkonzern beschäftigt 62’000 Mitarbeitende in 64 Ländern, rund 1’000 davon arbeiten an den drei Schweizer Standorten.

«Frankenschock war alles andere als ideal»

Als Madeleine Stöckli die Führung des Unternehmens übernahm, steckte B. Braun Schweiz in einer der schwersten Krisen seiner Geschichte. Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses 2015 habe eine «Schockstarre» ausgelöst. «Das Geschäftsergebnis hatte sich halbiert und wir waren gezwungen, 2016 Massnahmen zu ergreifen.» Deshalb sei der Start alles andere als ideal gewesen, so Stöckli über ihre ersten Monate als CEO.

Dennoch habe sie dieser schwierigen Situation etwas abgewinnen können «Bei jeder Station meiner Karriere konnte ich etwas mitnehmen. Selbst wenn etwas Unerwartetes passiert, muss man auch das Positive sehen, in die Zukunft blicken und sich an den Opportunitäten ausrichten», beschreibt Stöckli ihren persönlichen Entwicklungsprozess, der auch nach ihrem Ausscheiden bei B. Braun Ende 2018 nicht enden wird.

«Die (Zusammen-)Arbeit sollte Spass machen»

Aus ihrer Erfahrung rät sie frischgekürten CEOs, sich mit den richtigen Menschen zu umgeben. «Es geht um die richtige Wellenlänge. Die Zusammenarbeit sollte Spass machen und man muss den Menschen vertrauen können.»

Spass ist für Stöckli eine wesentliche Grundlage für den Erfolg. «Ich möchte Menschen zu Höchstleistungen motivieren, aber sie sollen Spass dabei haben. Ein Team sind Menschen, die zusammenarbeiten. Ein Hochleistungsteam sind Menschen, die zusammenarbeiten und dabei Spass haben», ist Stöckli der festen Überzeugung.

Nach ihrer Führungsphilosophie gefragt, muss sie nicht lange überlegen. «Authentizität ist ganz, ganz wichtig! Wir müssen lernen, dass wir nur dann erfolgreich sind, wenn wir uns so geben, wie wir tatsächlich sind.» Grundlegend seien aber auch Transparenz, Offenheit und Klarheit. Dies besonders dann, wenn es um unerfreuliche Themen ginge. Am wichtigsten sei ihr aber die persönliche Wertschätzung jedes einzelnen Mitarbeitenden, betont Stöckli.

Frauen brauchen mehr Selbstvertrauen

Frauen rät Stöckli zu mehr Selbstvertrauen und Mut, etwas zu probieren. Männer dagegen sollten sich öfter in Frage stellen. Die berufliche Gleichstellung der Geschlechter sei zwar auf einem guten Wege, es bestünde aber noch Nachholbedarf. Insbesondere die Akzeptanz von weiblichen Führungskräften sei nicht überall uneingeschränkt vorhanden, so Stöcklis Erfahrungen. Da brauche es noch mehr gesellschaftliches Wohlwollen.

Für berufstätige Mütter sei es nach wie vor eine Herausforderung, Job und Familie miteinander zu vereinbaren – dies insbesondere in der Schweiz. «Wenn man als Frau seinen Kindern, seinem Mann, dem Beruf sowie den persönlichen Ansprüchen gerecht werden will, muss man Kompromisse zulassen.»

«Man muss seine Komfortzone verlassen»

Manche Eigenschaften hätten eine geschlechtsunabhängige Bedeutung. Dazu zählt Stöckli Disziplin und Leidenschaft. «Ausserdem geht es um die Bereitschaft, Chancen zu nutzen, selbst wenn diese gerade nicht ins Leben passen.» Man müsse willens sein, die Komfortzone zu verlassen, ist Stöckli überzeugt.

Aber was treibt sie ganz persönlich an? Stöckli möchte nicht nur das Unternehmen, sondern v.a. auch Menschen weiterbringen. «Das gibt mir am meisten Befriedigung», sagt sie mit strahlenden Augen. Gerade in ihren letzten Tagen bei B. Braun hätten sich viele Menschen bei ihr dafür bedankt, dass sie sie dorthin gebracht habe, wo sie heute stehen.

Es sei aber nicht nur die persönliche Mitarbeiterförderung, die Stöckli in den eigenen Augen als Führungskraft ausmache. «Ich bin sicher fordernd, aber ich gehe respektvoll mit Menschen um und möchte, dass Menschen Spass an ihrer Arbeit haben. Dann tun sie es auch gut.»

Und wieder das Thema Spass… Ob auch sie sich nach ihrer Zeit bei B. Braun etwas Spass gönnt? «Ich freue mich auf eine Agenda, die nicht prall gefüllt ist und auf mehr Zeit für Familie und Freunde.» Was ihre berufliche Zukunft angeht, wisse sie noch nicht, ob sie eher den operativen oder den strategischen Weg einschlagen werde. Schliesslich sei sie auch noch als Verwaltungsrätin tägig.

Über Nicole Heimann & Partners AG
Nicole Heimann & Partners AG hat sich exklusiv auf das professionelle Coaching von High Level, High Performance Individuen und Teams spezialisiert mit dem Ziel, authentische Leadership Alliances in Unternehmen zu etablieren. In ihrem Buch «How to develop the Authentic Leader in you» zeigt Nicole Heimann den Wert von authentischer Führung in unserer Wirtschaft. Die Einnahmen des Buches gehen direkt an die Bullens Heimann & Friends Stiftung.

www.nicoleheimann.com

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